Liebe Freundinnen und Freunde der öffentlichen Daseinsvorsorge,
Sie suchen eine Mietwohnung in Berlin? Wie wäre es mit Angeboten wie diesem bei www.immobilienscout24.de [vom 28.11.2019]: Rigaer Straße im Friedrichshain, drei Zimmer, Balkon, Einbauküche, 90,79 Quadratmeter für eine monatliche Kaltmiete von 1.770,41 Euro. Oder vielleicht: Dunckerstraße im Prenzlauer Berg, ein Zimmer mit 36,39 Quadratmetern, Einbauküche und Balkon für 900 Euro kalt. Nichts für Sie? Da sind Sie nicht allein. Die Suche nach einer bezahlbaren Wohnung ist – zumindest in deutschen Großstädten – eine Qual.
Es muss sich etwas ändern, denn ein Dach über dem Kopf zu haben ist – zumindest für die meisten Menschen – essentiell und unverzichtbar. Wohnen gehört aus diesem Grund zur Daseinsvorsorge. In einigen Bereichen, wie zum Beispiel der Wasserversorgung, gibt es mittlerweile ein allgemeines Verständnis, dass diese Gemeingüter nicht privatisiert werden dürfen. Ein Vertreter der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) berichtete während unserer internationalen Konferenz am 10. September in Berlin, dass es beim Wasser einen Sinneswandel gibt (nach dem „Wasserkrieg“ in Bolivien) und man hier mittlerweile auf Privatisierungen verzichtet. Im Bereich Wohnen ist es leider noch nicht soweit. Mit unserer Publikation wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass auch hier ein Sinneswandel eintritt.
Im Heft beleuchten wir, was in den letzten Jahrzehnten im Bereich Wohnen passiert ist: Was und unter welchen Bedingungen wurde privatisiert? Was haben diese Privatisierungen bewirkt? Wie haben sie die Wohnverhältnisse verändert? Wo entstand dauerhafte Intransparenz durch den Wechsel ins Privatrecht? Welche Vorschläge gibt es, um Wohnen wieder bezahlbar zu machen? Ist Bauen eine Lösung oder angesichts des Klimawandels nicht mehr zeitgemäß? Welche Initiativen sind bereits aktiv, um das Gemeingut Wohnen der Marktlogik zu entziehen?
Entstanden ist eine 80-seitige Extraausgabe der Zeitschrift „Lunapark21“ mit mehr als 20 Artikeln zum Thema Wohnen. Zu den AutorInnen zählen unter anderem Werner Rügemer, Daniel Fuhrhop, Andrej Holm, Katrin Kusche, Rainer Neef und Winfried Wolf. Gemeingut in BürgerInnenhand hat den Anstoß zu der Publikation gegeben, ist Mitherausgeber und hat Beiträge für das Heft geschrieben beziehungsweise veranlasst.
Das Heft liegt seit heute im Büro vor und kann über info@gemeingut.org angefordert werden, gern noch in diesem Jahr, denn am 1. Januar steigt das Porto leider erneut. Wir geben das Heft kostenlos ab, freuen uns aber selbstverständlich über eine Spende.
Herzlich grüßen
Laura Valentukeviciute und Carl Waßmuth
für das GiB-Team
PS: Wir danken allen, die mit ihrer finanziellen Unterstützung im Herbst uns ermöglicht haben, die Idee für das Heft umzusetzen.
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GiB in den Medien
14.12.2019/junge Welt: Auf Seite 3 der gedruckten Sonnabendausgabe berichtet Johannes Birk über die Pläne des rot-rot-grünen Senats zur Privatisierung der Berliner S-Bahn. Der Beitrag mit dem Titel „Zerschlagung und Ausverkauf“ stellt auch umfangreich die Kritik von Gemeingut in BürgerInnenhand an den Plänen des Senats vor und zitiert Carl Waßmuth.
4.12.2019/Radio LORA: Das Landesgericht Hannover hat in einem Urteil die Forderungen der A1 mobil GmbH gegen den Bund abgewiesen. Dennoch rollen auf die SteuerzahlerInnen größere Kosten im Zusammenhang mit dem ÖPP-Projekt A1 zu. Das hängt mit der finanziellen Situation der A1 mobil GmbH zusammen. Was sich hier abspielt, ist ein ÖPP-Paradebeispiel. Warum trotz des Gerichtsurteils dem Bund enorme Kosten drohen, erläutert Carl Waßmuth in einem Interview, welches das freie Radio LORA aus München mit ihm geführt hat. Hier kann es nachgehört werden.
Medienecho im Bereich Wohnen
Frisch ausgepackt: Lunapark21-Extraheft „Mietenexplosion vs. Daseinsvorsorge“12.12.2019/Hamburger Morgenpost: Mit einer Volksinitiative wollen Vereine in Hamburg erreichen, dass im Bereich Wohnungsbau auf städtischem Grund künftig nur noch Sozialwohnungen gebaut werden. (Mike Schlink: „Volk soll entscheiden. Radikale Pläne für Hamburgs Wohnungsmarkt“)
21.11.2019/Welt: Der Umweltverband BUND fordert weniger Wohnungsbau. Er hat einen „Klimakrisenplan“ für Hamburg vorgestellt. Um den CO2-Ausstoß zu verringern, müsse der Wohnungsbau gedrosselt werden. Der BUND fordert, „weniger, aber energieeffizienter“ zu bauen. Gebäude sollen umgenutzt und saniert, anstatt abgerissen werden. Auch der Flächenverbrauch pro Person müsse reduziert werden – damit der Heizenergieverbrauch sinkt. (Antonia Thiele: „Umweltverband fordert weniger Wohnungsbau“)
Medienecho im Bereich Privatisierung/ÖPP
10.12.2019/private-banking-magazin: Überschaubare Risiken und stabile langfristige Rendite – das wünschen sich Versicherungsunternehmen und setzen auf Investitionen in öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP). Gemeinsam mit Partnern finanziert der Vermögensmanager der Versicherungsunternehmen Munich Re und Ergo, die Meag, im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft den Ausbau eines elf Kilometer langen Autobahnabschnitts der A9 bei Amsterdam. Kostenpunkt: knapp eine Milliarde Euro. Das Projekt umfasst neben dem Ausbau auch den Betrieb und die Instandhaltung des Teilstücks über einen Zeitraum von 14 Jahren. (Tobias Bürger: „Öffentlich-private Partnerschaft. Rückversicherer Munich Re finanziert Autobahnausbau“)
10.12.2019/Welt: Das Bundesverkehrsministerium könne nicht beziffern, ob mit der Autobahn GmbH Geld gespart würde. Für den Aufbau dieser Infrastrukturgesellschaft hatten Bundestag und Bundesrat 2016 das Grundgesetz geändert. Nutznießer seien Privatfirmen, schreibt Matthias Kamann für die Welt im Artikel „Beim Straßenbau tappt Minister Scheuer im Finanznebel“. Für 131,5 Millionen Euro wolle Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) allein in diesem und im kommenden Jahr private Beraterleistungen einkaufen, um die Autobahn GmbH aufzubauen. Das klingt nicht nach einem guten Geschäft für die Steuerzahlenden.
8.12.2019/Süddeutsche Zeitung. Der Beitrag „Der Privatisierungswahn und seine Folgen“ von Heribert Prantl ist eine Grundsatzkritik an der Privatisierung. Er vergleicht die PolitikerInnen mit dem König Midas, der sich gewünscht hat, dass alles, was er berührt, zu Gold wird. Im Vergleich zu heute ging die antike Geschichte glimpflich aus.
4.12.2019/Frankfurter Rundschau: Jutta Rippegather berichtet in der Frankfurter Rundschau von den neuen Skandalen rund um die Pläne zum Ausbau der Autobahn A49 (Anschluss an A5). Das Bundesverkehrsministerium möchte die Finanzierung der letzten 30 Kilometer per ÖPP realisieren. Trotz aller Kritik und Unklarheiten sind in den vergangenen Jahren die Ausgaben für Beratungs- und Unterstützungsleistungen für das Projekt gestiegen. Konkret zahlte das Verkehrsministerium 2017 30.000 Euro, 2018 181.000 Euro und in diesem Jahr 533 000 Euro an Berater. Mal wieder ein teures und intransparentes Projekt, das außerdem mit Landschafts- und Naturzerstörung verbunden sei, kritisieren die Bundestagsabgeordneten Sven Christian Kindler und Bettina Hoffmann (Bündnis90/Die Grünen).(„Hessen: Teure Beratung für A49“)
28.11.2019/Tagesspiegel: Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres hat dem Berliner Abgeordnetenhaus Bericht erstattet. Susanne Vieth-Entus deutet im Tagesspiegel die Ausführungen zum Stand der sogenannten Berliner Schulbauoffensive. Nach wie vor sind die Prognosen der SchülerInnenzahlen vage. GiB hatte bereits im Sommer darauf hingewiesen, dass das statistische Landesamt niedrigere SchülerInnenzahlen berechnet hat und der Schulplatzbedarf im Rahmen der Schulbauoffensive somit revidiert werden sollte. Mondpreise bei den Ausschreibungen und Insolvenzen von Baufirmen seien laut Tagesspiegel weitere Gründe für die ins Stocken geratene Schulbauoffensive, wird im Beitrag „Container, Modulbauten und große Klassen. Wie Berlins Bildungssenatorin Platz für alle Schüler schaffen will“ ausgeführt.
Medienecho zur S-Bahn-Zerschlagung und -Privatisierung
Unser gemeinsames Bemühen mit dem Bündnis Bahn für Alle trägt erste Früchte: Auf den letzten beiden Senatssitzungen wurde – nach anfänglicher Eile – das Thema vertagt. Möglicherweise bremst die Brandenburger rot-schwarz-grüne Landesregierung. Inzwischen haben auch EVG, DGB, BUND und Naturfreunde Berlin die geplante Ausschreibung kritisiert. Zuvor hatten die Partei-internen Gewerkschafts-AGs Kritik geäußert. Aber natürlich ist aufgeschoben noch nicht aufgehoben.