Die „FAQ“ des Senats zur Berliner Schulbauoffensive – häufig gestellte Fragen, verweigerte Antworten
Von Carl Waßmuth
Der Berliner Senat plant eine von ihm so benannte „Schulbau-Offensive“ mit einem bisher geplanten Gesamtvolumen von 5,5 Mrd. Euro bis 2026. Teil des Vorhabens ist die Übertragung von öffentlichen Aufgaben und öffentlichem Eigentum an die HOWOGE GmbH und die BIM GmbH. Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) kritisiert diesen Teil des Vorhabens. In diesem Zusammenhang wurden den Abgeordneten und den zuständigen Senatoren eine Reihe von Sorgen übermittelt und dazu Fragen gestellt. Der Senat hat diese Fragen nun aufgenommen und nimmt dazu in einer „FAQ“ Stellung [1]. Die formulierten Fragen geben die Fragen von GiB nur teilweise korrekt wieder, einige Fragestellungen sind verzerrt. Besonders ärgerlich ist aber, dass die Fragen zwar wortreich entgegnet, inhaltlich aber überwiegend unbefriedigend oder gar nicht beantwortet werden. Die „FAQ“ des Senats zeigt deutlich, wie dringend eine öffentliche Anhörung zu dem Thema ist. Die Bürgerinnen und Bürger Berlins dürfen erwarten, dass ihnen bei einem so wichtigen Thema ehrlich geantwortet und nicht ausgewichen wird. Nachfolgend dokumentieren wir die „FAQ“ und zeigen im anschließenden Kommentar, inwiefern die Frage unbeantwortet blieb.
Senat:
Im folgenden FAQ haben wir die wichtigsten Fragen zusammengestellt, die in der öffentlichen Diskussion über die Einbindung der HOWOGE in die Schulbauoffensive gestellt wurden: Warum wurde die HOWOGE für die Schulbauoffensive engagiert?wirtschaftliche Stärke (eines der besten landeseigenen Unternehmen)
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umfassende Expertise als Bauherrin und Quartiersentwicklerin
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umfassende Expertise bei der Bereitstellung von Infrastrukturen, z.B. Kitas
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neue Siedlungsflächen liegen vorwiegend im Aktionsradius der HOWOGE
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Bau neuer Quartiere beinhaltet auch den Bau von Kitas und Schulen
Kommentar GiB:
Die HOWOGE wurde angeblich für die Schulbauoffensive engagiert, weil sie wirtschaftlich stark ist. Worin aber besteht diese Stärke? Die HOWOGE ist hoch verschuldet, hat 1,2 Mrd. Euro Schulden. Nun soll sie eine weitere Milliarde Euro Schulden aufnehmen. Wenn die wirtschaftliche Stärke der HOWOGE darin besteht, Gewinne abzuwerfen, so sind das Gewinne auf Kosten ihrer Mieter einerseits und über die steigenden Durchschnittsmieten und den Mietspiegel auch auf Kosten der Mieter in den umliegenden Wohnungen.
Die „umfassende Expertise als Bauherrin und Quartiersentwicklerin“ ist in Frage zu stellen. In der Glogauerstraße baut die HOWOGE gerade hochgradig verdichtet mit schluchtenartig engem Innenhof, also einen Problemkiez von morgen. Sie hat zahlreiche alte Bäume fällen lassen und verunmöglich gleichzeitig am selben Standort die Wiederinbetriebnahme der dortigen Schule.
Die bauliche Qualität der HOWOGE im Wohnungsbau ist dürftig, sie wird z.B. seitens der Architektenkammer als unzureichend kritisiert.
Inwieweit ein „Aktionsradius“ einer Wohnungsbaugesellschaft ein maßgebliches Kriterium ist (und auch was dieser Radius überhaupt an zusätzlichem Handlungsspielraum beinhaltet) muss erst noch dargelegt werden.
Und dass der Bau neuer Quartiere auch den Bau von Kitas und Schulen umfasst, ist eine Binsenweisheit. Aber inwieweit ausgerechnet deswegen eine Wohnungsbaugesellschaft besser darin sein soll, Schulen und Kitas zu bauen, erschließt sich nicht. Im Gegenteil: Wie man schon heute in Kreuzberg sieht, ist das Interesse von Mietern an räumlicher Nähe zu Kitas und Schulen nur dann groß, wenn diese Nähe nicht zu groß ist. Bei unmittelbarer Nachbarschaft entstehen Interessengegensätze.
Senat:
Fragen und Antworten zu den Kosten
Ist die Miete der Bezirke an die HOWOGE umsatzsteuerpflichtig?
Nein. Die Vermietung ist umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 12 UStG. Auch eine Optierung zur Umsatzsteuerpflicht ist nicht möglich.
Kommentar GiB:
Das ist zunächst eine Behauptung. Im Fall der Infrastrukturgesellschaft Verkehr, die genauso als GmbH verfasst sein soll, hat der Bundesrechnungshof die Umsatzsteuerpflichtigkeit vorausgesagt – und gleichzeitig kritisiert.
Senat:
Zahlen die Bezirke drauf?
Nein, die neuen Schulen werden in jedem Fall benötigt. Das gleiche gilt für die dringend notwendigen Großsanierungen. Ob die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen oder die HOWOGE die Arbeiten erledigt, wird für die Bezirke keine Rolle spielen.
Kommentar GiB:
Die Bezirke zahlen drauf, wenn der Schulbau sich durch die spezifische Konstruktion verteuert. Es gibt viele Hinweise darauf, dass so eine Verteuerung unabwendbar ist, von den höheren Zinsen über die erforderlichen Transaktionskosten bis hin zu nur durch den Einredeverzicht eingeschränkten Risikosteuerung. Woher also will der Senat wissen, dass es nicht teurer wird? Hat er diese Wirtschaftlichkeit untersucht (von wem, wie lauten die Ergebnisse)? Der Unterschied für die Bezirke ist enorm. Sie sollen unkündbare 25-Jahresverträge unterschreiben.
Senat:
Wird das durch die Zinsen nicht alles viel teurer?
Nein. Die Zinsen sind überschaubar. Auf die aktuelle Kreditaufnahme bezogen kann man zurzeit mit rund 0,2% Zinsdifferenz rechnen. Der Unterschied ist, dass das Land Berlin ab 2020 keine Kredite mehr aufnehmen kann. Dann müsste das notwendige Geld an anderer Stelle eingespart werden.
Damit der Zinsunterschied klein bleibt, sind kommunalkreditähnliche Konditionen erforderlich. Als Sicherheit dient der Mietvertrag mit den Bezirken. Dazu muss er einredefrei sein, aber nur gegenüber den finanzierenden Banken. Für die Bezirke (und Eltern) bedeutet das: Ist an der Schule etwas nicht ordentlich gemacht, ist die HOWOGE während der Gewährleistungsphase in der Pflicht, Abhilfe zu schaffen. Nicht anders kennen es auch diejenigen, die sich privat ein Haus bauen lassen.
Die Tilgung und Zinszahlung darf aber nicht eingestellt werden – so, als hätte der Bezirk selbst oder die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gebaut und dafür Kredite aufgenommen.
Kommentar GiB:
Zunächst steckt in der Aussage: Ja, es wird teurer („überschaubar“). Wie viel teurer wird es denn nach Einschätzung des Senats? Jeglichen Mehrkosten muss ja ein Mehrwert gegenüberstehen. Auch eine Zinsdifferenz von 0,2 % bedeutet Millionen Euro an Mehrkosten!
Ein Einredeverzicht „nur gegenüber den Banken“ ist zudem keine Errungenschaft. Das bedeutet ja, dass das Geld an die Banken in jedem Fall gezahlt werden muss, es verlässt somit den Landeskreislauf. Die Banken würden das Geschäftsmodell der HOWOGE im Schulbau wesentlich strenger prüfen, wenn man sie nicht mit dieser Sicherheit ruhig stellen würde. Den Steuerzahlenden in Berlin hilft die Gewährleistungspflicht der landeseigenen HOWOGE wenig. Tritt irgendein Schaden ein, muss die Miete in jedem Fall bezahlt werden. Mit anderen Worten: Würde man den Einredeverzicht weglassen und käme eine Bank zum Ergebnis, dass das Geschäftsmodell der HOWOGE im Bereich der Schulen hochriskant ist, würde man das am angebotenen hohen Zins bemerken – und im Zweifel auf die Kreditaufnahme und das ganze Geschäft verzichten. Mit Einredeverzicht kann das Geschäftsmodell ebenfalls hochriskant sein – es bleibt nur unerkannt, weil das Land Berlin und die Bezirke diese Risiken übernehmen. Und das sind wohlgemerkt Risiken, die allein aus der privatrechtlichen Konstruktion herrühren. Die Baurisiken kommen noch dazu.
Senat:
Zahlen die Wohnungsmieter dann die Schulen?
Nein. Mit eigenen Rechnungs-/Buchungskreisen werden sämtliche Investitionen, Kosten und Erträge klar dem Schulbau bzw. dem Wohnungsbau zugewiesen. Leistungen, die nicht im Bereich des Schulbaus erbracht werden, werden über fixierte Regularien inklusive revisionssicherer Dokumentation abgerechnet und dem Schulbau zugeordnet. Ganz so, wie es bei Geschäftsbesorgungsverträgen bei Tochtergesellschaften laufen würde. Ganz deutlich gesagt: Gewinne und Verluste im Bereich Schulbau schlagen nicht auf die Wohnungsmieten durch.
Kommentar GiB:
Hier ist von „eigenen Rechnungs-/Buchungskreisen“ die Rede. Die HOWOGE bleibt dennoch eine einzige GmbH, und zwar eine GmbH, die schon 1,2 Mrd. Euro Schulden hat und die nun ihren Geschäftsbereich erheblich in Richtung Bauen ausweitet. Banken, die die bisherigen Kredite vergeben haben, werden die HOWOGE neu bewerten, bevor sie einer Umschuldung oder Neuvergabe eines ausgelaufenen Kredits zustimmen. Und so etwas kommt laufend vor! Bisher konnte die HOWOGE dabei wegen des insgesamt sinkenden Zinsniveaus ihre Zinslast sogar senken. Mit dem Einstieg in den Schulbau kehrt sich dieser Trend um: Die eigenen Rechnungs-/Buchungskreisen für die Schule sind für die Banken irrelevant, sie wissen: Wenn Ausgaben für den Schulbau nicht von Einnahmen gedeckt werden, ist auch die Rückzahlung der Kredite im Wohnungsbereich bedroht. Also werden dort die Zinsen steigen – und das wird den Mietern angelastet, und somit steigen dort auch die Mieten.
Senat:
Welche zusätzlichen Risiken werden mit dem neuen Modell eingegangen? Stichworte Baukostenexplosionen, Insolvenzgefahr bei der HOWOGE
Grundsätzlich gilt, dass die HOWOGE bei der Übernahme von Risiken nicht schlechter gestellt wird als die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Die HOWOGE übernimmt keine für bei der Beauftragung nicht erkennbar gewesene Risiken, wie versteckte Altlasten (z.B. unerkannte Schadstoffe innerhalb von Bauteilen) oder versteckte Mängel bei der Statik.
Kommentar GiB:
Nun ist die Senatsverwaltung aber eben eine Verwaltung und keine GmbH. Baukostenexplosionen führen nur bei der HOWOGE zur Insolvenzgefahr, der Senat kann nicht pleitegehen. Ins System Schulbau wird also eine Insolvenzgefahr eingebaut, die es vorher gar nicht gab. Die HOWOGE übernimmt zudem womöglich keine versteckten Mängel, aber in jedem Fall übernimmt sie bei der Beauftragung erkennbar gewesene, aber nicht erkannte Risiken. Derer gibt es viele, insbesondere im Bestandsbau. Aber so etwas ist auch im Neubau möglich, wenn man aus den Unterlagen zum Grundstück und zu den sich den sich für den spezifischen Schultyp ergebenen Anforderungen die falschen Schlüsse zieht. Bei den bisher nur vorgesehenen 15 Stellen, die die HOWOGE schaffen will, sind solche Fehler geradezu vorprogrammiert.
Senat:
Baukostensteigerungen können auch für Projekte der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen anfallen. Kostensicherheit wird erreicht durch eine enge Abstimmung und paralleles Vorgehen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Es werden allgemeingültige Qualitäts- und Baustandards (z. B. Eingriffsintensität bei Sanierung) definiert, um eine Vergleichbarkeit herzustellen und ein Benchmarking zu ermöglichen. Die HOWOGE legt dem Land einen Vorschlag für ein internes Controlling vor. Das Vorgehen entspricht dem im Bereich Wohnungsbau der HOWOGE und dem Vorgehen der BIM bei der Sanierung von zentralverwalteten Schulen, Gerichten, Vollzugsanstalten, Polizei- und Feuerwehrgebäuden, Finanzämtern und Bürogebäuden. Eine Regelung findet im Rahmenvertrag statt.
Kommentar GiB:
Es gibt wohl kaum jemanden, der im Bereich Bauen in Deutschland tätig ist und der leugnet, dass das deutsche Bauen viel zu viele Normen und Vorschriften aufweist. Gerade beim öffentlichen Bauen kommen Kostensteigerungen wegen und nicht trotz dieser erheblichen Anzahl von zu beachtenden Normen zustande. Es erscheint deswegen wenig überzeugend, wenn nun behauptet wird, mit Hilfe von weiteren Standards, die zusätzlich zu den schon per Gesetz zu beachtenden Normen zu berücksichtigen sind, würden Baukostensteigerungen vermieden werden. „Enge Abstimmung und paralleles Vorgehen“ mag man sich wünschen, faktisch kommen zu den zusätzlichen Standards auch noch zusätzliche Schnittstellen zwischen Senatsverwaltung und HOWOGE dazu, die Schnittstellenverluste und zusätzliche Risiken mit sich bringen. Die BIM ist in Berlin übrigens kein Positivbeispiel, eher im Gegenteil. Viele der für den Schulbau zu erwartenden Probleme musste und muss man dort schon erleben.
Senat:
Zur Frage der Insolvenz: Die HOWOGE ist eine 100%ige landeseigene Gesellschaft mit begrenzter Haftung. Das Land Berlin ist als alleiniger Gesellschafter in der Verpflichtung. Die Grundstücke bleiben im Eigentum des Landes Berlin. Die Mietverträge bleiben gültig. Im Erbbaurechtsgesetz ist der Übergang auf das Land Berlin bei Auslaufen der Erbbaurechtsverträge gesetzlich geregelt. Dies würde auch bei einer Insolvenz gelten. Im Übrigen ist mit diesem rein theoretischen Szenario unter keinen denkbaren Umständen zu rechnen, da dann auch rd. 60.000 städtische Wohnungen betroffen wären, die zur Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung erforderlich sind.
Kommentar GiB:
Dass die HOWOGE eine Gesellschaft mit begrenzter Haftung ist, bedeutet, dass sie pleitegehen kann. Es mag sein, dass der derzeitige Senat das nicht wünscht und auch davon ausgeht, dass künftige Regierungen das ebenfalls nicht wünschen werden. Das solche Szenarien aber alles andere als theoretisch sind, hat man bei der Bankgesellschaft erlebt, und man erlebt es bei der für das BER-Chaos verantwortliche Flughafengesellschaft FBB fortlaufend – ohne das zusätzliche Geld der Eigentümer wäre die FBB längst pleite. Es ist auch nicht zutreffend, dass das Eigentum an den Grundstücken beim Land Berlin bleibt. Wesentliche Teile dieses Eigentums – insbesondere das wirtschaftliche Eigentum – werden an die HOWOGE übertragen und würden damit mit in die Insolvenzmasse geraten. Wenn der Senat voll für die Kredite und Risiken der HOWOGE eintreten möchte, muss er dafür eine Bürgschaft eingehen. Das möchte man aber nicht, weil es dann aus ist mit den abenteuerlichen Tricks zur Umgehung der Schuldenbremse. Man sieht also: Die Übertragung von erheblichen Risiken auf die HOWOGE gehört zum Konzept. Die Beteuerungen des Senats zur Beruhigung von Mietern und Steuerzahlenden sind somit wenig glaubwürdig.
Senat:
Woher soll das Geld für die Kreditrückzahlung der HOWOGE kommen – von den Mietern?
Die Bezirke entrichten Mieten für die von der HOWOGE gebauten bzw. grundsanierten Schulen. Dabei orientiert sich deren Höhe an der Kostenmiete, sie beinhaltet also die Kapitalkosten (Zins und Tilgung), Erbbauzinsen und Gebühren. Die Bezirke werden durch die Wahl des Bauausführenden nicht schlechter gestellt. Das bedeutet, dass eventuelle Mehrkosten aus Bearbeitungskosten bei der HOWOGE gegenüber einer Erstellung / Sanierung durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen den Bezirken ausgeglichen werden. Die Alternative ist übrigens der Nicht-Bau bzw. die Nicht-Sanierung von Schulen, da das Land Berlin an der Aufnahme neuer Schulden ab 2020 durch die grundgesetzliche Schuldenbremse gehindert ist.
Kommentar GiB:
Was eine Kostenmiete ist, wissen viele noch aus dem sozialen Wohnungsbau in Westberlin. Da darf man nahezu alles auf die Miete umlegen, was so anfällt – gleichgültig ob die Mieten dabei ins Unermessliche steigen. Kapitalkosten ist zum Beispiel nur ein anderer Ausdruck für die Gewinne der Banken an dem Modell. Auch der Begriff „Gebühren“ sollte Alarmglocken schrillen lassen – mussten die Schulen denn bisher auch schon Gebühren an den Senat für dessen Amtshilfe bezahlen? Dass das Land die Bezirke nicht pleitegehen lassen kann, beruhigt vielleicht die BezirksbürgermeisterInnen und sichert deren Zustimmung zum Modell. Die Steuerzahlenden haben aber das Nachsehen – der Staat geht auf ihre Kosten viel zu hohe Risiken ein und garantiert die Deckung aller Ausgaben. Dass die Alternative der Nicht-Bau bzw. die Nicht-Sanierung von Schulen ist, stimmt obendrein nicht. Natürlich kann das Land Berlin seine Schulen bauen. Das Geld ist da, und wenn es knapp wird, so darf man eher bei einem Flughafen kürzen, der nicht eröffnet, als bei den Schulen. Die Alternative ist also eine ehrliche Haushaltspolitik!
Senat:
Kann bzw. soll die HOWOGE einen 1,5 Mrd.-Euro-Kredit innerhalb von zehn Jahren tilgen? Oder wird die Kreditlaufzeit länger sein? Oder wird gar nicht getilgt?
Es ist vorgesehen, dass die HOWOGE für die einzelnen Bauprojekte Kredite aufnimmt und diese innerhalb von 25 Jahren tilgt.
Kommentar GiB:
Die HOWOGE fängt nach Angaben des Senats frühestens 2020 mit bauen an, teilweise auch erst nach 2026. Es geht also um Kredite, die bis 2045 oder sogar bis nach 2050 laufen.
Senat:
Wie hoch werden die Mehrkosten sein? Stichworte: Zinsunterschied, akkumuliert über die Laufzeit des Kredits
Erfahrungsgemäß wird es eine Zinsdifferenz zwischen Krediten für das Land Berlin und der HOWOGE geben. Dieser ist aus den bisherigen Erfahrungen relativ gering, da durch den Einredeverzicht gegenüber den Banken kommunalkreditähnliche Konditionen erreicht werden. Über das Portfolio der Schulden der HOWOGE der letzten Jahre gerechnet liegt dieser Wert zurzeit bei rund 0,5 Prozent, auf die aktuelle Kreditaufnahme bezogen kann man zurzeit mit rund 0,2 Prozent Zinsdifferenz rechnen.
Kommentar GiB:
„Bisherige Erfahrungen“ mit einer solchen Konstruktion gibt es nur in Hamburg. Und dort betrug der Zinsunterschied nicht 0,2 oder 0,5 Prozent sondern über zwei Prozent. Woher nimmt also der Finanzsenator seinen Optimismus? Ganz abgesehen davon dass bei einem 1,5-Mrd.-Euro-Kredit auch 0,2 Prozent Zinsdifferenz an Mehrkosten Zinsen von 40 Millionen Euro verursachen. Das Geld reicht für ganze Schule! 0,5 Prozent Zinsdifferenz kosten gleich 100 Millionen Euro und 2 Prozent über 400 Millionen Euro. Hier geht es also um richtig viel Geld. Es darf erwartet werden, dass bei so viel Steuergeld eine solide Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorgelegt wird. Wo ist diese Untersuchung? Wir wollen sehr gerne seriös dargelegt bekommen, wie der Senat die Wirtschaftlichkeit seines Vorhabens belegt. Und dabei kann es nur um eine volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtung des Landes gehen, denn ein wirtschaftlicher Nutzen für den Schulbau zu Lasten des Wohnungsbaus muss mitbetrachtet werden.
Senat:
Im Übrigen ist diese Überlegung rein hypothetisch, da dem Land Berlin ab 2020 eine Schuldenaufnahme verwehrt ist.
Kommentar GiB:
Noch ist 2018. Berlin kann, wenn es das für nötig hält, 10 Milliarden an Schulden aufnehmen, und zwar zu extrem günstigen Konditionen. Es ist auch nicht die Schuldenaufnahme generell, sondern nur die Netto-Schuldenaufnahme verboten, und das auch nur unter bestimmten Bedingungen.
Senat:
Es ist zu ergänzen, dass die HOWOGE als zusätzlicher Akteur dazu beiträgt, dass schneller Schulen gebaut werden. Bei einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung muss dieser Punkt berücksichtigt werden.
Kommentar GiB:
Die HOWOGE muss Wohnungen bauen. Diese Verpflichtung ist sie bereits eingegangen, und hier ist sie auch unverzichtbar, nachdem Berlin die Zahl der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften von 20 auf sechs reduziert und über 100.000 Wohnungen privatisiert hat. Allerdings kommt die HOWOGE ihrer Wohnungsbauverpflichtung leider nicht vollumfänglich nach, sie erweist sich als überfordert. Schon 2015 in der sogenannten Flüchtlingskrise war es dem Hörensagen nach unter den Wohnungsbaugesellschaften die HOWOGE, die eine Unterstützung bei der Aufnahme geflüchteter Menschen verweigerte mit Hinweis auf fehlende Kapazitäten. Ein Abteilung Schulbau hatte die HOWOGE bisher nicht. Die überforderte HOWOGE soll nun also ein zusätzliches Geschäftsfeld im Bereich Schulen in der Größenordnung von 1,5 Milliarden Euro übernehmen. Das kann nicht anders gehen als durch das Abziehen von Fachkräften aus dem Wohnungsbau – wo sonst soll denn das zusätzliche Wissen und die sollen die zusätzlichen Kapazitäten herkommen? Natürlich kann die HOWOGE auch neu einstellen. Aber irgendjemand muss diese neuen Leute anweisen und einarbeiten. Durch die Übernahme des Geschäftsfeldes „Schulen“ wird also das Geschäftsfeld „Wohnungsbau“ geschwächt.
Senat:
Fragen und Antworten zum Stichwort „Privatisierung“
Ist das alles nicht der erste Schritt zur Privatisierung?
Nein, die Einbindung der HOWOGE ist ein notwendiger Schritt zur Beschleunigung. Eine Privatisierung kann jederzeit erfolgen, wenn es eine entsprechende politische Mehrheit dafür gibt – unabhängig davon, ob die HOWOGE in der Schulbauoffensive eingebunden ist oder nicht. Klar ist aber auch: Der jetzige Senat stärkt öffentliche Unternehmen in ihren Aufgaben und verkauft sie nicht.
Kommentar GiB:
Die BSO privatisiert Schulbau formell durch die Überführung von öffentlicher Aufgaben ins Privatrecht und durch die Abgabe des Eigentums an den Schulen per Erbbau. Die Folgen formeller Privatisierung sind regelmäßig Intransparenz, eine deutlich schlechtere demokratische Steuerung sowie die Erleichterung späterer Verkäufe (der materiellen Privatisierung). Schulen können zwar auch heute schon verkauft werden. Aber erst mit der BSO werden sie in ein Finanzprodukt überführt, das Gewinne und Risiken hat, die von den Finanzmärkten eingeschätzt werden können. Privatisiert werden auch die Zahlungsverpflichtungen aus den über 25 Jahre unkündbaren Mietverträgen. Diese Mieten sollen den kreditgebenden Banken im Zuge eines sogenannten „Einredeverzichts“ als Sicherheit überlassen werden – alle Mieten, für 25 Jahre..
Mit der neuen Senatsvorlage wird jetzt auch klar: Die HOWOGE soll zu einer sogenannten Projektgesellschaft für öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) umgebaut werden. Das ganze Konstrukt ist von vorne bis hinten ÖPP, also eine massive funktionale Privatisierung. Sogar den ÖPP-typischen Einredeverzicht soll es geben.
Senat:
Haben Finanzspekulanten Zugriff auf unsere Schulen oder Grundstücke?
Nein. Die Grundstücke verbleiben beim Land Berlin, es wird nur ein Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen.
Kommentar GiB:
Die Grundstücke gehen per Erbbau an die HOWOGE, und ob die selbst beim Land Berlin bleibt, steht in den Sternen. „Nur ein Erbbauvertrag“ – als wäre das etwas Harmloses! Bei den Bezirken bzw. beim Land Berlin verbleibt allein das zivilrechtliche Eigentum, das sich grundsätzlich auf die Veräußerbarkeit beschränkt. Das wird zum „nudum jus“, zum leeren, ausgehöhlten Recht, denn es lässt sich damit für den vertragszeitraum nichts Maßgebliches bewirken. Alles andere, insbesondere das Recht zum Gebrauch, das Recht zur Ziehung von Nutzungen sowie der Besitz gehen für drei Schülergenerationen komplett und unwiederbringlich an die HOWOGE.
Senat:
Wie wird verhindert, dass die HOWOGE Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) eingeht?
Kommentar GiB:
Das ganze Konstrukt ist bereits in sich eine öffentlich-private Partnerschaft – mit der HOWOGE als ÖPP-Projektgesellschaft. Solche ÖPP-Konstruktionen sind zunächst eine Geldbeschaffungsmaßnahme für die kreditgebenden Banken – so auch hier, vermutlich 90 Prozent der Kredite soll von Banken kommen, die dafür die Mieten per Einredeverzicht zugesichert bekommen. Auch werden bei ÖPP regelmäßig viele Millionen Euro allein dafür aufgewendet, um mit Hilfe von Beratern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwaltskanzleien das komplexe Vertragswerk überhaupt einzusetzen. Auch das ist hier zu erwarten. Wesentliche weitere Mehrkosten entstehen durch Nachforderungen, die sich aus den starren, 25 Jahre lang laufenden Verträgen ergeben.
Senat:
Eine Beteiligung Privater an der HOWOGE ist nicht vorgesehen. Auch projektbezogene Beteiligungen Dritter sind nicht vorgesehen. Die Einbindung privater Unternehmen erfolgt wie beim Neubau von Wohnungen durch die HOWOGE in der Umsetzung durch die Vergabe Planungs-, Projektsteuerungs- und von Bauaufträgen über Ausschreibungen.
Kommentar GiB:
Eine Beteiligung Privater an der GSW war 2002 auch nicht vorgesehen – und dennoch wurde sie 2004 verkauft. Natürlich kann der Senat die HOWOGE auch ohne das neu implantierte Schulbau-ÖPP-Konstrukt verkaufen. Das wäre auch schlimm. Aber mit den Schulen im Paket eben nochmals wesentlich schlimmer.
Senat:
Selbstverständlich unter Beachtung des öffentlichen Vergaberechts, wie es auch bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen erfolgt.
Kommentar GiB:
Das öffentliche Vergaberecht muss bedauerlicherweise nur bei der Vergabe an die Großkonzerne beachtet werden. Auf dieser Ebene ist das Vergaberecht jedoch zahnlos, da es ohnehin nur sehr wenige Firmen gibt, die derartig große Bauvolumen anbieten können. Die Großfirmen selbst können jedoch selbst weiter vergeben – die übliche und enorm schädliche Sub-Sub-Subkette ist nicht verboten. Sie führt zu Lohndumping, fördert Schwarzarbeit und die Verwendung minderwertiger Bauverfahren und Baumaterialien. Der BER lässt grüßen.
Senat:
Wie wird rechtssicher und dauerhaft verhindert, dass Anteile der HOWOGE verkauft werden?
In dieser Frage kann naturgemäß keine dauerhafte Rechtssicherheit bestehen. Anteile an öffentlichen Unternehmen können ebenso verkauft werden wie Schulgebäude im öffentlichen Besitz, sofern dafür politische Mehrheiten im Abgeordnetenhaus existieren. Zukünftige Parlamente als Souverän können in solchen Fragen nicht gebunden werden. Es ist jedoch nicht geplant, Anteile der HOWOGE zu verkaufen.
Kommentar GiB:
Jeder materiellen Privatisierung geht die formelle Privatisierung zwingend voraus. Wir sind die Zusicherungen leid, dass „niemand verkaufen will“. Auch bei der formellen Privatisierung der Deutschen Bahn wollte „niemand verkaufen“, und keine fünf Jahre später wollten sich die Parteien, die das Versprechen gegeben hatten, nicht mehr daran erinnern. Eine öffentliche Verwaltung kann man nicht verkaufen. Das ist rechtssicher und dauerhaft so. Die richtige Antwort lautet also: dazu muss man die Schulen in öffentlicher Verwaltung belassen.
Schulen können zwar auch heute schon verkauft werden. Aber erst mit der BSO werden sie in ein Finanzprodukt überführt, das Gewinne und Risiken hat, die von den Finanzmärkten eingeschätzt werden können, siehe oben. Und erst mit der BSO entsteht eine Rechtsform, die eine Kapitalbeteiligung ermöglicht. Der Senat bereitet also den Verkauf vor, und seine Beteuerungen, was „nicht geplant“ ist, sind eben nur Willenserklärungen.
Senat:
Sollen Berliner Schulen in einen Infrastrukturfonds von privaten Anlegern eingegliedert werden?
Nein, es bleibt bei der 100%igen Anteilseignerschaft des Landes Berlin an der HOWOGE und bei ihrem Eigentum an den errichteten oder sanierten Schulgebäuden.
Kommentar GiB:
Die sogenannte Berliner Schulbauoffensive folgt Punkt für Punkt eine Gutachten, das das Berater-Unternehmen PricewaterhouseCoopers 2016 vorgelegt hat. Der Titel des vom damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Auftrag gegebenen Gutachtens lautet: „Rechtliche und institutionelle Voraussetzungen zur Einführung neuer Formen zur privaten Finanzierung öffentlicher Infrastrukturvorhaben unter Einbindung einer staatlichen Infrastrukturgesellschaft“. Bevor Herr Kollatz-Ahnen Finanzsenator in Berlin wurde, war er bei eben genau diesem Berater-Unternehmen – PricewaterhouseCoopers – beschäftigt. „ Es bleibt bei der 100%igen Anteilseignerschaft“ – wirklich?
Die aktuelle Regierung verfügt nicht über eine verfassungsändernde Mehrheit. Werden mit der Schulbauoffensive Strukturen geplant, die späteren Regierungen leicht Privatisierungen ermöglichen?
Eine Privatisierung durch spätere Regierungen bei entsprechenden parlamentarischen Mehrheiten ist jederzeit möglich, unabhängig von den Strukturen der Schulbauoffensive. Die Strukturen sind jedoch notwendig zur Beschleunigung durch eine Aufgabenteilung zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, den Bezirken, der BIM sowie der HOWOGE.
Kommentar GiB:
Durch die sogenannte Berliner Schulbauoffensive wird ein späterer Komplettverkauf wesentlich leichter und auch attraktiver. Siehe den Hinweis „kalkulierbare Einnahmen und Risiken“.
Kann die HOWOGE nicht einen wachsenden Einfluss auf zentrale Entscheidungen des Schulbaus nehmen? Oder anders gefragt: Wenn nicht, warum dann wird eine formelle Privatisierung überhaupt unternommen?
Das Ziel der Einbindung der HOWOGE in die Schulbauoffensive ist die Beschleunigung von Schulbau und -sanierung. Die HOWOGE erbringt Leistungen im Rahmen der mit ihr zu schließenden Verträge. Es handelt sich um einen Rahmenvertrag mit dem Land Berlin sowie Verträge zu den einzelnen Schulstandorten mit den Bezirken. Wachsender Einfluss der HOWOGE auf zentrale Entscheidungen des Schulbaus ergeben sich daraus nicht, zumal es sich bei der HOWOGE um eine 100%ige Landesgesellschaft handelt.
Kommentar GiB:
Soviel zum Ziel der Einbindung der HOWOGE, aber wie lautet die Antwort auf den Effekt? Wer fragt heute noch, was das Ziel war, die FBB GmbH mit dem Flughafenbau zu betrauen?
Fragen und Antworten zum Verfahren und zur Partizipation
Werden Eltern und Schulen an der Schulbauoffensive beteiligt?
Ja. Wie im Schulgesetz vorgesehen, werden die Gremien beteiligt.
Kommentar GiB:
Allerdings werden diese Gremien in maßgeblichen Fragen nichts mehr mitzubestimmen haben, denn hier entscheidet allein die HOWOGE. Wichtige Informationen werden ihnen auch vorenthalten bleiben, denn die HOWOGR unterliegt nicht dem Informationsfreiheitsgesetz.
Als neue Partizipationsform wurde der Landesbeirat Schulbau auf Landesebene gegründet. Die Partizipationsverfahren werden für alle Baudienststellen, ob Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Bezirke oder HOWOGE vergleichbar entwickelt und umgesetzt. Die Schulgemeinschaft soll aktiv in die Planungs- und Bauprozesse eingebunden werden. Um das zu gewährleisten, erarbeitet die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie einen Leitfaden für Partizipation bei Schulneubau, der im Sommer fertig sein soll.
Kommentar GiB:
Was ist an den jetzigen Beteiligungsformen schlecht? Sie wurden nie kritisiert und haben jahrzehntelang gut funktioniert. Sie sind verbindlich und können – im Rahmen der bisherigen Organisation von Schulbau – sogar zu einklagbaren Rechten führen. Neue, weniger verbindliche – und erst recht noch neu zu entwickelnde – Partizipationsformen können den unverrückbaren Festlegungen in den auf 25 bis 32 Jahre angelegten, unkündbaren Verträgen nicht das Wasser reichen. Tatsächlich werden gerade jetzt, in Hinterzimmern, in den nicht öffentlichen Treffen der Task Force Schulbau und der Steuerungsgruppe Schulbau, von der HOWOGE und ihren Beratern Randbedingungen festgelegt, die in Rahmenverträge und später in Miet- und Bauleistungsverträge einfließen sollen. Diese Verträge werden jeder Partizipationsform deutlich überlegen sein.
Klar ist aber auch: Wenn die Planung zusammen erarbeitet ist und es auf der Baustelle losgeht, wird nichts mehr geändert. Umplanungen verteuern und verzögern unnötig.
Kommentar GiB:
Künftige Partizipationsformen dürfen dann also nichts mehr verändern. Aber nicht etwa, weil sie verteuern oder verzögern würden – das stimmt auch nicht –, sondern weil die ganze Rechtskonstruktion der BSO ÖPP-typisch auf ultralanglaufende Verträge abgestellt ist. Tatsächlich wäre Partizipation imstande, auf Fehler in der Planung – und dazu wird es unweigerlich kommen, niemand ist perfekt – rechtzeitig hinzuweisen. Gleiches gilt für Fehler, die sich aus dem Bauen ergeben – die Nutzer werden von jeglicher Beteiligung und auch von jeglicher ausgesperrt, sie dürfen sich erst wieder äußern, wenn Gefahr im Verzug ist.
Warum nicht die Beteiligung von Schulleitungen, LehrerInnen, Eltern, SchülerInnen und BürgerInnen stärken, statt Beteiligung und Transparenz durch das Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen einer GmbH zu verunmöglichen?
Es ist vorgesehen, die Rahmenverträge und Musterverträge öffentlich zu machen. Eine Kontrolle findet wie im Bereich Wohnungsbau über den Unterausschuss Beteiligungsmanagement und Controlling statt. Die Beteiligung von Schulleitungen, LehrerInnen, Eltern, SchülerInnen und BürgerInnen an den konkreten Projekten ist im gleichen Ausmaß möglich und geplant wie bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen.
Kommentar GiB:
Rahmenverträge und Musterverträge sind teilweise auch von anderen ÖPP-Projekten öffentlich. Entscheidend sind aber die konkreten Verträge. Aus ihnen – und nicht aus den Musterverträgen – ergeben sich die Rechte der HOWOGE. Warum sollen also diese konkreten Verträge nicht veröffentlicht werden – am besten vor der Unterschrift, so dass man im Zweifel den Vertrag noch ablehnen kann. Der Unterausschuss Beteiligungsmanagement und Controlling hat, wie schon mehrfach erwähnt, über 60 Beteiligungen des Landes Berlin zu überwachen, dazu kommen über 100 indirekte Beteiligungen. Er ist rein organisatorisch außerstande, Dutzende Bauvorhaben einer dieser Beteiligungen – der HOWOGE – so zu überwachen und zu steuern, wie das die Bezirke mit Hilfe der betroffenen Eltern, Schüler und Lehrer könnten.
Bei der HOWOGE muss doch erst alles aufgebaut werden, verzögert das dann nicht den Schulbau?
Nein. Die HOWOGE macht das, was sonst liegenbleiben würde. Geplant ist der Beginn der Baumaßnahmen der HOWOGE ab 2020. In die konkreten Planungsphasen wird noch in 2018 eingestiegen werden. Personell hat die HOWOGE bereits erste Strukturen aufgestellt und wird diese erweitern, um ihren Teil der Schulbauoffensive zu schultern.
Kommentar GiB:
Die HOWOGE hat keinerlei freie Kapazitäten. Sie schafft noch nicht einmal das, was sie dem Senat und den BürgerInnen Berlins in Sachen Wohnungsbau versprochen hat. Bei der HOWOGE bleibt also jetzt schon etwas liegen. Sie erklärt deswegen auch öffentlich, dass sie selbst gar nicht planen möchte, sondern nur die Planung als Auftrag an Dritte vergeben. Die „ersten Strukturen“, die die HOWOGE aufgebaut haben will, sollen sich nach Aussage der Geschäftsführerin Stefanie Frensch bis zum Jahresende auf ganze 15 Stellen summieren. Ein riesiger Strukturumbau für 15 zusätzliche Stellen? Benötigt werden eher einige hundert, wenn man nur die Stellen ausgleichen möchte, die in den vergangenen Jahren fahrlässig abgebaut wurden. Und wieso konnte der Senat diese 15 Stellen nicht schon 2016 selbst schaffen? Auch diese 15 Stellen muss der Senat übrigens bezahlen. Die HOWOGE macht nichts umsonst, das erlaubt ihre Satzung gar nicht. Die angebliche Erweiterung durch die HOWOGE ist also zum einen von der Größenordnung her geradezu lächerlich und zum anderen nur eine Verlagerung statt eine Erweiterung.
Wie wird die HOWOGE kontrolliert?
Die parlamentarische Kontrolle der HOWOGE erfolgt – wie im Wohnungsbau – im Rahmen des Unterausschusses Beteiligungsmanagement und -controlling des Hauptausschusses, dessen Informationsrechte uneingeschränkt gelten. Die Bezirke schließen Verträge mit der HOWOGE, hier gelten die üblichen Regeln für die Beteiligung der Bezirksverordnetenversammlungen. Der Hauptausschuss erhält halbjährlich einen schulscharfen Bericht über die Bau-, Sanierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen. Die Senatsverwaltungen für Finanzen sowie für Stadtentwicklung und Wohnen überwachen die Tätigkeit der HOWOGE im Rahmen des Beteiligungs- und Fachcontrollings. Für den Rahmenvertrag werden genauere Regelungen in der Steuergruppe festgelegt werden. Sowohl die Rahmen- als auch die Musterverträge werde öffentlich gemacht.
Kommentar GiB:
Es gibt noch ein Unternehmen, dessen „ parlamentarische Kontrolle im Rahmen des Unterausschusses Beteiligungsmanagement und -controlling des Hauptausschusses“ erfolgt, „dessen Informationsrechte uneingeschränkt gelten“: Die für das BER-Desaster verantwortliche FBB GmbH. Dort hat sich gezeigt, dass die Steuerung der GmbH gerade nicht möglich ist – auch nicht bei 100 Prozent öffentlichem Eigentum und per gesellschafterbeschluss.
Ist es erforderlich, für die Schulbauoffensive die Berliner Landesverfassung zu ändern?
Nein, da die Schulträgerschaft der Bezirke unabhängig von der Frage, wer baut oder saniert, nicht berührt wird.
Kommentar GiB:
Die öffentliche Aufgabe „Schule“ geht von der Bereitstellung der Grundstücke über die Ermittlung des Bedarfs an Schulplätzen, die Bereitstellung von Lehrkräften, den Bau von Schulen, den Erhalt und Betrieb der Schulen, die Gewährleistung der Sicherheit von SchülerInnen und LehrerInnen (den Gesundheitsschutz), die Sozialarbeit an Schulen, die Bereitstellung der gesetzlichen Grundlagen, der Lehrpläne und Lehrmittel bis hin zu Schulreinigung und Schulessen. Dieses Bündel an Aufgaben greift ineinander und wird durch den Begriff „Schulträgerschaft“ nicht vollständig beschrieben. Die Landesverfassung , Das Allgemeine Zuständigkeitsgesetz sowie Schulgesetz weisen den Bezirken die Aufgabe „ Schule“ zu, und auf dieser Basis haben die Bezirke auch diese Aufgabe bisher erfüllt. Soll nun ein Dritter bauen, betreiben und erhalten, so wirft das erhebliche verfassungsrechtliche Fragen auf. Der Verweis auf die Schulträgerschaft beantwortet die Frage also nicht ausreichend.
Warum nicht das Personal in der öffentlichen Hand ausbauen und besser entlohnen, statt der Schul-GmbH zu erlauben, der Bauverwaltung die Fachkräften abzuwerben?
Alternativ mehr Stellen bei den Bezirken oder der Hauptverwaltung zu schaffen, führt nicht zu einer Beschleunigung und nur sehr langfristig zu einer Erhöhung der Baukapazität, da durch Geltung des TvL der Personalgewinnung enge Grenzen gesetzt sind.
Kommentar GiB:
Im Unterschied zur HOWOGE und zur BIM kann man bei den Bezirken und in der Hauptverwaltung auf die Einstellung Einfluss nehmen. Und damit kann man die Personalgewinnung erheblich beschleunigen! Die Möglichkeiten der Tarifverträge in der Personalgewinnung wurden bisher bei weitem nicht ausgeschöpft, ausgeschriebene Stellen wurden viel zu niedrig eingestuft, Stufenvorwegnahmen nicht gewährt, Verträge teilweise nur befristet angeboten. Die HOWOGE hingegen hat bereits erklärt, dass sie die mit dem Schulbau anstehenden Planungsaufgaben gar nicht selbst übernehmen wird (und deswegen dafür auch niemanden einstellen wird), sondern plant, das an Dritte abzugeben.
Warum nicht die Schulsanierungen sofort starten, statt jetzt jahrelang eine GmbH aufzubauen – als Parallelstruktur zu den Bezirken und mit all den Privatisierungsfolgen?
Wie erläutert baut die HOWOGE selbst, so dass die Gründung und der Aufbau einer Tochter-GmbH nicht in Betracht kommen. Die HOWOGE verfügt über vielfältige Erfahrungen im Neubau und in der Sanierung und hat bereits ein ausreichend großes Stammpersonal, um die neue Aufgabe sofort angehen zu können.
Kommentar GiB:
Das „ausreichend große Stammpersonal“ der HOWOGE schafft die der HOWOGE übertragenen Aufgaben im Wohnungsbau schon nicht. „Vielfältige Erfahrungen im Neubau und in der Sanierung“ liegen für den Wohnungsbau vor, für den Schulbau hingegen überhaupt nicht. Was die HOWOGE also machen soll, kommt in der Aufgabenstellung der Neugründung einer GmbH nahe. Darauf deutet auch, dass dazu ein zusätzlicher Geschäftsführer eingestellt werden soll und dass die Abteilung Schulbau einen komplett eigenständigen Rechnungs- und Buchhaltungskreis erhalten soll, der mit dem Wohnungsbau „in keiner Weise“ verbunden sein soll. Das anvisierte Volumen von 100 Millionen Euro pro Jahr liegt vom Umfang her in derselben Größenordnung wie die bisherige Tätigkeit der HOWOGE im Wohnungsbau. Es geht also um ein großes neues Geschäftsfeld –das fraglos erst einmal aufgebaut werden muss. Das wird Jahre dauern. Gibt es denn überhaupt schon einen geschäftsentwicklungsplan?
Warum beginnt der Senat nicht einfach mit dem Bau und der Sanierung, mit öffentlichem Geld und in öffentlicher Regie?
Der Senat hat bereits den Neubau von Schulen auf die Schiene gesetzt. Die HOWOGE übernimmt nur einen Teil des Neubaus und der Großsanierungen. Ohne die HOWOGE könnten diese erst deutlich später umgesetzt werden.
Kommentar GiB:
Die HOWOGE bringt wie schon dargestellt zunächst nur 15 neue Stellen ein. Gleichzeitig verzichten Senat und Bezirke aber darauf, selbst in nennenswertem Umfang einzustellen. In der Kombination entstehen gemessen an der Aufgabe „5,5 Milliarden Euro verbauen“ insgesamt viel zu wenig Stellen – der Schulbau wird so verlangsamt statt beschleunigt.
Warum nicht die dezentralen Strukturen ausbauen, statt nun auch den Schulbau als Großprojekt à la BER anzulegen?
Die sogenannten dezentralen Strukturen haben zu einem Sanierungsstau geführt, der jetzt abgearbeitet werden muss.
Kommentar GiB:
Es ist nicht richtig, dass die dezentralen Strukturen (die Bezirke) zum Sanierungsstau geführt haben. Das hat vielmehr die verheerende Unterfinanzierung der Bezirke verursacht. Der Senat hat das durch die Erhöhung der Gelder für den baulichen Unterhalt implizit zugegeben: Bis 2016 haben alle Bezirke pro Jahr zusammen ca. 60 Millionen Euro für den baulichen Unterhalt bekommen. Das war gemessen am geschätzten Wiederherstellungswert der Gebäude jährlich der zweihundertste Teil. Man ging also davon aus, dass die Berliner Schulen erst nach 200 Jahren einmal komplett ersetzt werden müssen – inklusive aller Toiletten, Heizungsanlagen, Fenster und der digitalen Infrastruktur für die neuen „White-Boards“. Inzwischen gibt man den Bezirken 150 Millionen Euro jährlich für den baulichen Unterhalt – dabei ist mit einer durchschnittlichen Lebensdauer der Schulen von 75 Jahren nun ein etwas realistischerer Wert angesetzt.
Deswegen findet eine Spezialisierung verschiedener Akteure auf verschiedene Aufgaben im Rahmen der Schulbauoffensive statt.
Kommentar GiB:
Die HOWOGE hat wie bereits dargestellt im Schulbau überhaupt keine Expertise. Das ist also auch keine Spezialisierung, eher eine De-Spezialisierung, denn die tatsächlichen Spezialisten in den Bezirken bekommen die Aufgaben ja weggenommen.
Bei der Berliner Schulbauoffensive handelt es sich zudem nicht um ein Großprojekt, sondern um eine umfangreiche Zahl von deutlich kleineren Maßnahmen verglichen mit dem Bau eines Flughafens.
Kommentar GiB:
Schön wäre es, wenn man einfach eine große Zahl von kleinen Maßnahmen abarbeiten würde. Allerdings ist genau das nicht geplant, denn die kleinen Maßnahmen sollen ja von der HOWOGE gebündelt und an große Anbieter vergeben werden. Dabei wurde von der HOWOGE schon ausdrücklich betont, dass z.B. mittelständische Architekturbüros nicht berücksichtigt werden können, weil sie eben zu klein sind. Als man mit dem BER begann sollte es auch nur eine Milliarde Euro kosten – genauso viel, wie jetzt die HOWOGE für den Schulbau bekommen soll. Die HOWOGE ist eine GmbH wie die FBB – das landeseigene Unternehmen, das den BER nicht fertig bekommt.
Warum nicht alle Schulgrundstücke im Eigentum der Bezirke belassen, statt die Bezirke zu Mietern ihrer (unserer!) Schulen zu machen?
Die Bezirke mieten von der HOWOGE errichtete Schulen oder komplett sanierte Großschadensfälle. Man kann nicht sagen, dass es ihre/unsere Schulen sind. Es sind tatsächlich Schulen, in welche die HOWOGE investiert hat und die dem Bezirk nach Ablauf des Mietvertrags kostenfrei zufallen.
Kommentar GiB:
Diese Antwort ist besonders aufschlussreich. Mit welchem Geld investiert die HOWOGE denn in „ihre Schulen“? Sollen etwa die Mieterinnen der HOWOGE für den Schulbau bezahlen? Die würden sich vermutlich für eine Mieterhöhung mit dem Betreff „unerwartete Kostensteigerung in unserem Geschäftsfeld Schulbau“ bedanken. Bezahlt wird der Bau der Schulen mit unserem Steuergeld, eine andere Geldquelle haben Schulen nun mal nicht. Dieses Steuergeld soll ja auch den Banken über die gesamte Laufzeit der HOWOGE-Kredite als Sicherheit übereignet werden – per Einredeverzicht. Schule ist also unser Anliegen, wir benötigen und nutzen sie, und wir bezahlen sie auch. Aber gehören sollen sie 25 bis 32 Jahre der HOWOGE? Auch das „kostenfreie Zufallen nach Ablauf des Mietvertrags“ beunruhigt eher als es vermag zu beschwichtigen. Was, wenn die HOWOGE am Ende der Laufzeit den Nachweis erbringt, dass die Schulen mehr wert sind als die Bezirke über die Miete dafür bezahlt haben? Dann müssten Sie Nachforderungen stellen dürfen! Oder andersherum: Was, wenn die Bezirke feststellen, dass die HOWOGE Schulen errichtet bzw. saniert hat, die schon zum Zeitpunkt der Rückübergabe wieder sanierungsfälle sind? Was hilft dann das „kostenfreie Zufallen?“
Warum nicht den Schulbau in eigener Regie und mit regionalem Handwerk und Gewerbe durchführen, statt Großverträgen mit Baukonzernen abzuschließen und damit Kostenexplosionen und Lohndumping in Kauf zu nehmen?
Die HOWOGE wird ebenso wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen öffentlich ausschreiben und sich an die gesetzlichen Vorgaben halten. Von dem Auftragsvolumen profitiert erfahrungsgemäß auch die regionale Wirtschaft.
Kommentar GiB:
Die HOWOGE wird zwar öffentlich ausschreiben, aber zu ihren eigenen Ausschreibungsbedingungen. So fordert sie derzeit von Bietern zum Beispiel ein Mindestumsatzvolumen von 60 Millionen Euro im Jahr – da kann kein Mittelständler mehr mithalten. Die Aufträge gehen also an Großfirmen. Die wiederum lassen die regionale Wirtschaft höchstens in der Subunternehmerposition zum Zuge kommen – wenn überhaupt.
Warum nicht die Berliner Schulen im öffentlichen Eigentum mit öffentlichen Geldern sanieren und ausbauen – schnell, sicher, günstig und demokratisch?
Es handelt sich hier um ein grundlegendes Missverständnis: Die HOWOGE soll einen Teil des Neubaus und der Sanierung von Großschadensfällen übernehmen. Sie ersetzt nicht andere Bauausführende im Land Berlin, sondern unterstützt und verstärkt diese. Richtig ist, dass der Schulbau bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen konzentriert wird, die aufgrund ihrer Erfahrungen im Bereich von modularen Unterkünften für Flüchtlinge (MUF) und modularen Ergänzungsbauten (MEB) diese Aufgaben von den Bezirken übernimmt (von laufenden Projekten im Bereich Schulbau abgesehen). Damit werden bei den Bezirken Kapazitäten frei für die Verwendung des deutlich erhöhten Bauunterhalts und der dort angesiedelten Sanierungen von Schulen im Bereich von unter 10 Mio. Euro (lt. Sanierungsscan).
Kommentar GiB:
Die Bezirke geben den Schulneubau und die Sanierung von Großschadensfällen ab. Also werden sie dabei ersetzt. Das ist kein Missverständnis, sondern eine Tatsache. Auf diesen Umstand will der Senat aber offensichtlich nicht eingehen.
Im Übrigen scheinen die vorgenannten Fragen darauf abzuzielen, warum man nicht wie im bisherigen Verfahren weitermachen will. Die Antwort ist einfach: Das bisherige Verfahren hat zu entsprechenden Sanierungsstaus geführt und würde nicht ausreichen, die deutlich erhöhten finanziellen Mittel umzusetzen und um mit der Entwicklung der erforderlichen Schulplätze Schritt halten zu können.
Kommentar GiB:
Das bisherige Verfahren war die verantwortungslose Unterfinanzierung der Bezirke. Das will keiner, auch wir nicht! Bisher hatten die Bezirke also den Schulbau zu erledigen, aber sie bekamen viel zu wenig Geld dafür. Jetzt ist das Geld endlich da! Und da sollen die Bezirke die Aufgaben weggenommen bekommen. Das verstehen wir nicht, und viele andere auch nicht.
Sollte eine spätere Regierung zu dem Schluss kommen, dass diese GmbH-Lösung ein Fehler war, so wie es bei den Berliner Wasserbetrieben, unter welchen Bedingungen wäre eine Rückabwicklung möglich und zu welchen ungefähr absehbaren Kosten?
Die HOWOGE wird die Schulen selbst auf eigene Kosten errichten oder Großschadensfälle sanieren, die damit deutlich im Wert gesteigert werden. Damit handelt es sich nicht um den Verkauf von Landesbesitz, sondern um die Anmietung von der HOWOGE erbrachten Bauleistungen.
Kommentar GiB:
Die HOWOGE soll angeblich etwas auf eigene Kosten machen. Wie oben dargestellt geht das aber nur, wenn die Bezirke die Mieten für die Schulen über 25 Jahre an die Banken verpfänden. Ebenfalls oben wurde vom Senat dargestellt, dass dabei die Schulen für die Vertragslaufzeit nicht mehr unsere Schulen sein sollen, sondern zu HOWOGE-Schulen werden, denn die HOWOGE hat ja in diese Schulen investiert. Nun wird das wieder relativiert: Statt um Eigentum geht es nurmehr um die Anmietung von erbrachten Bauleistungen. Leistungen können aber gar nicht gemietet werden. Man kann sie nur abrufen und muss sie dann bezahlen. Mieten kann man nur Sachen. Ginge es nun aber um die Abrufung von „von der HOWOGE erbrachten Bauleistungen“, dann stellt sich die Frage, weswegen dazu Erbpacht, die Abgabe des wirtschaftlichen Eigentums an den Schulen und der gefährliche langjährige Einredeverzicht auf die Mietzahlungen nötig ist.
Eine Rückabwicklung würde zu Transaktionskosten (einschließlich erneuter Grunderwerbsteuer) und zur Schuldenübernahme gegen Erlangung des Eigentums an den Schulgebäuden führen. Eine betragsmäßige Schätzung ist nicht möglich, da diese maßgeblich vom Rückabwicklungszeitpunkt abhängen würde.
Kommentar GiB:
Hier wird erstmals erwähnt, dass es Transaktionskosten geben wird. Erstaunlicherweise werden diese aber nur der Rückabwicklung angelastet. Dabei verrät das Wörtchen „erneute Grunderwerbsteuer“ ja schon, dass auch zuvor eine Grunderwerbsteuer erwartet wird! Was nun die „Schuldenübernahme gegen Erlangung des Eigentums an den Schulgebäuden“ betrifft, kann die Antwort des Senats kaum anders als kryptisch bezeichnet werden. Wer müsste Schulden übernehmen, und welche Schulden denn? Wer müsste eine Erlangung des Eigentums an den Schulgebäuden erreichen, dieses Eigentum soll doch dauerhaft bei den Bezirken bleiben? Schade ist, dass hier nicht weiter darauf eingegangen wird, dass eine Rückabwicklung durch die unkündbaren Verträge mit der HOWOGE sowie durch den über 25 Jahre laufenden Einredeverzicht sicher erheblich erschwert, wenn nicht sogar ganz unmöglich gemacht wird.
Fragen und Antworten zum Erbbaurecht
Wie soll den Bezirken die Abgabe des Erbbaurechts an die HOWOGE vergütet werden? Nach Verkehrswert?
Die Zweckbindung Schulnutzung wird im Erbbaurechtsvertrag festgelegt und im Grundbuch als Dienstbarkeit gesichert. Der Erbbauzins wird wie bei anderen Erbbaurechten im Land Berlin für soziale und kulturelle Fälle bei drei Prozent des Bodenwertes p.a. angesetzt. Es findet keine Kapitalisierung zu einem Einmalbetrag statt. Die Ermittlung des maßgeblichen Bodenwertes erfolgt durch einen Gutachter. Bei der Wertermittlung ist zu berücksichtigen, dass die Erbbaurechte für Schulnutzung zweckgebunden vergeben werden.
Kommentar GiB:
Hier wird erstmals erwähnt, dass Gutachter den Bodenwert der Grundstücke bestimmen sollen, auf denen die Schulen heute stehen bzw. künftig stehen sollen. Deren Honorare kann man sicher auch den Transaktionskosten zurechnen, die man sparen könnte, wenn man auf die formelle Privatisierung verzichten würde.
Was will der Senat mit der HOWOGE vereinbaren: Voraussetzungen für einen Heimfall oder für einen Zeitablauf des Erbbaurechts?
Die Laufzeit der Erbbaurechtsverträge orientiert sich an der steuerlichen Abschreibungsdauer für die Schulgebäude. Damit ist ein entschädigungsloser Übergang des Gebäudeeigentums auf das Land Berlin, vertreten durch die Bezirke, kraft Gesetzes vorgesehen. Der weitere Vorteil ist, dass bei diesem gesetzlichen Übergang keine Grunderwerbsteuer für die Beendigung des Erbbaurechts entsteht.
Kommentar GiB:
Die Frage „Heimfall oder Zeitablauf“ wird nicht beantwortet. Dafür erfährt man anderes. Bekannt ist, dass Schulen kein Geld verdienen und keine Steuern bezahlen müssen. Nun bestimmt aber auf einmal die „steuerliche Abschreibungsdauer für Schulgebäude“, wie lange sich die öffentliche Hand binden soll. Vielleicht wäre ja ein Probezeit von fünf Jahren angebracht? Das geht aber in dieser Logik offenbar nicht. Der entschädigungslose Rückübergang des Gebäudeeigentums auf das Land Berlin ist zum heutigen Zeitpunkt nur eine Behauptung und keineswegs „kraft Gesetzes vorgesehen“. Dass keine Grunderwerbsteuer für die Beendigung des Erbbaurechts entsteht kann zudem kaum darüber hinwegtrösten, dass eine solche Grunderwerbsteuer für den Beginn anfällt – und dann aus öffentlichen Geldern zu bezahlen ist. Dieses Geld geht an den Bund, für das Land Berlin ist es verloren.
Fragen und Antworten zur Schülerzahl
Wie kommt der Senat auf die Zahl von 86.000 zusätzlichen SchülerInnen in 2025? Die offizielle Bevölkerungsprognose des Landes Berlin weist wesentlich geringere Wachstumsraten aus – unter 50.000 SchülerInnen.
Die Bevölkerungsprognose trifft keine Aussagen über die Entwicklung der Schülerzahlen. Zwar sind die Ergebnisse der Bevölkerungsprognose eine von mehreren Eingangsgrößen, sie ist jedoch nicht hinreichend zur Ermittlung der Schulplatzbedarfe.
Kommentar GiB:
Und wieder wird die Frage nicht beantwortet. Es wurde ja nicht gefragt, wie die Schülerzahlen nicht ermittelt wurden, sondern wie sie ermittelt wurden.
Wie wird verhindert, dass die Fläche pro Schülerin und Schüler schrumpft?
Es gelten die Raum- und Funktionsprogramme, die von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie entwickelt wurden und die Standards für Flächen setzen. Für den Schulneubau bedeuten diese einen Flächenaufwuchs von mindestens zehn Prozent. Diese schulfachlichen Vorgaben gelten sowohl für die Baumaßnahmen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen als auch für die der HOWOGE.
Kommentar GiB:
Die neuen Raum- und Funktionsprogramme setzen Standards für Flächen – allerdings keine absoluten Standards. Ein möglicher Flächenaufwuchs wird auf den pädagogischen Bereich bezogen, Flure und Freiflächen können auch kleiner werden. Und bei allem kommt nun noch dazu: Ob die HOWOGE und die von ihr beauftragten Baufirmen solche Standards einhalten, steht ohnehin in den Sternen. Denn was passiert, wenn die HOWOGE die Flächenstandards verletzt? Werden dann die neu gebauten Schulen wieder abgerissen?
Warum werden immer noch Schulen geschlossen, wenn wir doch dringend neue Schulplätze brauchen? Stichwort Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg
Im Land Berlin werden grundsätzlich keine Schulen mehr geschlossen! Das Gegenteil ist der Fall. Neben den geplanten Neubau- und Erweiterungsmaßnahmen werden, wo es möglich und notwendig ist, viele ehemalige Schulstandorte reaktiviert. Für rund 20 Standorte gibt es dazu Planungen.
Kommentar GiB:
Bis vor kurzem wäre es noch möglich gewesen, die Gerhart-Hauptmann-Schule wieder als Schule zu nutzen. Das wird nun durch Baumaßnahmen dauerhaft verhindert. Das ist keine Schließung? Auch die Franz-Carl-Achard-Schule sollte abgerissen werden – nur durch Elternengagement und eine Unterschriftensammlung wurde das verhindert. Insgesamt gingen zwischen 1995 und 2005 über 80.000 Schulplätze verloren – überwiegend durch Abriss. Die Sorgen vor Schließungen beruhen also auf schmerzlichen Erfahrungen der Menschen in Berlin.
Der Standort der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule wird seit ca. 13 Jahren nicht mehr als Schule genutzt. Die Reaktivierung des Standortes als Schule ist aus schulnetzplanerischer Sicht nicht sinnvoll und aus städtebaulicher Sicht nicht möglich.
Kommentar GiB:
In Kreuzberg und stadtweit fehlen Schulplätze. Warum ist dann eine Reaktivierung des Standortes als Schule „aus schulnetzplanerischer Sicht“ nicht sinnvoll? Die Reaktivierung soll laut Senat auch aus städtebaulicher Sicht nicht möglich sein. Diese „städtebauliche Sicht“ ist aber jüngeren Datums. Davor war es viele Jahrzehnte durchaus möglich und auch Praxis. Die neue städtebauliche Sicht wird wohl vor allem vom neuen Eigentümer vorgegeben – und das ist ausgerechnet die HOWOGE. Die HOWOGE hat die Bäume auf dem Schulhof fällen lassen und gibt dem Wohnungsbau Vorrang. Diese Wohnbebauung ist so ausladend, so dass vor allem die künftig geringen Abstände zur Schule dort einen Schulbetrieb unmöglich machen. Die neue städtebauliche Sicht bedeutet also übersetzt: Wohnungsbau statt Schule. Wir finden aber: Wohnungsbau ist wichtig, aber Schulbau ist auch wichtig. Die Antwort müsste also lauten: Wohnungsbau und Schulbau. Die HOWOGE scheint nicht imstande oder willens, das zu ermöglichen – keine gute Referenz für ihre künftigen Aufgaben im Schulbau. Und der Senat verteidigt das auch noch. Wohin werden denn die künftigen MieterInnen der HOWOGE gegenüber der Gerhart-Hauptmann-Schule ihre Kinder zur Schule schicken?
[1] https://www.berlin.de/sen/finanzen/haushalt/schulbauoffensive/howoge/