Liebe Freundinnen und Freunde der Daseinsvorsorge,
die Berliner S-Bahn braucht Ihre/eure Hilfe! Am Dienstag hat der Berliner Senat die Zerschlagung und Privatisierung der S-Bahn beschlossen. Im Sommer soll der Ausschreibungstext veröffentlicht werden. Das kann noch verhindert werden! Wir wollen versuchen, mit zahlreichen Einzelpetitionen diese gewaltige Privatisierung noch zu stoppen. In Berlin ist es möglich, dass eine Einzelperson eine Petition einreicht, die dann vom Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses behandelt werden muss. Dazu kann man einfach eine Internet-Adresse aufrufen und dort den Text eingeben. https://www.parlament-berlin.de/de/Das-Parlament/Petitionen/Online-Petition-Formular
Es ist nicht erforderlich, dass man dafür einen Wohnsitz in Berlin hat, auch BrandenburgerInnen und zum Bespiel all jene, die als Touristen gern die Berliner S-Bahn nutzen, können eine Petition verfassen.
Derzeit treibt vor allem Verkehrssenatorin Regine Günther das Privatisierungsvorhaben voran, unterstützt wird sie von Finanzsenator Matthias Kollatz. Viele Abgeordnete der Regierungskoalition sind gegen die Privatisierung und erst recht gegen die Zerschlagung der S-Bahn in drei Teilnetze, wagen aber bisher kaum, sich offen gegen die Regierungslinie zu stellen. Sie hoffen, sich hinter Sachzwang-Argumenten verstecken zu können. Aber solche Sachzwänge gibt es nicht! Das Vorhaben ist hochpolitisch, mithilfe zahlreicher Einzelpetitionen können wir erzwingen, dass über den Kern des Projektes gesprochen wird: Wollen wir eine öffentliche Daseinsvorsorge, die öffentlich betrieben wird, oder lassen wir zu, dass Private auch in den Bereich der S-Bahn eindringen, dort Gewinne erzielen und eine klimafreundliche Weiterentwicklung stören oder verhindern.
Schreiben Sie Ihre Petition, am besten noch heute! Wir haben verschiedene Petitionsentwürfe bereitgestellt, mit unterschiedlichem Fokus (siehe unten). Sie können eine davon übernehmen oder einen ganz eigenen Text schreiben, oder Sie können einzelne Elemente verwenden und hinzufügen, was für Sie selbst in Fragen der S-Bahn zentral ist.
Mit herzlichen Grüßen
Carl Waßmuth
für das Team von Gemeingut
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PS: Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) ist Mitglied des Aktionsbündnisses „Eine S-Bahn für Alle“, das seit Monaten zu Privatisierung und Zerschlagung aufklärt, Proteste organisiert und auch eine Unterschriftensammlung gestartet hat. Weitere Informationen rund um das Thema S-Bahn-Privatisierung stehen hier: https://www.gemeingut.org/wordpress/schuetzt-unsere-s-bahn-artikel/. Wir danken allen, die uns durch Zusendung ihrer Petitionstexte zur S-Bahn die folgende Zusammenstellung von Musterpetitionen ermöglicht haben. Wir freuen uns über jeden weiteren Text, senden Sie uns gern eine Kopie Ihres Petitionstextes an: info@gemeingut.org
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Petitionsentwürfe gegen die Zerschlagung und Privatisierung der S-Bahn Berlin
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Sehr geehrte Damen und Herren,
mit der S-Bahn-Ausschreibung eröffnet der Berliner Senat Finanzinvestoren den Zugriff auf einen wichtigen Bestandteil unserer Daseinsvorsorge. Mit dem Vorhaben droht ein neues Desaster für die Berliner Fahrgäste, für die Beschäftigten und für die Umwelt. Allein durch die komplexe Ausschreibung droht eine jahrelange Verzögerung. Für die Wagen ist sogar eine hochriskante öffentlich-private Partnerschaft vorgesehen, mit 30 Jahren Laufzeit. Mit der Zerschlagung des Betriebs in drei Teile und mit der Abtrennung der Wageninstandhaltung ist außerdem ein Zuständigkeits-Chaos vorprogrammiert. In London hat die Privatisierung der Metro auf technischer Ebene zum Stillstand geführt – mit Milliarden Pfund Verlusten für die britischen Steuerzahlenden.
Sie als Abgeordnete haben dem Parlament bisher nur das Recht eingeräumt, am Ende des Ausschreibungsverfahrens ein Veto gegen das Ergebnis einzulegen. Das ist in zwei bis drei Jahren, und es ist nach der nächsten Abgeordnetenhauswahl mit anderen Mehrheitsverhältnissen.
Ich erwarte aber von Ihnen, von diesem Parlament, dass es alle wesentlichen Bedingungen für den weiteren Betrieb und die Beschaffung neuer Wagen selbst festlegt! Bringen Sie daher den Vorgang „S-Bahn“ per Antrag ins Plenum und lassen Sie darüber abstimmen.
Kein Gesetz zwingt Sie, den S-Bahn-Betrieb zu privatisieren. Kein Gesetz zwingt Sie, die Wagenbeschaffung und die Instandhaltung zu privatisieren. Kein Gesetz zwingt Sie, den Betrieb in mehrere Teile zu spalten oder die Instandhaltung vom Betrieb abzutrennen. Kein Gesetz zwingt Sie, Tarife auszuhebeln und Arbeitnehmervertretungen zu zerschlagen.
Auch Zeitdruck zwingt Sie zu nichts von alledem. Berlin kann sofort eigene S-Bahn-Wagen kaufen, ohne die S-Bahn zu zerschlagen oder zu privatisieren, es geht sogar deutlich schneller als mit der hochkomplexen Ausschreibung, die derzeit vom Senat für die Privatisierung vorgesehen ist.
Stimmen Sie für eine S-Bahn in öffentlicher Hand. Keine geteilte S-Bahn im wiedervereinten Berlin!
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Sehr geehrte Damen und Herren,
der Betrieb der S-Bahn Berlin ist wieder zusammenzufassen. Ringbahn, die Nord-Süd-Verbindungen und die Ost-West-Verbindungen bilden ein Netz. Eine Aufteilung in Lose oder sogar eine Vergabe an unterschiedliche Bieter ruft unkalkulierbare Risiken für die Betriebsstabilität hervor.
Die Berliner S-Bahn erfüllt einen wichtigen Auftrag der Daseinsvorsorge. Ihr reibungsarmes Funktionieren ist für die Mobilität der Menschen in Berlin unverzichtbar. Gleichzeitig fällt der S-Bahn eine wichtige Rolle für den Klimaschutz zu: Als emissionsarmes Massenbeförderungsmittel ist die S-Bahn unverzichtbar für den notwendigen Ausstieg aus dem motorisierten Individualverkehr.
Für einen zusammengefassten Betrieb ist der Deutschen Bahn eine Direktvergabe für das ganze Netz anzubieten. Lehnt die DB ab, ist direkt an ein vollständiges landeseigenes Unternehmen zu vergeben. Bis zum Auslaufen der aktuellen Verträge zur Ringbahn sind in diesem Fall mit der DB für die Nord-Süd sowie Ost-West-Verbindungen Interimsverträge abzuschließen. Für von der DB für den Betrieb beschaffte S-Bahn-Wagen soll vereinbart werden, dass die Wagen nach Vertragsende an das Land übergehen. Von der bisher vorgesehenen Privatisierung von Betrieb und Wageninstandhaltung ist abzusehen. Die Direktvergabe ist auf folgenden Wegen möglich:
1) Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 EU-Verordnung 1370/2007 an ein landeseigenes, bestehendes Unternehmen (BVG oder an ein neu zu gründendes landeseigenes Unternehmen, beide nach Erwerb der erforderlichen Lizenzen),
2) Erwerb von mind. 51 % der S-Bahn Berlin GmbH, aktuell zu 100 % in Besitz der Deutschen Bahn AG (Bundesrepublik Deutschland), um eine Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 EU-Verordnung 1370/2007 durchzuführen. Zusätzlich sollte das Land Berlin über den Bundesrat die Änderung des § 131 GWB betreiben, um die Direktvergabe gemäß Art. 5 Abs. 4a aufgrund struktureller Merkmale des Marktes und der Netzkomplexität an ein beliebiges (Staats-, Landes- oder Privat-)Unternehmen zu ermöglichen.
Die bisherigen Pläne zur Aufteilung und Vergabe an (private) Dritte sind nicht alternativlos. So ist die Aufteilung in mehrere Lose zwar möglich, aber nicht zwingend. Das gesetzliche Anliegen einer Aufteilung ist die Wahrung bzw. Förderung von mittelständischen Interessen. Nach Definition der staatlichen KfW-Bank zählen „grundsätzlich diejenigen Unternehmen zu den Mittelständlern, die nicht mehr als 500 Beschäftigte haben und maximal 50 Mio. EUR Jahresumsatz erzielen. Im Markt für Schienenpersonen-Nahverkehr gibt unter anderem aufgrund der hohen Kapitalkosten keinen Mittelstand. Auch das Auftragsvolumen der vorgesehenen Vergabe steht – auch nach der Aufteilung in drei bzw. vier Lose einer – einer Vergabe an ein mittelständisches Unternehmen diametral entgegen. Entsprechend haben sich der Markterkundung auch keine Mittelständler ihr Interesse bekundet.
Auch liegen keine zwingenden technischen Gründe für eine Aufteilung vor, im Gegenteil: § 97 GWB sieht ausdrücklich eine Gesamtvergabe eines öffentlichen Auftrags bei vorliegender technischer Begründung vor. Die Berliner Gleichstrom-S-Bahn stellt eine Besonderheit dar. Mit ihrer autarken Infrastruktur und der Gleichstromversorgung ist sie ein Unikat, das Netz ist als Ganzes zu betrachten.
Erst Recht gibt es keine Notwendigkeit, die Wageninstandhaltung vom Betrieb abzutrennen und einem (privaten) Dritten im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) zu übertragen. ÖPP-Verträge bergen sowohl für den Betrieb als auch in finanzieller Hinsicht für die Gemeinschaft der Steuerzahlenden erhebliche Risiken, denen kein adäquater Nutzen gegenüber steht, siehe dazu die Berichte des Bundesrechnungshofes sowie der Landesrechnungshöfe. Diese Risiken sind unbedingt zu vermeiden, auf die Ausschreibung der Wageninstandhaltung per ÖPP ist zu verzichten.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
erschrocken habe ich gemerkt, dass den Berliner Steuerzahlern nach dem in den 2010er Jahren begonnenen BER-Desaster mit einer nicht mehr enden wollenden Schuldenaufnahme nun mit der unausgewogenen Ausschreibung der Berliner S-Bahn das nächste Milliardengrab droht. Nach dem Link https://www.zukunft-mobilitaet.net/171299/analyse/zukunft-s-bahn-berlin-ausschreibung-alternativkonzepte-landeseigentum/ stellt bei einer vollständigen Kommunalisierung einem behutsamen Ausbau der einzigartigen Berliner S-Bahn das europäische Wettbewerbsrecht kein Hindernis dar. Ich bitte daher, während der Corona-Krise innezuhalten und darüber nachzudenken, wie aus Fehlern der Vergangenheit gelernt werden und die verhängnisvolle Ausschreibung der S-Bahn zurückgenommen werden kann. Dabei erinnere ich an die Wahlversprechen der Koalitionsparteien, die Zivilgesellschaft bei der Planung von Großprojekten einzubeziehen. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Linken und Grünen ist daher eine neue Beteiligungskultur festgeschrieben worden. „Die Koalition wird die Beteiligung der Bürger*innen auf allen Ebenen stärken und die Transparenz von Entscheidungsprozessen erhöhen. Zwischen bürger*innenschaftlichem Engagement, sozialer Integration und Partizipation besteht ein enger Zusammenhang.“ In Beherzigung dieser Grundsätze beantrage ich für das S-Bahn-Projekt die von den Koalitionsparteien für notwendig erachtete Bürgerbeteiligung mit zivilgesellschaftlichen Organisationen durchzuführen. Dabei denke ich an den für das Gemeinwohl eintretenden Verein GiB (Gemeingut in BürgerInnenhand), für die Bahn-Beschäftigten eintretende Gewerkschaften und für ein nachhaltiges und gut funktionierendes Nahverkehrssystem eintretende Fridays for Future Berlin.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
im Interesse der Fahrgäste sowie Beschäftigten des ÖPNV in der Region Berlin werden Elke Breitenbach, Katrin Lompscher, Dilek Kalayci, Sandra Scheeres, Andreas Geisel, Ramona Pop, Dirk Behrens, Klaus Lederer, Dr. Matthias Kollatz sowie Der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller nachdrücklich ersucht, sich bezüglich der Verkehrsleistungen der S-Bahn Berlin für eine im konkreten Fall nach VO(EG) 1370/2007 mögliche Direktvergabe an den bisherigen Betreiber zu engagieren. Zur Begründung sei an dieser Stelle nochmals auf die dem vorliegenden Vergabekonzept immanenten finanziellen, betrieblichen sowie administrativen Risiken hingewiesen, welche u. a. hier – https://www.zukunft-mobilitaet.net/171299/analyse/zukunft-s-bahn-berlin-ausschreibungalternativkonzepte-landeseigentum/ – fachlich fundiert dargestellt werden. Mittelfristig sollte darüber hinaus mit der Bundesregierung (Bundesministerium der Finanzen) sowie dem Deutsche Bahn Konzern über eine direkte Beteiligung der Länder Berlin und Brandenburg oder der bedienten Städte und Landkreise an der S-Bahn Berlin GmbH verhandelt werden. Außer unkonkreten Anfragen des Senats an den früheren DB-Vorstand Grube gab es in
dieser Hinsicht meiner Kenntnis nach bis dato leider keine ernsthaften Bemühungen. Für Ihre Unterstützung danke ich Ihnen vorab.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
ich fordere den Berliner Senat auf, auf die aktuelle S-Bahn-Ausschreibung zu verzichten und stattdessen einen einheitlichen und 100 Prozent öffentlichen Betrieb samt Instandhaltung sicherzustellen. Das Parlament fordere ich auf, die Ausschreibung durch Beschluss zu verhindern und dem öffentlichen Betrieb, wo nötig, durch Gesetzgebung bestmöglich zu unterstützen.
Die mit der Ausschreibung verbundene Privatisierung und Zerschlagung der S-Bahn würde betriebliches Chaos, Tarifflucht und Zahlungen aus Steuergeldern verursachen.
Der Senat versteckt sich für sein Vorgehen hinter Sachzwang-Argumenten. Aber keine Sache zwingt zur Privatisierung der S-Bahn und auch nicht zur Zerschlagung des Betriebs oder der Abtrennung der Instandhaltung. Auch die EU-Verordnung 1370/2007 oder § 131 GWB zwingen Berlin nicht zu der Ausschreibung in der vorgesehenen und gemeinwohlschädlichen Form. Wollte jemand Berlin vor Gericht dazu zwingen, genau diese Privatisierung und Zerschlagung der S-Bahn vorzunehmen, er würde scheitern. Alles andere wäre die Aufgabe der verfassungsgemäßen Daseinsvorsorgepflicht des Staates.
Es sind nicht Sachen oder Zwänge, die diese Privatisierung vorantreiben, es sind wenige Menschen, allen voran Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne), der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD). Bei den Linken war Harald Wolf bis zu seinem Weggang der Verfechter des Privatisierungsmodells der Berliner S-Bahn. Wir wissen nicht, in wessen Interesse Günther, Müller, Kollatz und Wolf agieren. Aber wir wissen, dass der Senat sich beraten lässt, insbesondere vom „Kompetenz Center Wettbewerb“ (KCW), einer privaten Beratungsgesellschaft, die massiv für Privatisierung eintritt. Auch eine der weltweitgrößten Beratungsgesellschaften, PricewaterhouseCoopers, verficht vehement Privatisierungen – und beschäftigte Matthias Kollatz als hochrangigen Manager, bis dieser ins Amt des Finanzsenators wechselte. Ich beantrage daher, dass alle laufenden Verträge zu privaten Beratern im Rahmen der S-Bahn-Ausschreibung mit sofortiger Wirkung aufgehoben werden. Alle bisherigen Beratungsvorschläge sind zu veröffentlichen. Als künftige Berater sind nur eigenes Personal oder vollständig öffentliche Einrichtungen auszuwählen.
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Sehr geehrte Damen und Herren Senator*innen, sehr geehrte Abgeordnete,
ich fordere Sie auf, die Berliner S-Bahn-Ausschreibung zu stoppen und stattdessen einen sicheren und klimagerechten Betrieb der S-Bahn zu gewährleisten, der hundert Prozent öffentlich ist. Ein sozial- und klimafreundliches S-Bahnkonzept ist dabei unter Bürgerbeteiligung zu entwickeln. Fassen Sie dazu zeitnah Beschlüsse im Parlament und im Senat, noch bevor erste Fakten geschaffen wurden.
Nach den derzeit bekannten Plänen des Senats könnte die Berliner S-Bahn schlimmsten Fall von vier oder fünf unterschiedlichen Unternehmen betrieben und gewartet werden. Die damit einhergehenden Herausforderungen und Hürden in der gegenseitigen Absprache kann sich jede*r ausmalen. Autofreie Kieze, eine verbrennerfreie Innenstadt und ein deutlich besser ausgebautes und qualitativ hochwertigeres ÖPNV-Angebot als zentrale Ziele einer klimagerechten Politik werden so gefährdet.
Eine Verkehrswende ist nicht nur geboten, um Berlin lebenswerter zu gestalten, den Verkehr sicherer zu machen und eine faire Verteilung des öffentlichen Raums zu erreichen, sondern auch, um die Klimakatastrophe noch abzuwenden. Klimaaktive wie Fridays for Future und andere gehen für eine ambitionierte Klimapolitik auf die Straße. Einer der entscheidenden Pfeiler einer solchen Politik wird die Verkehrswende sein. Letztendlich geht es darum, klimaschädliche Mobilität zu stoppen und klimafreundliche Alternativen zu entwickeln. Um Menschen zu ermöglichen, das eigene Auto Zuhause stehen zu lassen und den ÖPNV zu nutzen, muss jedoch in diesen investiert werden.
Eine Erhöhung der Taktfrequenzen entlastet die überfüllten Bahnen am Morgen und Nachmittag. Eine bessere Anbindung des Umlandes macht auch für Pendler*innen der Umstieg vom Auto zum ÖPNV attraktiv. Der Berufsstand im ÖPNV muss in Absprache mit den Arbeitnehmer*innenverbänden aufgewertet werden, um den vorhandenen Personalmangel abzubauen und den zukünftigen zusätzlichen Personalbedarf bedienen zu können. Der Öffentliche Personennahverkehr ist Teil der Daseinsvorsorge und gehört in öffentliche Hand, die Infrastruktur des ÖPNV selbst muss weiter massiv ausgebaut werden. Alle diese Herausforderungen können jedoch nicht gemeistert werden, wenn das S-Bahnnetz unübersichtlich und kleinteilig von vielen Unternehmen betrieben wird, welche selbst nur an einer Maximierung ihres Profits anstelle einer nachhaltigen Entwicklung des Nahverkehrs interessiert sind.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
im Interesse der Arbeitskräfte der S-Bahn GmbH und aller Arbeitskräfte in den Unternehmen, an die Betrieb und Wartung der S-Bahn aufgrund der Ausschreibung vergeben werden können, fordere ich Sie auf: Verzichten Sie auf die getrennte Ausschreibung unterschiedlicher Betriebsstrecken und einer möglicherweise getrennten Beschaffung und Instandhaltung von S-Bahn-Wagen in einer öffentlich-privaten Partnerschaft.
Es ist absehbar, dass sich durch die Ausschreibung die Arbeitsbedingungen verschlechtern werden. Es ist unklar, ob bei einem Betreiberwechsel die Übernahme aller Arbeitskräfte durch den neuen Betreiber gesichert wird. Durch die Ausschreibung verlieren viele Beschäftigte der S-Bahn Berlin voraussichtlich Tarifverträge, für die sie viele Jahre gekämpft haben.
Eine Sicherung tariflicher Leistungen durch staatliche Verträge hat nicht dieselbe Gewährleistungsqualität wie eine Sicherung durch unmittelbar und zwingend wirkende Tarifverträge Ungleichbehandlungen und Spaltung werden durch die Ausschreibung nicht ausgeschlossen. Durch die Ausschreibung wird die einheitliche betriebliche Interessenvertretung gefährdet. Es besteht die Gefahr, dass der jetzt bestehende Betriebsrat in zahlreiche Betriebsräte aufgespalten wird, die auch nicht über einen Gesamtbetriebsrat (GBR) oder Konzernbetriebsrat (KBR) zusammenarbeiten können. Ausschreibung und Privatisierung, die mit der Ausschreibung möglich wird, schwächen zudem die Gewerkschaften und schwächen die Einflussmöglichkeiten der Beschäftigten auf ihren Arbeitgeber.
Eine Ausschreibung öffnet die Türen zur Privatisierung. Wenn Betrieb und Wartung der S-Bahn-Netzteile nach der Ausschreibung in die Hand eines privaten Unternehmens gegeben wird, dann ist das eine Privatisierung. Denn vorher waren dies betriebsinterne Tätigkeiten der S-Bahn. Die wird zwar als GmbH geführt und ist damit formell privatisiert, aber immer noch in öffentlicher Hand und damit nicht materiell privatisiert ist; denn ihre Gesellschafteranteile gehören immer noch zu 100 % der Deutschen Bahn AG, und die Aktien der Deutschen Bahn AG sind immer noch in staatlichen Händen. Es ist nicht gleichgültig, ob Gewinne in die Hände eines neuen privaten Betreibers fließen oder an die Deutsche Bahn AG abgeführt werden, solange die Deutsche Bahn AG dem Staat gehört.
Der entscheidende Nachteil für die Beschäftigten in privaten Unternehmen ist, dass sie weniger Möglichkeiten haben, politischen Druck auf die Eigentümerseite auszuüben. Regierung und Abgeordnete werden gewählt und müssen sich in der Öffentlichkeit rechtfertigen – auch für die Unternehmen in staatlicher Hand. Wie jeder andere Eigentümer kann auch der Staat als Eigentümer die Weichen im Unternehmen stellen. Sind Unternehmen aber nicht mehr in staatlicher Hand, entfällt diese Möglichkeit der Einflussnahme.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein neuer Betreiber Arbeitskräfte für dieselbe Tätigkeit zu ganz unterschiedlichen Arbeitsbedingungen einsetzt, je nachdem, welche Regeln für eine Arbeitskraft gelten: Nur die Regeln der Tariftreue oder die Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs, weil die Arbeitskraft von der S-Bahn GmbH übernommen wurde, oder keine dieser Regeln, weil die Arbeitskraft auf einem ganz anderen Geschäftsfeld eingesetzt wird und auch nicht von der S-Bahn GmbH übernommen wurde. Ich verweise hinsichtlich der absehbaren Folgen für die Arbeitskräfte auf die Ausarbeitung des Rechtsanwalts Benedikt Hopmann für die Linke Neukölln: „S-Bahn Ausschreibung und die Folgen für die Arbeitskräfte“. (Link: https://www.gemeingut.org/wordpress/s-bahn-ausschreibung-und-die-folgen-fuer-die-arbeitskraefte/)
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