Menschenrecht auf Wasser muss im Grundgesetz und den europäischen Verträgen abgesichert werden!

Bild: Kundgebung zum Weltwassertag 2013 am Brandenburger Tor, Berlin, Bild: GiB
Bild: Kundgebung zum Weltwassertag 2013 am Brandenburger Tor, Berlin, Bild: GiB

22.03.2013. Moritz Neujeffski / GiB

Anlässlich des heutigen Weltwassertages versammelten sich die Wasser-AktivistInnen zu einer Kundgebung am Brandenburger Tor. Unter dem Motto „Veolia adieu“ wiesen die zahlreichen RednerInnen, MusikerInnen und DemonstrantInnen auf die Gefahren der Privatisierung von Wasser hin.

Mit 1,4 Millionen Unterschriften für die Europäische Bürgerinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“ im Rücken kritisierte Mathias Ladstätter von ver.di die Privatisierungsversuche der EU gegenüber den europäischen Wasserwerken scharf. Darüber hinaus forderte Christa Hecht von der „Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft“ eine Verankerung des Rechts auf Wasser im Grundgesetz, da Wasser ein Gemeingut sei und daher jedem Menschen zugänglich sein sollte. Der Musiker Dr. Motte forderte mehr Transparenz und demokratische Kontrolle, wenn es um das Eigentum der BürgerInnen geht, und Anna Bugey von „Gegenströmung“ verwies auf ein weiteres Problem der Ökonomisierung von Wasser – die Schäden, die Großstaudämme für Menschen und Natur anrichten. Auch GiB trug mit einem Redebeitrag zur Unterstützung bei. So verwies Laura Valentukeviciute auf eine aktuelle Forsa-Umfrage, wonach 78 % der Bevölkerung sich „Rekommunalisierung oder keine weitere Privatisierung wünschen“. Daher sei es „nur gerecht wenn der Wille der BürgerInnen sich durchsetzt und die Wasserprivatisierung nicht erfolgt oder rückgängig gemacht wird.“ Dazu sorgte ein bunter Mix aus Musik von Roots Amamomo und Autopsie sowie TänzerInnen und ein Chor für eine gute Stimmung.

Die Veranstaltung endete mit einem Protestmarsch zur Veolia-Zentrale Unter den Linden. Der Brief an die Veolia-Leitung konnte leider nicht persönlich übergeben werden. Veolia wurde über den Protestmarsch offensichtlich informiert und hatte die Aufzüge zu ihren Büros zugesperrt.

Die Segmente der Kundgebung sind auf youtube zu sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=6S2XTxSKhck

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Presseinformation des Netzwerks Wasser, 21.03.2013, Berlin.

Das Netzwerk Wasser fordert zum Weltwassertag am 22. März 2013 ein klares Bekenntnis der Bundesregierung und der EU-Kommission zum Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung und zum Schutz der Wasserressourcen vor Privatisierung.

Vertreter der Gewerkschaft ver.di, der GRÜNE LIGA (Netzwerk Ökologischer Bewegungen), des Forum Umwelt und Entwicklung, des Berliner Wassertisch, von Gemeingut in BürgerInnenhand, von arche noVa – Initiative für Menschen in Not e.V, des Frauenumweltprojekts EcoMujer, des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) und der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. erklären zum Weltwassertag 2013:

Seit 1993 wird jährlich am Weltwassertag herausgestellt wie wichtig Wasser zum Überleben ist, welche Bedeutung Wasser und Sanitärversorgung für die Gesundheit haben, welche entscheidende Rolle Wasser bei der Nahrungsmittelproduktion und für die wirtschaftliche Entwicklung von Gesellschaften hat. Seit fast drei Jahren sind zwar der Zugang zu Wasser und Sanitärversorgung als Menschenrecht anerkannt, doch werden die Wasserressourcen weiter verschmutzt und belastet und wird der Gebrauch von Wasser immer noch kommerziell vermarktet mit hohen Profiten für internationale Konzerne. Trotz einiger Fortschritte haben weltweit immer noch 780 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,5 Milliarden Menschen keine ausreichende Sanitärversorgung.

Wenn die UN 2013 zum Internationalen Jahr der Wasserkooperation erklärt, um „das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Zusammenarbeit im Bereich Wasser die Regel und nicht die Ausnahme sein kann und dass Zusammenarbeit zu Wasserressourcen der Auftakt sein kann für Zusammenarbeit in anderen Gesellschaftsbereichen“, reicht das dem Netzwerk Wasser nicht. Angesichts der weltweiten Probleme in Folge des Klimawandels, des Bevölkerungswachstums, der Belastung von Wasser durch Energie- und Rohstoffgewinnung oder des immer noch steigenden virtuellen Wasserverbrauchs, ist im Gegenteil künftig mit steigenden Risiken für Konflikte zu rechnen. Kooperationen sind begrüßenswert, doch verschleiert diese Aussage die Problemlage immens.

In Deutschland droht das Grundwasser durch wieder gestiegenen Gebrauch von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zur Energiepflanzenproduktion und durch Fracking und CCS belastet zu werden. Ein sorgsamer und nachhaltiger Umgang mit den Wasserressourcen, um auch künftigen Generationen das Lebenselixier Wasser zu erhalten, rückt damit in weite Ferne.

Die Umsetzung des Menschenrechts auf Wasser und Sanitärversorgung stand schon mehrmals im Bundestag zur Debatte, erst kürzlich in Zusammenhang mit Anträgen zur Verhinderung von Privatisierung im Wasserbereich und der Position von Deutschland zu den europäischen Richtlinienplänen zu Konzessionen. Diese Anträge wurden mit der Koalitionsmehrheit abgelehnt und mehr als allgemeine Bekenntnisse zum Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung gibt es von der Bundesregierung nicht. Dass dies halbherzig und für die Bewältigung der weltweiten Probleme nicht ausreichend ist, kann auch nicht davon überdeckt werden, dass Deutschland das zweitgrößte Geberland im Wassersektor in der Entwicklungshilfe ist, wie am letzten Weltwassertag vom Bundesentwicklungsministerium verlautbart wurde.

Wichtig sind endlich Schritte, Wasser als Allgemeingut in der deutschen Verfassung, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und den europäischen Verträgen abzusichern. Das fordert das Netzwerk Wasser von der EU-Kommission, der Bundesregierung und den Parteien für ihre Programme zur Bundestagswahl.

Es müssen Taten folgen und Kooperationen allein reichen nicht aus. Die Forderungen:

– Vorrang des Schutzes der Wasserressourcen vor anderen wirtschaftlichen Interessen!

– Schutz des Gemeingutes Wasser!

– Keine Privatisierungen in der Wasserversorgung!

– Wasserwirtschaft gehört in öffentliche Hand!

– Absicherung von Wasser als Gemeingut im Grundgesetz!

– Absicherung von Wasser als Gemeingut in der Europäischen Union!

– UN-Konvention zu Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung!

Dazu erklärten:

Mathias Ladstätter, Bundesfachgruppenleiter für den Wasserbereich von ver.di: “Mit über 1.000.000 Unterschriften gegen die Wasserprivatisierung allein in Deutschland erwarten wir von der Bundesregierung deutliche Signale zum Schutz der kommunalen Strukturen, darüber hinaus muss die EU-Kommission Wasser aus der Binnenmarktregulierung herausnehmen. Kostengünstiger und gesicherter Zugang zu sauberem Wasser und hygienischer Abwasserbeseitigung muss gesichert werden. Auch in einem wasserreichen Land wie Deutschland, muss das Menschenrecht auf Zugang zu Wasser verteidigt werden. Dafür sammeln viele Wasseraktivisten Unterschriften unter http://www.right2water.eu/de/node/37.“

Dorothea Härlin, Berliner Wassertisch: „Spätestens seit der drohenden Dienstleistungskonzessionsrichtlinie ist es offensichtlich, dass die Berliner Wasserbetriebe wieder vollständig in öffentliche Hand gehören. Für den Berliner Wassertisch heißt das „Veolia adieu“ für Berlin, aber eigentlich auch für die EU, denn wir wissen, dass hinter der Einbeziehung des Wassers in die neue Richtlinie auch die massive Lobbyarbeit dieses weltweit größten Wasserkonzerns steckt.“

Sebastian Schönauer, Bund Naturschutz in Bayern e. V: „Das Wasser – Milleniumsziel 2015, mehr Menschen Zugang zu Wasserversorgung zu verschaffen, darf nicht dazu missbraucht werden, dass unter dem Vorwand der „Entwicklungshilfe“ letztendlich die international agierenden Wasserkonzerne in den ärmeren Regionen der „Einen Welt“ allein das Sagen haben. Das Menschenrecht auf Wasser würde damit zu einem „world wide“ – Profitmaximierungsgeschäft mit dem blauen Gold pervertieren.“

Christa Hecht, Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V.: „Die bewährten öffentlichen kommunalen Strukturen der Wasserwirtschaft stehen durch die geplanten Regeln der EU-Kommission für Konzessionen auf dem Spiel. Das führt zu Privatisierungen durch die Hintertür. Wasser wird damit vom Gemeingut zur Ware gemacht. Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Wasserwirtschaft über die Verhandlungen im Trilog zwischen EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem Ministerrat aus der Konzessionsrichtlinie herausgenommen wird.“

Sven Seifert, geschäftsführender Vorstand arche noVa – Initiative für Menschen in Not e.V.: „Für das Menschenrecht auf angemessene Wasser- und Sanitärversorgung muss Europa Vorreiter sein. Hier gilt es politische Rahmenbedingungen zu setzen, die weltweit als Vorbild dienen können. Wir alle stehen in der Pflicht, auch jenseits der Europäischen Union das Menschenrecht auf Wasser für alle Realität werden zu lassen, unabhängig von der Einkommenssituation der Bevölkerung in den Ländern des Südens. Der Zugang zu Trinkwasser in ausreichender Quantität und sicherer Qualität darf nicht von Profitstreben unterminiert werden. Dabei sollten bei allen konkreten Projekten vor Ort die lokale Bevölkerung von Anfang an mit einbezogen, ihre Selbstverwaltungsstrukturen gestärkt werden und die internationalen und nationalen staatlichen Institutionen auf ihre Verantwortung zur Umsetzung dieses Menschenrechtes in die Pflicht genommen werden.“

Monika Schierenberg, Sprecherin des Frauenumweltprojekts EcoMujer: „Das Leben mit oder ohne Wasser und sanitäre Grundversorgung bestimmt den Alltag und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben von Frauen weltweit, Frauen sind aktiv, das Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung Realität werden zu lassen auf allen Kontinenten. Wasser ist Leben und keine Ware.“

Michel Bender, GRÜNE LIGA Bundeskontaktstelle Wasser: „Es gilt, Wasser als Lebensmittel Nr. 1 und als Ressource zu schützen. Die Brüsseler Agrarzahlungen müssen endlich an die Einhaltung von Mindestanforderungen des EU-Wasserrechts gekoppelt werden. Subventionen im Zuge des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes dürfen nicht dazu führen, dass Gewässerverschmutzung massiv subventioniert wird wie das derzeit bei der Förderung des Biomasse-Maisanbaus der Fall ist. Behördlich erteilte Wassernutzungsrechte dürfen nicht – wie im „Blueprint“ der EU-Kommission angedacht – zur Handelsware erklärt werden.“

Laura Valentukeviciute, Gemeingut in BürgerInnenhand: „Sobald private Konzerne die Wasserversorgung übernehmen, ob in Form von Privatisierung oder ihrem Nachfolgemodell Öffentlich-Privaten-Partnerschaften, entsteht automatisch das Ziel der Profitmaximierung. Und genau das ist das wichtigste Hindernis bei der Umsetzung des Menschenrechts auf Wasser. Die Bundesregierung und die EU-Kommission sollten deswegen nicht versuchen, die Konzessionsrichtlinie schön zu reden und zu „verbessern“, sondern das Wasser da raushalten. Alles andere ist ein Spalt in der Tür und führt zur Privatisierung des Wassers, nur etwas langsamer und unauffälliger.“

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