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Wahlprüfstein: Die Antworten Der Linken auf die Fragen um Schulbau in Berlin

Seit 2017 steht die Einbindung der Howoge in den Schulbau in Berlin in der Kritik. Anfängliche Kostenprognosen von 5,5 Milliarden Euro haben sich seither auf mindestens 11 Milliarden Euro verdoppelt. Währenddessen wurde von der Howoge, deren Einbindung den Schulbau beschleunigen sollte, weiterhin keine Schule gebaut, ja nicht einmal begonnen. Dem Land Berlin droht im Schulbau ein zweiter BER. Die Volksinitiative „Unsere Schule“ hat auf diese Probleme bereits 2018 aufmerksam gemacht.

1. Welche konkreten politischen Maßnahmen plant Ihre Partei, um den Schulbau und die Schulsanierung in Berlin voranzubringen?

3. Fünf Jahre nach dem Start der BSO wurden gerade einmal vier Schulen gebaut, keine davon durch die Howoge. Die Howoge gibt schon heute Fertigstellungstermine in 2029 bis 2031 an – das wären dann bis 15 Jahre nach Start der BSO. Der Schulbau durch die Howoge hätte dann länger gedauert als der Bau des BER. Wie bewertet Ihre Partei die Verzögerungen im Schulbau durch die Einbindung der Howoge? Und was schlagen sie zur Beschleunigung im Schulbau vor?

Zu 1. u. 3.: Um den jahrelang durch Untätigkeit verursachten Investitionsstau bei den Berliner Schulgebäuden aufzulösen und neue Schulplätze zu schaffen, wurde die Berliner Schulbauoffensive gestartet. Diese muss weiter forciert werden. Hierfür ist es notwendig, dass der Senat, die Bezirke und die landeseigene Howoge weiterhin kooperativ vorgehen. Dies betrifft auch die zügige Umsetzung der bereits beschlossenen Modellschulen. Unser Augenmerk richtet sich besonders auf die Erhöhung der Plätze in den weiterführenden Schulen. Der Senat und die Bezirke sind angehalten, hier eine gesamtstädtische Planung vorzulegen. Im Rahmen der Schulbauoffensive sind bereits 22.000 Schulplätze entstanden. Dies betrachten wir als einen ersten Erfolg.

2. Der Berliner Rechnungshof hat in seinem Jahres-Gutachten 2020 die enorme Kostensteigerung der BSO von 5,5 Milliarden Euro auf 11 Milliarden Euro kritisiert. In nur zweieinhalb Jahren wurde das der Howoge übertragene Sanierungsvolumen um 460 Prozent gesteigert – von 198 Millionen Euro auf aktuell 913 Millionen Euro. Dabei liegen die von der Howoge prognostizierten Kosten pro Schulplatz in einem Neubau fast beim Sechsfachen des bundesweiten Durchschnitts: Sie betragen 95.660 Euro gegenüber 16.598 Euro. (https://www.berlin.de/schulbau/_assets/service/downloadcenter/berichte-beschluesse/h18-1189-af-v.pdf) Sehen Sie die zusätzlichen Kosten als gerechtfertigt an? Wie wollen Sie die zusätzlichen Kosten in der kommenden Legislaturperiode refinanzieren?

Zu 2.: Der Rechnungshof von Berlin hat die Vorbereitung des Projekts Berliner Schulbauoffensive durch die Senatsverwaltung für Finanzen deutlich kritisiert. Weiterhin hat der Rechnungshof Erwartungen an den Senat gerichtet, wie die Umsetzung des Projekts aus seiner Sicht verbessert werden kann. Die Kritik des Rechnungshofs muss bei der Weiterführung des Projekts berücksichtigt werden. Die Finanzierung der Berliner Schulbauoffensive ist regelmäßig Thema in den zuständigen Parlamentsausschüssen.

4. Sollen Ihrer Partei nach Mietverträge sowie Erbbaupachtverträge zwischen der Howoge und den Bezirken geschlossen werden, die eine Laufzeit von 25 Jahren beziehungsweise 37 Jahren haben? Wie will sich die Linke in den kommenden Jahren rechtfertigen, wenn ihr die Festlegung auf ein problematisches  Finanzierungs- und Verwaltungskonzept für die nächsten 37 Jahre vorgehalten wird?

5. Wie bewerten Sie Privatisierungsrisiken durch Einbindung der Howoge insbesondere vor dem Hintergrund einer vermutlich zunehmend angespannten Haushaltslage im Nachgang von Sonderausgaben / Mindereinnahmen im Rahmen der Bewältigung der Coronapandemie?

8. Die Berliner Linke sieht in der Einbindung der Howoge keine öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP), sondern eine öffentlich-öffentliche Partnerschaft (ÖÖP). Welchen Unterschied sieht die Linke zur Autobahnprivatisierung von 2017 in Form der Ablösung der Länder-Eigenbetriebe durch eine privatrechtliche im öffentlichen Eigentum befindliche Autobahn-GmbH, die sie seinerzeit als ÖPP und somit als Privatisierung abgelehnt hat?

9. Vertreter der Partei Die Linke haben in einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung im August 2018 sowie in einem Papier („Zukunftsinvestitionen ermöglichen – Spielräume der Schuldenbremse in den Bundesländern nutzen!“) das ÖÖP-Projekt BSO damit gerechtfertigt, dass wegen der „Schuldenbremse“ weder Schulsanierungen noch -neubauten im erforderlichen Umfang gebaut werden könnten und nur durch die Umgehung der „Schuldenbremse“ über eine Kreditaufnahme der Howoge die nötigen Mittel beschafft werden könnten. Wie bewertet die Linke das Ergebnis der Einbindung der Howoge in den Schulbau, dass per Saldo weniger Mittel zur Verfügung stehen werden als bei einem klassischen Haushaltsvorgehen?

11. Nach eigener Aussage zählt die Linke die Zusammenarbeit mit kritischen BürgerInneninitiativen und Gewerkschaften zu ihrem Markenkern. Die organisationspolitisch zuständige GEW-Berlin hat die Einbeziehung der HOWOGE zweimal klar abgelehnt. Wie rechtfertigt Die Linke vor diesem Hintergrund ihren Umgang diesen Beschlüssen und mit Stellungnahmen und Gutachten, wie sie von Gemeingut in BürgerInnenhand u.a. im Rahmen einer Volksinitiative immer wieder vorgetragen wurden und werden?

Zu 4., 5., 8., 9, und 11.: Da es sich bei der Howoge um ein landeseigenes Unternehmen handelt,sehen wir kein Privatisierungsrisiko. Die für den Bau von Schulen im Rahmen der Schulbauoffensive zur Verfügung gestellten Grundstücke verbleiben im Eigentum des Landes. Die Howoge erhält ein Erbbaurecht über einen begrenzten Zeitraum, um die Schulgebäude auf besagten Grundstücken zu errichten bzw. zu unterhalten. In den Erbbaupachtverträgen werden die Rechte der Bezirke als Schulträger festgeschrieben. Nach Ablauf der Erbbaurechte fallen alle Rechte zurück an das Land Berlin.

Grundsätzlich handelt es sich bei der Privatisierung von Infrastruktur um eine politische Entscheidung, die unabhängig von der jeweiligen Unternehmenskonstruktion getroffen werden kann. DIE LINKE positioniert sich klar gegen die Privatisierung von landeseigener Infrastruktur und für eine Privatisierungsbremse in der Berliner Verfassung.

Die Einbindung der Howoge in die Umsetzung der Berliner Schulbauoffensive erfolgt deshalb, weil diese als landeseigenes Unternehmen – im Gegensatz zum Land selbst – nicht der von uns seit eh und ja abgelehnten Schuldenbremse unterworfen ist. Die Schuldenbremse sieht DIE LINKE Berlin als Hemmnis für öffentliche Investitionen. Aus diesem Grund wollen wir, dass das Land Berlin sich auf der Bundesebene für die Streichung der Schuldenbremse aus dem Grundgesetz einsetzt.

6. Die SchülerInnenprognosen für das Land Berlin wurden in den vergangen Jahren mehrmals nach unten korrigiert. Es hat sich gezeigt, dass die Bedarfsermittlung von 2016, die Basis der BSO ist , um ca. ein Drittel zu hohe SchülerInnenzahlen unterstellt hat. Was folgt Ihrer Partei zufolge diesbezüglich für die Berliner Schulbauoffensive?

Zu 6.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat im Lauf des Jahres 2021 ein neues Modell zur genaueren Prognostizierung der künftigen Schüler:innenzahlen entwickelt. Die in diesem Zusammenhang vorgelegten Zahlen wurden und werden von unserer Linksfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin im Rahmen der Sitzungen der zuständigen Ausschüsse regelmäßig behandelt. Auf mögliche Abweichungen von ursprünglichen Schüler:innenzahlenprognosen wird sich im Rahmen der Schulbauoffensive zum Beispiel mit der Errichtung von Modulbauten vorbereitet. Mit diesen Bauten kann variabel auf mögliche steigende Bedarfe reagiert werden. Ein grundsätzliches Abweichen von dem mit der Berliner Schulbauoffensive eingeschlagenen Weg kommt für uns mit Blick auf die Datenlage nicht in Betracht.

7. Sehen Sie einen Widerspruch oder Interessenkonflikt darin, dass landeseigene GmbHs einerseits dem Gemeinwohl verpflichtet sind und andererseits die Vorstände respektive GeschäftsführerInnen für von ihnen verursachte Schäden persönlich haften, wenn sie das von ihnen geführte Unternehmen vorsätzlich wirtschaftlich schädigen? Eine solche Schädigung kann eben auch ein gewinnminderndes Vorgehen im Sinne des Gemeinwohls sein.

Zu 7.: Diesem grundsätzlichen Problem kann im Bedarfsfall mit einer Gesellschafteranweisung abgeholfen werden.

10. Die Howoge unterliegt als GmbH nicht dem Informationsfreiheitsgesetz. Anfragen zum Schulbau Berlin wurden nicht beantwortet. Dieses Transparenzproblem wird auch von den Befürwortern des ÖÖP-Modells zugestanden. Wie will die Linke das Transparenzproblem lösen?

Zu 10.: DIE LINKE Berlin setzt sich dafür ein, dass der Staat seine Daten und Informationen von sich aus den Bürger:innen zur Verfügung stellt. Die bestehenden Regelungen müssen nach unserer Überzeugung so erweitert werden, dass auch Daten und Informationen der landeseigenen Unternehmen erfasst werden, auch wenn diese privatrechtlich organisiert sind.

12. Wie bewertet Die Linke in Berlin das Vorgehen der Stadt Frankfurt am Main, die mit einem eigens geschaffenen „Amt für Bau und Immobilien“ sehr erfolgreich Schulneubauten und Schulsanierungen bewerkstelligt, was auch die Linke in Frankfurt und die GEW bestätigen? Weswegen wird in Berlin nicht ähnlich vorgegangen?

Zu 12.: Wichtige Infrastrukturinvestitionen sollen nach unserer Auffassung auch künftig von den öffentlichen Unternehmen übernommen werden. Dies betrifft nicht nur den Schulbau, sondern auch Investitionen im Krankenhausbereich oder den Ankauf von Flächen.
Grundsätzlich streben wir eine stärkere Kooperation der bauenden Landesunternehmen und der Behörden an und setzen uns für den Ausbau eigener Baukapazitäten ein. Das „Amt für Bau und Immobilien“ in Frankfurt am Main ist dabei sicher ein gutes Beispiel, wie den Herausforderungen des Sanierungsstaus im Schulbau begegnet werden kann. Ein einfaches Übertragen dieser Schablone auf Berlin würde aber womöglich scheitern. Weder ist die Ausgangssituation beider Städte vergleichbar, doch decken sich die Verwaltungsstrukturen von Frankfurt a.M. mit dem Stadtstaat Berlin. Während in Frankfurt a.M. die Stadt selbst der Schulträger ist, obliegt diese Aufgabe in Berlin den Bezirken.

Hier finden Sie das Wahlprogramm der Partei Die Linke zur Abgeordnetenhauswahl 2021.
https://dielinke.berlin/2021/wahlprogramm/

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