In der Debatte um eine Bundesfernstraßengesellschaft und Privatkapital äußern sich immer mehr Akteure aus Gewerkschaften und der Verkehrspolitik kritisch. Nachfolgend eine Zusammenstellung wichtiger Zitate.
Frank Bsirske, Vorsitzender Gewerkschaft ver.di, sagte auf einer verkehrspolitischen Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Berlin, eine solche [zentralisierte] Gesellschaft würde die Umformung des Verkehrssektors hin zu einer stärkeren Privatisierung bedeuten. Sie diene der Umgehung der Schuldenbremse und dem Aufbau von Schattenhaushalten.
„Es ist ein Stück aus dem Tollhaus: Erst wird eine Schuldenbremse beschlossen, dann sucht man Wege, sie zu umgehen“.
Bsirske sieht auch das Kompromissangebot der Länder kritisch, eine reine Finanzierungsgesellschaft auf Bundesebene zu gründen. In diese Kapitalsammelstelle sollen alle Straßenbaumittel fließen – aus dem Bundesetat, aus der Lkw-Maut und der geplanten Pkw-Maut sowie private Gelder. Der Verdi-Chef sieht darin die Gefahr einer stärkeren Privatfinanzierung der Straßen, die er ablehnt. Die Notwendigkeit der Einbindung privaten Kapitals sei noch nirgendwo schlüssig begründet worden.
Sabine Leidig, MdB, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke:
„Die Vorschläge der Länder sind ein Gegenentwurf zu Dobrindts Privatisierungsmaschine namens Bundesautobahngesellschaft. Höchst kritisch sehe ich jedoch den positiven Bezug auf eine Kapitalsammelstelle, die ein Verhökern öffentlicher Infrastruktur an institutionelle Anleger durch die Hintertür den Weg bereiten könnte. Wenn man alle absurden Neu- und Ausbauprojekte begraben würde, wäre die Diskussion um privates Kapital im Fernstraßenbau sofort beendet.
Hauptmotivation für diese Bundesfernstraßengesellschaft ist die Einbindung privaten Kapitals – sei es direkt durch Anleihen oder über den Umweg ÖPP. Das hat mit Verkehrspolitik nichts zu tun, dass ist Subventionspolitik für Pensionsfonds und Versicherungen. Mit dieser faktischen Privatisierungsmaße gehen vielmehr Synergie-Effekte für das nachrangige Netz verloren und 18.000 Arbeitsplätze werden gefährdet.“
Anton Hofreiter, MdB, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen:
„Mit der Autobahngesellschaft rollt die Bundesregierung den Teppich für die Privatisierung des Autobahnnetzes aus. So wollen Dobrindt und Gabriel den Weg ebnen für überteuerte und nebulöse ÖPP-Verträge. Dabei hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt: Für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind diese ÖPP-Verträge ein schlechter Deal. Lukrativ wäre die Kreditfähigkeit der Gesellschaft vor allem für Versicherungen und Banken. Wir brauchen eine ehrliche Debatte darüber, wie die unübersichtlichen und ineffizienten Zuständigkeiten im Straßenbau verbessert werden können. Dafür gehören die Länder mit an den Tisch.“
Katrin Kusche, Bundesgeschäftsführerin der GRÜNEN LIGA e.V.:
„Die Privatinvestoren werden renditeorientiert in Projekte der Bundesfernstraßengesellschaft investieren. Viele neue Straßen versprechen viel Rendite. Das steht einer ökologischen Verkehrsplanung, deren oberstes Ziel Verkehrsvermeidung sein muss, diametral entgegen.“
Werner Reh, Verkehrsreferent des BUND:
„Die Scheindebatte über die Bundesfernstraßengesellschaft soll vom Versagen der herrschenden Verkehrspolitiker ablenken: Es gibt immer noch keine Gesamtverkehrsplanung, die diesen Namen verdient und die Klimaziele beachtet.“
Monika Lege, Verkehrsreferentin von ROBIN WOOD:
„Die geplante Autobahn AG würde mehr Straßenverkehr, aber der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger keine bessere Mobilität bringen.“
Stefan Körzell, Mitglied des Bundesvorstands DGB fordert, künftig alle Verkehrswege, also auch Schienen- und Schifffahrtswege, staatlich zu finanzieren:
„Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) sind langfristig teurer, wie der Bundesrechnungshof belegt hat. Und sie sind auch auf kurze Sicht teurer.“
Durch die derzeit extrem niedrigen Zinsen auf dem Kapitalmarkt könne der Staat die Sanierung von Verkehrswegen sehr günstig finanzieren, zum Teil sogar zu negativen Zinsen.