Die Bundesregierung versucht nach eigener Aussage, eine formelle und materielle Privatisierung im Autobahnbau zu erreichen. Dabei geht sie allerdings denkbar intransparent vor. Von Jana Mattert
Wie viele Beschäftigte, wie viele Gehälter und Pensionen sind von der geplanten »Reform der Auftragsverwaltung« betroffen? Die Bundesregierung weiß es nicht, und das ist auch schon das konkreteste Ergebnis mehrerer parlamentarischer Anfragen zur Autobahnprivatisierung. Derweil finden Gespräche mit den Ministerpräsidentlnnen der Länder statt, bei denen maßgebliche Entscheidungen getroffen werden. Von diesen Treffen gibt es aber weder öffentliche Tagesordnungen noch Protokolle. Selbst Landesparlamente und der Bundestag erfahren nichts über die Inhalte der Gespräche. Sollen die Autobahnen privatisiert werden, bedarf es dazu einer Grundgesetzänderung. Das gab die Bundesregierung bereits im April 2016 im Verkehrsausschuss bekannt. Der zugehörige Änderungsentwurf ist jedoch Verschlusssache. Ein Whistleblower spielte im Juni 2016 Gemeingut in BürgerInnenhand den Entwurf zu – er ist auf der GiB-Website dokumentiert. Die Grünen im Bundestag beauftragten auf Basis des geleakten Entwurfs ein Rechtsgutachten. In einer Anfrage wollte die Linke im Bundestag wissen, von welchem Ministerium der Entwurf stammt. Antwort der Bundesregierung: »Nicht vom Verkehrsministerium.« Später wiegelte man in einer internen Sitzung ab, es handele sich um eine frühere Version, nicht um den aktuellen Bearbeitungsstand der Bundesregierung. Aber was ist der aktuelle Stand? Wann dürfen wir davon erfahren? Wann öffentlich darüber diskutieren? Privatisierungen im Bereich der Daseinsvorsorge sind nach den Erfahrungen der letzten 30 Jahre bei den BürgerInnen extrem unbeliebt. Nach einer repräsentativen Umfrage, die der Deutsche Beamtenbund seit 2007 jährlich von forsa durchführen lässt, wollen im Durchschnitt 78 Prozent der Deutschen keine weiteren Privatisierungen. Der Trend geht vielmehr hin zur Rekommunalisierung bereits privatisierter öffentlicher Dienstleistungen. Je weniger öffentlich debattiert werden kann, desto sicherer kann die Regierung Privatisierungsvorhaben durchsetzen. Die Autobahnen sind da nur ein Beispiel.
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