Statement von EINE S-Bahn für ALLE zum Berliner Koalitionsvertrag, 3.12.2021
Im Koalitionsvertrag formulieren SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE die Kommunalisierung der S-Bahn als Ziel. Gleichzeitig wollen sie die derzeit laufende Ausschreibung von Betrieb und Instandhltung der S-Bahn weiterlaufen lassen. Damit wird das proklamierte Ziel einer Kommunalisierung zur Augenwischerei. Wer ernsthaft eine Privatisierung verhindern und die Kommunalisierung einleiten will, kann nicht eine 11 Milliarden Euro schwere Ausschreibung weiterführen und damit die (Teil-)Privatisierung der Berliner S-Bahn vorantreiben.
Es ist derzeit unwahrscheinlich, dass die Deutsche Bahn die profitable S-Bahn ohne zusätzlichen Druck an die Länder Berlin und Brandenburg veräußert. Trotzdem müssen Gespräche über einen Verkauf der S-Bahn GmbH an die Länder Berlin und Brandenburg geführt werden. Wenn sie erfolgreich sind, brauchen wir keine Ausschreibung. Doch was ist, wenn die Gespräche über einen Verkauf der S-Bahn GmbH keinen Erfolg haben? Dann wäre es ganz falsch, auf das Ergebnis der laufenden Ausschreibung zu setzen und alle Kommunalisierungspläne zu begraben. Dann muss das Land über ein eigenes Eisenbahnverkehrsunternehmen verfügen, an das es den S-Bahn-Betrieb direkt vergeben kann.
Statt Lippenbekenntnisse abzuliefern, ist es daher zwingend notwendig, jetzt schlagkräftige Alternativen in Richtung Kommunalisierung anzugehen. Wir fordern die potentielle Regierungskoalition auf, die Ausschreibung sofort abzubrechen und ernsthafte Kommunalisierungsschritte einzuleiten. Dazu notwendig ist der Aufbau eines landeseigenen Unternehmens, das im Jahr 2027 nach Vorbild der BVG den Betrieb der S-Bahn direkt übernehmen könnte. Nur so kann dem Ausschreibungsschlamassel jetzt und für die Zukunft ein
Ende bereitet werden.
Stattdessen verbauen die Koalitionspartner die Kommunalisierung für Jahrzehnte und geben die S-Bahn der (Teil-)Privatisierung preis. Ein landeseigenes Unternehmen will Rot-Grün-Rot erst für den nächsten Ausschreibungszyklus aufbauen. Selbst im Falle eines – von SPD und DIE LINKE erhofften – Zuschlags der S-Bahn Berlin GmbH wäre die Privatisierung und Zerschlagung nicht abgewendet. Durch den Eintritt von Siemens und Stadler im Konsortium mit der S-Bahn Berlin GmbH findet eine Teilprivatisierung statt. S-Bahn-Waggons in Landeshand dienen im Rahmen einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft dazu, den Raubzug der privaten Unternehmen überhaupt erst zu ermöglichen. Die Kommunalisierung wird durch die Ausschreibung und Vergabe an Private bis 2035 bzw. 2042 verhindert. Das versprochene landeseigene Eisenbahnverkehrsunternehmen wäre – sollte es denn überhaupt aufgebaut werden – für Jahrzehnte nur eine leere Hülle.
Die Pleiten von Abellio und Co. haben mit aller Deutlichkeit gezeigt: Privatisierungen auf der Schiene führen zu einem Verkehrschaos und massiven Mehrkosten für die öffentliche Hand. Beschäftigte und Fahrgäste werden zur Erpressungsmasse gewinnorientierter privater Konzerne, es drohen Preissteigerungen und schlechtere Arbeitsbedingungen. Gewerkschaftliche Errungenschaften werden zurückgedreht, die Beschäftigten verlieren ihre Beschäftigungssicherheit. Private Unternehmen haben kein Interesse an einer langfristigen, klimafreundlichen Entwicklung – ihnen geht es um maximale Profite, die sie auf Kosten der Infrastruktur und dem Rücken der Beschäftigten einfahren. Wer ernsthaft eine soziale und klimaverträgliche Verkehrswende voranbringen will, muss die Ausschreibung sofort abbrechen. Alles andere ist unglaubwürdig.
Als Bündnis EINE S-Bahn für ALLE versammeln wir Beschäftigte, Gewerkschafter*innen, Klimabewegung sowie Antiprivatisierungsinitiativen. Wir fordern:
- Sofortiger Abbruch der Ausschreibung von Betrieb und Instandhaltung der S-Bahn
- Aufbau eines landeseigenen Eisenbahnverkehrsunternehmens zur Direktvergabe der Verkehrsleistungen im Jahr 2027
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Gemeingut In BürgerInnenhand (GiB) e.V. gehört zu den Gründerorganisationen des Aktionsbündnisses EINE S-Bahn für ALLE.