Zwei hervorragende Beiträge zur Erweiterung unseres Wissens
Von Jürgen Schutte
Das haben wir nicht gewußt: Die ÖPP Deutschland AG, die mit dem Etikett der Staatlichkeit intensiv für die Privatisierung von Gemeingütern in der Form der Public Private Partnership agitiert, ist in einer konzertierten Lobby-Aktion ins Leben gerufen worden. Leichtfertig hatten wir einen unserer Artikel überschrieben: „Regierung arbeitet weiter an der Abschaffung des Staates“. Das war ein Fehler. Es muss heißen: Unter tatkräftiger Mithilfe der Regierungen arbeiten die Großkonzerne … ja, woran? An der Abschaffung des Staates? Mitnichten! Sie werden den Teufel tun; denn der Staat ermöglicht ihnen, vom erarbeiteten Mehrwert einen Löwenanteil für sich abzuzweigen, und zwar einerseits direkt, indem sie Rettungsschirme für systemrelevante Banken aufstellen lassen, andererseits indirekt, indem sie das neue Geschäftsmodell einführen: eben die Public Private Partnership (PPP).
Hierüber vermittelte uns am 27. Januar die taz (Berlin) aufgrund einer vorbildlichen Recherche von Kai Schlieter & Eva Berger genauere Kenntnis. Mitsamt dem zu diesem Zweck geschaffenen „Dickicht von Interessenverflechtungen“ wird im Detail nachgewiesen, „wie die Wirtschaft sich im Staat einnistet“. Wie Odysseus und seine bis an die Zähne bewaffneten Gefährten so sitzt eine Schar von sorgfältig ausgesuchten und sicherlich hoch motivierten Beratern im trojanischen Pferd namens „ÖPP Deutschland AG“.
„Diese Firma […] präsentiert sich als unabhängige Institution. Doch schon die Konstruktion legt eine Befangenheit nahe. Nach Recherchen der taz verfestigt sich der Verdacht, dass es hier vor allem um eins geht: Bereicherung,“ schreiben Schlieter/Berger.
Danke für diesen detaillierten und gründlich dokumentierten Beitrag zur Aufklärung über die aktuelle Form der Privatisierung, bei dem nicht nur unsere Gemeingüter zu Dumpingpreisen verhökert werden, sondern bei dem auch „“unsere Demokratie abfließt“, wie Gemeingut in BürgerInnenhand anschaulich feststellt. Der Artikel verdient weiteste Verbreitung!
Wir freuen uns außerdem über den aufschlussreichen Bericht des Unternehmer-Magazins impulse, in dem das Geschäft mit der erschlichenen Autorität der Staatlichkeit noch einmal aus etwas anderer Perspektive beleuchtet wird. Wir dokumentieren das mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Beide Artikel tragen unzweifelhaft zur Bereicherung unseres Wissens über das Verhältnis von Wirtschaft und Staat bei.
Ebenso erfreut begrüßen wir die schnelle Reaktion aus dem Bundestag: Die taz meldete am ersten Februar:
„Anton Hofreiter, Grüner im Bundestagsausschuss Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, […] hält […] die Rechtskonstruktion der Aktiengesellschaft für nicht mehr tragbar. Er forderte eine ’neutrale Beratung‘ und die Gründung einer rein öffentlichen Beratungsgesellschaft.“
Wir erlauben uns einige Zweifel, ob eine von der Bundesregierung allein getragene Beratungsgesellschaft „neutral“ sein kann. Zu tief hat sich „die Wirtschaft“ schon in den Staat eingefressen, zu eng sitzen die staatliche Bürokratie und die privat bezahlten Berater in den gleichen Büros zusammen. Eben fordert Bayerns Finanzminister mehr PPP, erst kürzlich bekräftigte die CDU ein entsprechendes Votum. Was die taz nach einem Vorschlag von Sahra Wagenknecht ein „satzungsgemäßes Schmarotzertum“ nennt, ist schon zur Gewohnheit geworden. Eine neutrale Beratung erforderte Maß an demokratischer Kontrolle, das gegenwärtig wohl nicht zu haben ist.
So bleibt es vorerst bei der Feststellung: Die „ÖPP Deutschland AG“ ist ein trojanisches Pferd – diese Einsicht muss ans Licht der Öffentlichkeit; das hat sie so zu fürchten wie der Teufel das Weihwasser.
Für die Leserin und den Leser dieser Nachricht heißt das natürlich: Gleich den Aufruf gegen PPP unterschreiben!
Quellen:
http://www.taz.de/Staatslobbyismus/!86563/
http://www.taz.de/ffentlich-Private-Partnerschaften/!86774/
http://www.impulse.de/unternehmen/:impulse-exklusiv–Wer-von-PPP-Projekten-wirklich-profitiert/1027187.html
https://www.gemeingut.org/aufruf
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