Infobrief „Die nächste Koalition muss Superreiche endlich gerecht besteuern“

Liebe Freundinnen und Freunde der Daseinsvorsorge,

der neue Bundestag ist gewählt. SPD, Grüne und Linke haben im Wahlkampf gerechtes Besteuern der Reichen versprochen. CDU/CSU und AfD waren dagegen. Jetzt geht es in die Koalitionsverhandlungen, und zwar schnell, schnell. Schon die Neuwahl war hastig angesetzt worden. Wir denken: Sorgfalt statt Eile ist geboten in der wichtigsten Frage, woher jetzt das Geld kommen soll für die dringendsten Aufgaben, in erster Linie für unsere Daseinsvorsorge.

Unsere Gemeingüter sind vielerorts nicht mehr intakt. Oft wurden sie komplett privatisiert, viele öffentliche Wohnungen wurden verkauft, auch Energieversorger, selbst Wasserwerke. Gleichzeitig hat man die Infrastruktur verfallen lassen. Die Bahn kommt nicht mehr pünktlich, Brücken stürzen ein, ein Krankenhaus nach dem anderen schließt. Es fehlen Erzieher, Lehrerinnen und Pflegekräfte. Maßnahmen zum Klimaschutz bleiben aus oder drohen auf Menschen mit geringem Einkommen abgewälzt zu werden.

Allein in den nächsten zehn Jahren müssen mindestens 600 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden, um die größten Schäden und Versäumnisse zu beheben. Friedrich Merz will jetzt eine gigantische Neuverschuldung von 900 Milliarden Euro veranlassen, vor allem für Aufrüstung. Wir brauchen aber nicht mehr Waffen, sondern eine Rettung der Daseinsvorsorge. Und: Mehr Schulden entlasten nur kurzfristig, sie müssen samt (aktuell hohen!) Zinsen aus Steuergeld zurückgezahlt werden. Dabei ist das Geld da – nicht in der Staatskasse, aber bei den Superreichen. Das Aussetzen der Vermögensteuer seit 1997 hat uns bis heute 425 Milliarden Euro gekostet, plus X Milliarden durch Extra-Schlupflöcher für die Reichsten.

Friedrich Merz hat eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Er kann also nur mit Hilfe der SPD Kanzler werden. Für Grundgesetzänderungen (wie zur Änderung der Schuldenbremse) braucht er zusätzlich noch die Stimmen der Linken. Unser Aufruf „Setzen Sie die Vermögensteuer wieder in Kraft“ ist plötzlich aktueller denn je! Für die Koalitionsbildung gilt: Die Union muss sich bewegen, und die SPD muss standhaft bleiben. Wer von Ihnen noch nicht unterschrieben hat: Bitte unterstützen Sie den Appell! Wir werden die gesammelten Unterschriften CDU/CSU und SPD zu den Koalitionsverhandlungen übergeben. Wer schon unterschrieben hat: Leiten Sie den Link zur Petition an viele Menschen weiter.

Die Krankenhausreform spielte im Wahlkampf leider nur eine untergeordnete Rolle, obwohl sie erst jüngst verabschiedet wurde und ihre folgenschwere Umsetzung jetzt ansteht. Die SPD hatte sich vor dem Thema gedrückt, weil ihr klar war, dass sie die Reform nicht als politischen Erfolg im Wahlkampf verbuchen konnte. Das Schweigen der CDU/CSU zeigt, dass sie wie die SPD viele Krankenhäuser schließen lassen will. Schon jetzt sieht man, dass die Schließungen zunehmen, die gegenwärtige politische Ruhe ist eine Ruhe vor dem Sturm, Stichwort Notfallversorgung. Wir brauchen nicht nur qualitativ gute Krankenhäuser, wir müssen sie auch rechtzeitig erreichen können. Die Notfallversorgung ist schon jetzt ausgedünnt und überlastet. Eine Dokumentation auf BR24 machte vor wenigen Tagen deutlich, dass sich die Rettungswege in manchen Regionen Bayerns durch anstehende Klinikschließungen mehr als verdoppeln werden, bundesweit sieht es ähnlich aus. Wir haben dazu ein eigenes Notfallkonzept erarbeitet, das wir jetzt an die Parteien schicken.

Herzlich grüßenLaura Valentukeviciute und Carl Waßmuth
für das Gemeingut-Team

PS: Am 8. März, dem Internationalen Frauentag, ist Gemeingut bei der Berliner Demo „feministisch, solidarisch, gewerkschaftlich“ im „Care-Block“ dabei und wird im Redebeitrag die fatalen Auswirkungen der Krankenhausreform auf die Geburtshilfe und die Kindermedizin thematisieren. Wir starten um 12:30 Uhr am Oranienplatz.

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Presseschau (Auswahl)

26. Februar, Leipziger Volkszeitung: Der Fall der Muldentalkliniken im sächsischen Grimma und Wurzen verdeutlicht die missliche Lage vieler kommunaler Krankenhäuser. Aufgrund der unzureichenden Finanzierung sollten die Krankenhäuser an den Sana-Konzern verkauft werden, der nicht bereit war, Tarifverträge einzuhalten. Nach den gescheiterten Verhandlungen meldete die Geschäftsführung Insolvenz an. Die Ursache für die Misere ist klar: Die Grundversorgung ist unterfinanziert, so dass viele kleine Krankenhäuser unter Geldmangel leiden. Weder Kommune noch Land sprangen bisher zur Rettung ein. „Der Landkreis als Träger hat, solange er selbst nicht insolvent ist, die Verpflichtung, seine Tochtergesellschaften ausreichend auszufinanzieren. Sprich: Der Kreis muss die Kosten der Klinik übernehmen“, bringt es Laura Valentukeviciute von Gemeingut als Sprecherin des Bündnis Klinikrettung auf den Punkt. https://www.lvz.de/lokales/leipzig-lk/wurzen/muldentalkliniken-in-grimma-wurzen-und-leipzig-reaktionen-auf-die-insolvenz-XJBLFISPNZDQTGMSMJZ36QKPDE.html

26. Februar, Wiesbadener Kurier: Das Krankenhauspersonal ist überlastet, die Versorgung der Patient*innen verschlechtert sich vielerorts. Aber eine Akteursgruppe im Gesundheitsbereich freut sich kontinuierlich: die privaten Krankenhauskonzerne. Fresenius, Mutterkonzern der Helioskrankenhäuser, erwartet Gewinnsteigerungen. Die sollen auf dem Rücken der Beschäftigten erwirtschaftet werden, kündigt CEO Sen an. https://www.wiesbadener-kurier.de/wirtschaft/wirtschaft-hessen-und-rheinland-pfalz/fresenius-kuendigt-sparprogramm-bei-helios-kliniken-an-4403936

17. Februar, Tagesspiegel: Bettenabbau ist eines der zentralen Ziele der Krankenhausreform, er soll die Effizienz steigern und Kosten sparen. In diesem Winter lagen die Höchstwerte bei der Bettenauslastung in Deutschland bei über 86 Prozent. Doch was passiert, wenn aufgrund einer hohen Auslastung keine Reservekapazitäten mehr vorhanden sind? Ein aktueller Bericht aus Großbritannien, wo die Bettenauslastung mittlerweile bei 96 Prozent liegt, zeigt, dass hier die sogenannte Korridorpflege zum Normalzustand geworden ist – Patient*innen werden aufgrund überfüllter Zimmer routinemäßig an ungeeigneten Orten versorgt, wo der Zugang zu lebensrettenden Geräten fehlt. https://www.tagesspiegel.de/gesundheit/zusammenbruch-der-pflegestandards-britische-pflegekrafte-berichten-von-sterbenden-patienten-auf-klinikfluren-13032880.html

Die Umsetzung der Krankenhausreform hat gerade erst begonnen, schon häufen sich die Hiobsbotschaften. In Berlin droht sieben Krankenhäusern durch die Reform die Schließung, kürzlich schloss bereits das DRK-Klinikum. https://www.tagesspiegel.de/berlin/analyse-zur-krankenhausreform-fur-diese-sieben-kliniken-in-berlin-konnte-es-schwer-werden-13180588.html [Bezahlschranke] In Bayern sind die Wege ins Krankenhaus so lang, dass es ein Risiko darstellt. https://www.br.de/nachrichten/bayern/kliniken-in-bayern-so-lang-sind-die-fahrtwege-ins-krankenhaus-eine-datenanalyse,UdMS9k3 Immerhin setzt sich die Brandenburger Gesundheitsministerin Britta Müller trotz Reform für den Erhalt von Krankenhäusern ein und fordert dafür finanzielle Überbrückungshilfen vom Bund. Allerdings lässt auch sie es im Unklaren, ob sie Krankenhäuser als Krankenhäuser erhalten möchte oder sie zu Gesundheitszentren herabstufen möchte. https://www.kma-online.de/aktuelles/politik/detail/ministerin-mueller-will-klinik-schliessungen-in-brandenburg-verhindern-53492

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