Neue Energie – alter Senat

Bild: Berliner Energietisch
Bild: Berliner Energietisch

Der „Berliner Energietisch“ streitet jetzt mit der Landesregierung um das Datum des Volksentscheids im Herbst
Von Laura Valentukeviciute, GiB

Die Tinte der letzten Unterschriften für das Volksbegehren „Neue Energie für Berlin“ ist noch nicht trocken, da müssen die OrganisatorInnen schon zur nächsten Baustelle eilen. Und das ist nicht die freudige Vorbereitung auf die dritte und letzte Stufe der Abstimmung – den Volksentscheid –, sondern wieder mal eine mühsame Auseinandersetzung mit dem Berliner Senat. Diesmal soll es um das Datum des Volksentscheides gehen. Während der Berliner Energietisch die Abstimmung gleichzeitig mit der Bundestagswahl anstrebt, pocht der Berliner Senat auf einen anderen Termin. Rechtlich gesehen ist das möglich, denn es soll ein Sonntag zwischen 15. September und 6. Oktober sein. Politisch würde jeder Termin außer der Bundestagswahl die Parteien der Großen Koalition viele Stimmen kosten. Denn eine Abweichung des Termins von dem der Bundestagswahl heißt Ausgaben in Millionenhöhe. Nach den letzten Verschwendungseskapaden für den neuen Flughafen BER und für die Auszahlung der entgangenen Gewinne an RWE im Fall der Berliner Wasserbetriebe könnte das der letzte Tropfen im schon vollen Glas der Geduld der BerlinerInnen werden.

Die naheliegenden Gründe für die vom Senat angestrebte Terminabweichung zeugen wieder mal davon, wie unausgereift unsere Demokratie ist. Denn der Gesetzesentwurf des Berliner Energietisches bedeutet eine Machtbeschneidung der gewählten VertreterInnen, und das wollen diese nicht. Schon in ihrem sogenannten Kompromissvorschlag von Ende 2012 hatte die Große Koalition vor allem die Stellen zur demokratischen Mitbestimmung gestrichen. Sie möchte nicht, dass die BürgerInnen in den Gremien mit am Tisch sitzen, in den vorgesehenen Versammlungen Fragen stellen oder dass echte Transparenz herrscht und die Verträge sowie andere wichtige Unterlagen im Internet veröffentlicht werden. Der Senat will weiterhin und nur nach eigenem Gutdünken darüber entscheiden, wo es lang geht oder auch welche ParteikollegInnen die Entscheidungsgremien füllen – damit hätte bestimmt auch der Herr Wowereit noch eine Chance.

Damit zeigt der Berliner Senat nicht nur seine Unfähigkeit, echte Demokratie zu leben, sondern sogar Unwillen, sie zuzulassen. Und das, obwohl 62 Prozent der BerlinerInnen für das Gesetz des Berliner Energietisches sind, wie eine Forsa-Umfrage vor kurzem zeigte.

Ähnlich wie in Berlin versuchen mittlerweile Menschen in der ganzen Republik die Initiative zu ergreifen und ihre Energieversorgung zu rekommunalisieren. Denn viele der Energiekonzessionen laufen in den nächsten Jahren aus und gerade jetzt wäre die Zeit, Energieversorgung ohne Vertragsbruch, Zahlung der entgangenen Gewinne oder komplizierte Gerichtsverfahren wieder unter demokratische Kontrolle der BürgerInnen zu bekommen. Diese Gelegenheit nutzen die BürgerInnen von Hamburg, wo parallel zur Bundestagswahl der Volksentscheid „Unser Hamburg – unser Netz“ kommen wird. In Hamburg steht aber noch mehr auf dem Spiel: Neben dem Stromnetz, das wie in Berlin bis jetzt Vattenfall gehört, wollen die HamburgerInnen auch noch die Fernwärme, ebenso im Besitz von Vattenfall, und das Gasnetz, zurzeit bei Eon, rekommunalisieren. Die HamburgerInnen haben in nur wenigen Wochen die nötigen 120.000 Unterschriften gesammelt und haben damit das erfolgreichste Volksbegehren der Stadt hingelegt.

Das Volksbegehren in Berlin ist auch ein großer Erfolg. Allerdings wurde die Unterschriftensammlung zuerst durch einen anhaltenden Winter gehindert und jetzt wird die Weiterarbeit noch durch den Senat erschwert. Der Unterschied ist nur, dass die Wünsche des Senats kein Naturgesetz sind – sie müssen dem demokratischen Willen der BürgerInnen weichen.

Zuerst erschienen am 11.6.2013 unter http://www.neues-deutschland.de/rubrik/in-bewegung

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