Gesellschaft des Bundes soll privatem Kapital Zugang zu öffentlichen Infrastrukturen verschaffen
In einer Studie im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Gewerkschaft ver.di hat Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) Entwicklungen zu Privatisierungen im Bereich der Daseinsvorsorge in Deutschland untersucht. Ein Schwerpunkt lag dabei im Bundesfernstraßenbau. Mit der Studie konnte aufgezeigt werden, dass das von der Fratzscher-Kommission vorgeschlagene Projekt Bundesfernstraßengesellschaft zeitlich bereits deutlich vor der Vorstellung des Fratzscher-Berichts durch Regierungshandeln vorbereitet wurde und weiterhin in flankierenden Gesetzen begleitet wird. Es wird deutlich, dass die Bundesregierung weit mehr als eine Verwaltungsreform anstrebt. Das Vorhaben ist eingebettet in eine Reihe von Gesetzen, die das eigentliche Ziel stützen sollen, privatem Kapital den Zugang zu öffentlichen Infrastrukturen und den daran gekoppelten Steuer- und Gebührengeldern zu verschaffen.
„Eine wie von der Bundesregierung geplante Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur bedroht 18.000 Arbeitsplätze in den Auftragsverwaltungen der Länder“, sagt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Pieper. ver.di begrüße daher das Votum der Länderverkehrsminister und warnt gleichzeitig vor einem Kompromiss, der eine Privatisierung durch die Hintertür ermöglichen würde.
Das Vorhaben Bundesfernstraßengesellschaft steht zudem im Zusammenhang mit laufenden und geplanten Öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP). ÖPPs sind derzeit schon eine Form von Privatkapital auf Projektebene. Mit einem zentralisierten und im Privatrecht angesiedelten Unternehmen des Bundes wie einer Fernstraßengesellschaft oder auch einer »Kapitalsammelstelle für Fernstraßen« könnte ÖPP institutionalisiert werden. Insgesamt geht es um die Privatisierung von Auftragsvolumina in der Größenordnung von 150 bis 300 Mrd. Euro. Die Gesellschaft des Bundes würde dabei die Rahmenstruktur bilden, ÖPP und ausgegebene Anleihen die Anlageform. Darüber hinaus bestünde später die Möglichkeit, die Bundesfernstraßengesellschaft oder Kapitalsammelstelle selbst zu (teil-)privatisieren.
Aktuelle Entwicklungen bei der Privatisierung der Daseinsvorsorge in Deutschland
mit besonderem Fokus auf Bundesfernstraßen
Katja Thiele, Carl Waßmuth | Berlin | Februar 2016
Studie im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
Die Studie zum Download: www.gemeingut.org/privatisierungsstudie