Pressemitteilung des Berliner S-Bahn-Tischs vom 13.3.2012
Wettbewerb ist für die öffentliche Hand teurer – am günstigsten ist eine einheitliche öffentliche Bahn
„Auch der Berliner S-Bahn-Tisch begrüßt die Offenlegung der S-Bahn-Verträge“, sagte Bernhard Knierim vom Berliner S-Bahn-Tisch. „Allerdings ist die von Mofair präsentierte Interpretation dazu sachlich falsch – kein Wunder bei einem Interessenverband der Privatbahnen, die natürlich ein größeres Stück vom Kuchen der Regionalisierungsmittel abhaben wollen, aus denen der Nahverkehr finanziert wird.“
Bei der Berliner S-Bahn fährt auf einigen Strecken alle zwei Minuten ein Zug, die Bahnhöfe sind sehr dicht beieinander, und die Züge werden von sehr vielen Menschen benutzt. Das sind hohe Anforderungen an die Beschäftigten und die Technik. Man kann die Zuschüsse, die für einen Zugkilometer in Berlin gezahlt werden, mit den Zuschüssen für Bahnstrecken auf dem Land, wo häufig jede Stunde ein Zug fährt und nur ein Bruchteil der Fahrgäste zu verzeichnen ist, daher nicht miteinander vergleichen.
„Wir wollen andererseits aber auch die DB AG als Mutterkonzern der S-Bahn Berlin GmbH nicht in Schutz nehmen“, so Knierim weiter. „Das Grundproblem ist und bleibt die Orientierung der DB AG auf eine Maximierung des Profits. Das war die Ursache, die zu dem Chaos bei der S-Bahn geführt hat, und das ist auch das Problem, das wir bundesweit im Bahnverkehr haben. Die DB AG erhält viel Geld für den Betrieb von Nahverkehrsstrecken, aber ein großer Teil davon wird dann in der Bilanz als Gewinn ausgewiesen statt tatsächlich in den Verkehr zu fließen.“ Das Ziel der DB AG müsse stattdessen die Gewährleistung zuverlässiger und qualitativ hochwertiger Mobilitätsangebote zu vernünftigen Preisen sein. Dass ein Ausschreibungswettbewerb die Verkehrsleistungen günstiger mache, ist inzwischen empirisch klar widerlegt. Die im letzten Jahr erschienene ‚Rail Value for Money‘-Studie hat den Wettbewerb in Großbritannien eingehend untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bahnverkehr dort um 40 Prozent ineffizienter ist als in anderen europäischen Ländern. Die Kosten für einen Personenkilometer sind in Großbritannien fast doppelt so hoch wie in der Schweiz (0,202 brit. Pfund statt 0,112 brit. Pfund), deren Bahnverkehr komplett in öffentlicher Hand ist. „Die Gründe dafür liegen klar auf der Hand“, erklärt Knierim. „Zum einen kosten die Ausschreibungen selber Geld und sind sehr aufwändig, dazu kommt aber auch die Aufspaltung des Systems, die zu erheblichen Synergieverlusten führt: Jedes der Verkehrsunternehmen hat eine eigene Personalabteilung, Fahrzeugbeschaffung, Wartung und Instandhaltung und nicht zuletzt ein Management, das entlohnt werden will. Das verursacht zusätzliche Kosten.
Dazu kommt immer das Risiko, dass ein Unternehmen sich verkalkuliert hat und Pleite geht. Dann bricht entweder der Bahnverkehr zusammen, oder der Staat muss wieder nachzahlen.“
Aus diesem Grund tritt der Berliner S-Bahn-Tisch für eine einheitliche S-Bahn in öffentlicher Hand ein und wendet sich gegen die Pläne des Senats, die eine Ausschreibung von S-Bahn-Strecken vorsehen.
Schade,dass der S-Bahn-Tisch erneut alles verschleiert. Mit dem Senat wurde auch ein sogenannter Mehrleistungsvertrag vereinbart, der die Linien zum neuen Flughafen umfasst. Für diese Linien verzichtet die DB auf einen öffentlichen Zuschusse, das heißt die Fahrgeldeinnahmen sind so hoch, dass sich der Verkehr rechnet. Die Fahrgeldeinnahmen betragen für 2012 mit 9,23 € und 2017 9,94 €. Das heißt, dafür kann die S-Bahn fahren, die Einnahmen decken die Kosten. Im Verkehrsvertrag von 2003 bekommt die Gesamteinahmen pro Zugkm von gut 18,00 €. Also fast das Doppelte. Wenn man höhere Kosten akzeptiert, wie hoch liegen sie dann. doppelt so hoch? mofair hat Kosten von 14 € zugestanden. Was darüber hinaus geht, ist eindeutig Überkompensation. Warum legt denn die S-Bahn nicht ihre Kalkulation offen? Dann wäre doch alles klar. Bisher verbreitet die DB nur Schutzbehauptungen.
Ich verstehe den Vorwurf nicht ganz, warum der S-Bahn-Tisch hier irgend etwas verschleiert. Mofair hat in seiner Pressemitteilung Äpfel mit Birnen verglichen – nämlich S-Bahn-Leistungen mit Nahverkehr auf dem Lande. Das stellen wir richtig. Wir stellen aber auch klar, dass wir das Vorgehen der S-Bahn Berlin GmbH bzw. der DB als Mutterkonzern derselben problematisch finden und NICHT verteidigen. Das Grundproblem ist und bleibt die Orientierung der DB auf Profit, was zu all der Geheimhaltung und dem „Abziehen“ z.B. der Länder Berlin & Brandenburg im S-Bahn-Vertrag führt. Deswegen müssen wir dieses Grundproblem angehen und die DB am Gemeinwohl und nicht am Profit orientieren.