Die Karte des Schreckens. So nennt sich der Artikel, der gestern in der gedruckten Ausgabe und heute online in der ZEIT erschienen ist. Erschreckend sind die von Felix Rohrbeck beschriebenen Tatsachen allemal. Die von der Bundesregierung geplante Autobahnprivatisierung soll über die Pkw-Maut bezahlt werden – mit explosionsartigen Unkosten. Als Grundlage für Rohrbecks Aussagen dient eine von GiB erarbeitete aktuelle Studie.
Die Autobahnprivatisierung, über die der Bundestag am 19. Mai abstimmen soll, hat in den vergangen Tagen viel Aufsehen erregt. Während die Bundesregierung das Privatisierungsvorhaben vehement bestreitet, ist sich die Opposition einig, dass mit der geplanten Gesetzesänderung eine Privatisierung durch die Hintertür möglich gemacht werden soll. Die Öffentlichkeit ist verwirrt.
Sicher sei, so Felix Rohrbeck, dass ein Unternehmen gegründet werden soll, dass künftig für Bau, Betrieb und Verwaltung der Autobahnen zuständig ist. Die Einnahmen des Unternehmens, „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ genannt, soll sich unter anderem aus der Pkw-Maut speisen, die ab 2019 eingeführt werden soll. Die Rede ist von einer sogenannten „streckenabhängigen Maut“, mit der die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse umgangen werden kann (was Verkehrs-und Finanzministerium natürlich wieder negieren). Rohrbeck erklärt den Umgehungsmechanismus der Schuldenbremse wie folgt: „Wird die Pkw-Maut nämlich pauschal erhoben, gilt sie wohl als Steuer, und die Schulden der Autobahngesellschaft werden dem Staat zugerechnet. Wird sie dagegen streckenabhängig erhoben, ist das nicht der Fall. Der Staat könnte einen Teil seiner Schulden aus seinem Haushalt verschwinden lassen“.
Für die Berechnung einer streckenabhängigen Maut legt der ZEIT-Autor Berechnungen offen, die er von GiB und Verkhersökonom Alexander Eisenkopf von der Zeppelin-Universität Friedrichshafen bezieht und die er miteinander vergleicht. GiB geht im Durchschnitt von Mautkosten in der Höhe von mindestens 5,26 Cent pro Kilometer aus, wohingegen Eisenkopf auf einen Preis von 3,6 Cent pro Kilometer kommt.
GiB geht von einer Einnahmeprognose von vier Milliarden Euro aus und teilt diesen Wert durch die von Pkw im Jahr 2015 gefahrenen Autobahnkilometern. Ergebnis ist ein Kilometerpreis von 1,94 Cent. Hinzu kommt jedoch eine erhebliche Kostensteigerung, da:
1) die Privaten höhere Rendite abverlangen (siehe Situation in Frankreich)
2) die Autobahngesellschaft nach einer Übergangsphase mehrwertsteuerpflichtig würde
3) die Gesellschaft Sanierungsstau auf Straßen abbauen muss
Zitiert wird im Artikel GiB-Mitbegründer Carl Waßmuth: „Angesichts des Kilometerpreises in Frankreich von über 8 Cent glauben wir nicht, dass unsere Schätzung unrealistisch hoch ausfällt“.
Die Karte des Schreckens also. Ein erschreckend demaskierender Artikel, der offenlegt, wie Privatisierung zur Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürgern führen könnte. GiB setzt sich deshalb für die Demokratisierung öffentlicher Güter ein, und in diesem Falle für die Verhinderung jeglicher Beteiligung Privater an den Autobahnbahnen.
Bis zum 19. Mai eilt die Zeit, aber es kann noch viel getan werden! Unterstützt deshalb unseren Aufruf oder protestiert mit uns am Montag, den 15.05 um 12:00h vor dem Reichstagsgebäude gegen die Autobahnprivatisierung.
Weitere Informationen:
ZEIT-Artikel „Die Karte des Schreckens“
GiB-Gutachten zu „Auswirkungen der geplanten Autobahnreform auf die künftige Höhe der Pkw-Maut in Deutschland“
Es ist mir schon lange ein Dorn im Auge, dass auch in Deutschland immer wieder versucht wird,Infrastruktur, die für die Grundversorgung der Bevölkerung notwendig ist, zu verscherbeln. In Großbritannien kann man die Auswirkungen dieser Politik studieren. Die nicht gelungene Umwandlung der Bahn in eine AG in der Ära Mehdorn ist in schreckenvoller Erinnerung, die bis heute schlechte technische Ausstattung gehört zu den Folgeschäden. Führt Privatisierung der Kliniken zu besserer Versorgung? Und jetzt Schulen und Straßen. Es liegt auf der Hand, dass die Unternehmen, die diese Leistungen übernehmen möchten, Geld verdienen wollen, viel Geld. Sie sind Aktionären verpflichtet, nicht dem Gemeinwohl. Darum muss für diese Pläne sogar das Grundgesetz geändert werden, das spricht Bände.
Ich muss nicht mit allem einverstanden sein, dem „meine“ Partei zustimmt. Politik ist die Kunst des Möglichen. Aber hier geht es buchstäblich ans Eingemachte. Um Zukunft. Und deshalb könnte ich meiner Partei untreu werden, wenn sie sich als feige erweist.