Faktenblatt Nr. 10: Gesucht wird die nächste Elbphilharmonie

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Pressekonferenz 17.10.2013, Bild: GiB

Hintergrundinformationen für die Pressekonferenz am 17.10.2013, Robert-Havemann-Saal im Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin

Faktenblatt Nr. 10 • Zusammengestellt von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) und ver.di Fachbereich Gemeinden

Das Faktenblatt zum herunterladen: FB-10 – Gesucht wird die nächste Elbphilharmonie

Diagramm 1: Entwicklung der Anzahl der gescheiterten Projekte
Diagramm 1: Entwicklung der Anzahl der gescheiterten Projekte

Die Verleihung der PPP-Innovationspreise findet seit 2005 jährlich statt. Der Behörden-Spiegel und der Bundesverband PPP haben den Preis ausgelobt, um „die inhaltliche Qualität öffentlich-privater Projekte zu erhöhen.“

Unter den 51 bisherigen Preisträgern sind die Elbphilharmonie in Hamburg, das Mautsystem Toll Collect, das Bürgerportal „Würzburg integriert!“ und das Protonentherapiezentrum in Essen. Diese und zahlreiche weitere „Gewinner“ sind in wenigen Jahren gescheitert. Sie haben enorme Kosten verursacht und die Bereitstellung von Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge beeinträchtigt oder gar verhindert.

Von den 51 prämierten Projekten wurden allein acht in den ersten fünf Jahren entwe­der abgebrochen, oder wiesen erhebliche Leistungseinschränkungen oder massive Kostensteigerungen auf (das entspricht 16 Prozent der prämierten Projekte). Die durchschnittliche Laufzeit der prämierten Projekte beträgt 23,5 Jahre. Bleibt die ge­schilderte Entwicklung konstant, so weisen nach Ablauf der Laufzeit 75 Prozent der prämierten Projekte eine der genannten Formen des Scheiterns auf (siehe Diagramm 1).

 

Diagramm 2: zu prämierten, gescheiterten PPP-Projekten zugehöriges Volumen in Mio. € / %
Diagramm 2: zu prämierten, gescheiterten PPP-Projekten zugehöriges Volumen in Mio. € / %

Fast die Hälfte des prämierten PPP-Volumens gehört schon 2013 zu gescheiterten Projekten

Vom Gesamt­volumen der prämierten Projekte von 18,4 Mrd. Euro sind 9,1 Mrd. Euro gescheiter­ten Projekten zuzuordnen, das sind schon heute, teilweise weit vor Ablauf der regulä­ren Laufzeit 49 Prozent der Projekte (siehe Diagramm 2).

 

 

Kriegen zwei Drittel der Projekte von 2013 den Preis?

51 Projekte haben bisher einen „Innovati­onspreis PPP“ bekommen. Die Datenbank des Bundes2 listet seit 2002 insgesamt 187 PPP-Vertragsabschlüsse und 41 Projekte „mit ÖPP-Elementen“ auf, zusammen 212 ÖPP-Projekte. Die ÖPP-Plattform der Deut­schen Bauindustrie3 zählt 209 ÖPP-Projekte seit 2002. Damit bekam bisher fast jedes vierte Projekt den Preis (24% der aufge­führten Projekte). Berücksichtigt man das Projektvolumen, so bekam von jeder PPP-Milliarde 660 Millionen Euro einen Preis. Dass die Chancen auf einen „Innovations­preis PPP“ für Projekte mit Vertragsab­schluss in 2013 besonders gut stehen, ver­danken sie auch der stark angestiegenen öffentlichen Kritik am Modell PPP: Die Projektabschlüsse sind stark rückläufig, 2013 sind es nur noch 9 Projekte (15 in 2012, 19 in 2011). Damit stehen die Chancen bei bisher durchschnittlich sechs vergebenen Preisen pro Jahr auf einen „Innovationspreis PPP“ pro Projekt bei 66 Prozent (siehe auch Diagr. 4).4

Acht „PPP-Innovationspreisträger“ innerhalb der ersten fünf Jahre gescheitert

Form d.Scheiterns / Prämiertes Projekt Projekt
abgebrochen
eklatante
Kostensteigerungen
massive
Leistungsein­schränkungen
unwirtschaftlich
Würzburg
integriert
vom
Investor abgebrochen
geforderte
Funk­tionalität wurde nie erreicht
Stadtbad
Winterberg
Investor
insolvent
Bad
seit 01.05.2013 unbefristet geschlossen
Protonentherapie-zentrum
Essen
zurückgekauft The­rapieplätze
vier Jahre später als geplant bereitgestellt
Schulen
Landkreis Offenbach
In
acht Jahren auf 150 Prozent
Elbphilharmonie
Hamburg
über
eintausend Prozent
Fertigstel­lung
statt 2010 voraussichtlich 2017
LKW-Mautsystem
„Toll Collect“
sieben
Mrd. € Schaden bei 6,8 Mrd. € Volumen
16
Monate verspätet, voller Leistungsum­fang erst nach 24
Monaten
Justiz-
und Verwaltungszentrum Wies­baden
Gesamtsystem
genügt „nicht den anerkann-ten Regeln der Technik“
Kitas
Halle
gemäß
Rechnungshof
Freibad
Trier
gemäß
Rechnungshof

PPP-Datenbank des Bundes: Riesen-PPP-Projekte sind nicht aufgeführt

In der Datenbank des Bundes (Stand: 13.10.2013) sind derzeit zu 36 der 51 Preisträger Angaben zu den Investitions- und Projektvolumen sowie zur Laufzeit auf­geführt. Daraus lassen sich folgende Sum­men und Durchschnittswerte ableiten:

  • Durchschnittliche Laufzeit aller aufgeführten Projekte: 24,5 Jahre
  • Durchschnittliche Laufzeit aller bisher prämierten Projekte: 23,6 Jahre
  • Volumen aller in der Datenbank des Bundes aufgeführten Projekte: 13,45 Mrd. Euro
  • Volumen aller in der Datenbank des Bundes aufgef. prämierten Projekte: 3,81 Mrd. Euro (28,3 %)

Allerdings fehlen wesentliche prämierte Projekte: Allein das Bundeswehr-IT-Projekt (Herkules, 7 Mrd. Euro, 10 Jahre Laufzeit), das LKW-Maut-Sammelsystem (Toll Collect, geschätzte 6,8 Mrd. Euro, 12 Jahre Lauf­zeit) sowie die Elbphilharmonie Hamburg (0,8 Mrd. Euro, 20 Jahre Laufzeit) verän­dern die Werte völlig. Das Volumen aller erfassten Projekte steigt auf 28,0 Mrd. Euro, das der bisher prämierten Projekte steigt auf 18,4 Mrd. Euro. Das sind dann bereits 65% aller erfassten Projektvolumi­na.

  • Volumen aller Projekte (inkl. Herkules, Toll Collect, Elbphilharmonie): 28 Mrd. Euro Mrd. Euro
  • Volumen prämierte Projekte: (inkl. Herkules, Toll Collect, Elbphilh.): 18,4 Mrd. Euro (65%)

Daraus wird deutlich (siehe dazu auch Diagramme 4 und 5):

  • Die PPP-Datenbank des Bundes ist bis zur Unbrauchbarkeit unvollständig.
  • Die „PPP-Innovationspreise“ für kleine PPP-Projekte sollen die Verschleuderung von Steuergeldern in den Mega-Projekten ver­decken.
Diagramm 3: Verhältnis Volumen prämierter PPP-Projekte zum Volumen der PPP-Projekte aus der Datenbank des Bundes zuzüglich „Herkules Bundeswehr-IT“, Toll Collect, Elbphilharmonie Hamburg (ohne prämierte PPP-Projekte)
Diagramm 3: Verhältnis Volumen prämierter PPP-Projekte zum Volumen der PPP-Projekte aus der Datenbank des Bundes zuzüglich „Herkules Bundeswehr-IT“, Toll Collect, Elbphilharmonie Hamburg (ohne prämierte PPP-Projekte)
Diagramm 4: prämierte PPP-Projekte, absteigend nach Projektvolumen sortiert
Diagramm 4: prämierte PPP-Projekte, absteigend nach Projektvolumen sortiert
Diagramm 5: prämierten PPP-Projekte, prozentualer Anteil am der Summe der Volumen
Diagramm 5: prämierten PPP-Projekte, prozentualer Anteil am der Summe der Volumen; Projektvolumen unbekannt: Digitales Bürgerportal Würzburg, Neuordnung des Hamburger Schulwesens, Umstrukturierung der „Hafen- und Bahnbetrieb Krefeld“, Fachübergreifender Einsatz neuer Medien Chemnitz „Schul-IT“, Oldenburg Hubschrauberflüge, Forderungsmanagement für die Jusitz (Stuttgart), Nordhessen Elektromedizinprojekt, Flächendeckendes Breitband im Odenwaldkreis, Bürgerkredit Oestrich-Winkel

 

LKW-Mautsystem in Deutschland (Toll-Collect) (Sonderpreis 2005):

Das LKW-Maut-Projekt Toll Collect ist Trä­ger des Innovationspreises PPP 2005. Die Auszeichnung wurde mit Blick auf den be­sonderen Charakter dieses schwierigen Vorhabens außerhalb der Reihe verliehen. Jury-Mitglied Hans G. Utech von der Lan­desbank Hessen-Thüringen sprach dem Projekt Toll Collect seine Hochachtung aus angesichts des Umfangs und der Risiken des Vorhabens, der zu überwindenden Pro­bleme und der finanziell überaus positiven Wirkphase seit Beginn des Jahres: „Toll Collect – ein Tolles Projekt!“ Dies trotz der Häme, mit der die Medien die Entwicklung des LKW-Maut-Projekts in den letzten Jahren bedacht hätten.5

Die Lkw-Maut in Deutschland ist ein Mus­terbeispiel für die misslungene Abgabe von öffentlichen Aufgaben an ein privates Un­ternehmen. Das Konsortium Toll Collect (45% Deutsche Telekom, 45% Daimler, 10% Cofiroute) erhielt von der damaligen rot-grünen Bundesregierung den Auftrag in Deutschland bis zum 31. August 2013 ein Lkw-Maut-System aufzubauen, es anschlie­ßend zu betreiben und die Gebühren abzu­rechnen. Toll Collect war mit dem Organi­sationsaufwand und der technischen Kom­plexität des Vorhabens jedoch völlig über­fordert. Die Lkw-Maut konnte erst mit 16 Monaten Verspätung erhoben werden, alle geforderten Funktionalitäten waren sogar erst im Januar 2006 verfügbar, und damit etwa drei Jahre später als mit der Bundesregierung vertraglich vereinbart worden war. Angesichts der Gesamtlaufzeit des Vertrages von 12 Jahren sind dies beträcht­liche Verspätungen.

2004 setzte die Bundesregierung eine Schadensersatzklage in Gang, die noch heute nicht entschieden ist. Der Bund fordert knapp 3,5 Milliarden Euro für den Einnahmeausfall in den 16 Monaten, in de­nen die Maut nicht abgerechnet werden konnte, sowie die Zinsen für diese 3,5 Milli­arden Euro. Zudem ist durch die erst ver­spätete Erfüllung des Vertrages durch den privaten Partner eine Konventionalstrafe fällig. Die Schadensersatzforderungen des Bundes belaufen sich damit insgesamt auf knapp 7 Milliarden Euro. Die Konzerne verweigern die Zahlung, weil sie sich an der 16-monatigen Verzögerung nicht als schuldig ansehen und daher trotz des verspäteten Starts keine Rücklagen für eine solche Forderung gebildet haben. Die Gewinne (Toll Collect erhält für das Betreiben der Lkw-Maut ca. 500 Mio. Euro im Jahr) wurden stattdessen an die Eigentümer ausgeschüttet. Noch bei Vertragsabschluss präsentierte Toll Collect sich als gut vorbereitet und garantierte einen pünktlichen Start. Noch immer ist das Ergebnis der Klage offen. Allein die Verhandlungen vor dem Schiedsgericht haben den Bund nach aktuellen Angaben schon ca. 111 Mio. Euro gekostet, ein Großteil davon ging an private Beratungsgesellschaften. Für den Fall, dass die Klage Erfolg hat, drohen die privaten Partner mit Ausfällen des Mautsystems. Dies zeigt demonstrativ, mit welcher Arroganz private Konzerne den Staat behandeln und wie sehr sich dieser durch Privatisierungen angreifbar macht.

Fraglich ist zudem wie zukunftssicher das System ist. Mit einer Ausweitung der Lkw-Maut auf die Bundesstraßen, wie sie im Au­genblick diskutiert wird, wäre die Technik wohl schon überfordert. Ganz sicher aber ist, dass die Technik für eine streckenab­hängige Pkw-Maut, wie es sie in fast allen europäischen Nachbarländern schon gibt, gänzlich ungeeignet wäre.

Der ca. 17.000 Seiten lange Vertrag ist so geheim, dass selbst die Abgeordneten des Bundestages ihn nur auf Antrag lesen dür­fen, darüber sprechen oder Vertragsmoda­litäten in die politische Diskussion einbrin­gen dürfen sie aber auch dann nicht. Un­klar ist deshalb zum Beispiel, ob der Bund die Lkw-Maut nach Auslaufen des Vertra­ges im Jahr 2015 ohne weiteres selbst übernehmen oder neu ausschreiben kann, denn wenn die Lizenzen für die Technik im Jahr 2015 nicht an den Bund übergehen, werden diese beiden Option kompliziert. Denkbar ist deshalb, dass der Bund das Projekt nach Vertragsablauf noch einmal teuer bezahlen muss, entweder durch einen Kauf der Lizenzen oder indem das Projekt wider Willen und trotz schlechter Arbeit abermals an Toll Collect vergeben werden muss. Letzterer Fall würde die Abhängigkeit von Toll Collect noch weiter vergrößern, wie Mitarbeiter des Bundesministeriums für Verkehr schon im letzten Jahr warnten. Ausgehandelt und verfasst wurde der Vertrag übrigens von der wirtschaftsnahen Kanzlei Freshfields, ein durchaus üblicher Vorgang bei PPP-Projekten.

Toll Collect stellte mit großer Verspätung ein unflexibles, technisch zu komplexes und daher fehleranfälliges Mautsystem be­reit und bewies damit von Beginn an, dass sie den Anforderungen eines solchen Pro­jektes nicht gewachsen sind. Zudem kostet die anhaltende Weigerung des Konsorti­ums für den verursachten Schaden gerade zu stehen den Steuerzahler viel Geld. Ebenso problembehaftet ist das giganti­sche und intransparente Vertragswerk. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der vielen bekannten Konflikte scheint die Ver­leihung des ÖPP-Sonderpreises an Toll Col­lect wie blanker Hohn.

Quellen:

www.gemeingut.org/2013/06/staatsgeheimnis-lkw-maut-ein-wdr-beitrag/

www.heise.de/tp/artikel/38/38349/1.html

FB-08-Erfahrungen mit PPP: www.gemeingut.org/material/

www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.mautsystem-toll-collect-ladenhueter-statt-exportschlager.64df7959-25e9-459d-9bc8-f5cf27f72f38.html

 

Landkreis Offenbach – Preis für die Sanierung von 90 Schulen (Preisträger 2005)

Deutschlandweit das größte „Public Priva­te Partnership“-Projekt im Hochbau betrifft die Sanierung von 90 Schulen in allen 13 Kommunen des Landkreises Offenbach. Vertragspartner des Kreises sind die Unternehmen Hochtief (Essen) – das allerdings sein hierfür gegründetes Tochterunternehmen inzwischen teilweise verkauft hat – und SKE (Mannheim). Das Projekt wurde 2003 politisch beschlossen, die Verträge 2005 abgeschlossen. Innerhalb von fünf Jahren sollten alle Schulen saniert und modernisiert werden, anschließend hatten sich die privaten Partner noch für weitere zehn Jahre das Gebäudemanagement einschließlich der Hausmeister-Dienstleistungen gesichert.

Das Gesamtvolumen wurde ursprünglich auf 780 Mio. taxiert und der Kreis sollte dabei – verglichen mit der Eigenerstellung – 180 Mio. sparen6. 18,5 Prozent Effizienzvor­teil bescheinigten die Berater von Berlin-Brandenburger Beratungsdienste (BBD), Ernst & Young und der Kanzlei Freshfields und erhielten dafür etwa 30 Millionen Euro.7 Entscheidend für den Kreis war aber wohl, dass die Eigenerstellung an fehlenden Mit­teln gescheitert wäre: Den entsprechenden Kredit hätte die Kommunalaufsicht nicht genehmigt, die PPP-Variante gefiel dem In­nenministerium besser. Die Kostenkalkula­tion ging jedoch nicht auf: Die ursprünglich veranschlagte jährliche Zahlung der öffent­lichen Auftraggeber an die beteiligten Fir­men erhöhte sich um runde 50% von 52 auf 78 Mio. Euro. Die Gesamtkosten kön­nen – setzt sich diese Entwicklung fort – auf weit über 1 Mrd. steigen.8 Ursache dafür waren teils Bauverzögerungen, die zu Preissteigerungen führten, teils nachträg­lich vereinbarte zusätzliche Leistungen. Dabei dürften auch Planungsfehler eine Rolle spielen, jedenfalls stehen Pressebe­richten zufolge derzeit fünf der aufwändig sanierten Schulen aus demografischen Gründen leer.9

Von Transparenz kann bei diesem Projekt keine Rede sein. Die Verträge füllen mit allen Anlagen fast 20 Aktenordner und wa­ren für die Kreistagsabgeordneten wie für die Personalvertretung nur zwei Wochen lang einsehbar. Die Akteneinsicht war nur unter Aufsicht möglich und wurde kaum wahrgenommen, die wenigsten Kreistags­mitglieder konnten also überschauen, wor­über sie abstimmten. (Text Wolfgang Pohl)

 

Würzburg integriert!“: total gescheitert (Preisträger 2007 und 2008)

Das erste PPP-Projekt in der öffentlichen Verwaltung in der BRD wurde 2007 be­gründet. Die Würzburger CSU-Oberbürger­meisterin unterschrieb am 16. Mai den im Übrigen geheim gehaltenen Vertrag mit ar­vato government services, einer Tochter­gesellschaft des TV- und Medienkonzerns Bertelsmann. Unter dem Namen „Würz­burg integriert!“ sollte Arvato, „ein erfahre­ner und finanzstarker Partner aus der Wirt­schaft“10 die gesamte kommunale Adminis­tration modernisieren. Der Vertrag war zu­nächst auf zehn Jahre ausgelegt. Der von den Partnern errechnete „Effizienzvorteil“ betrug 27 Millionen Euro. Davon sollte die Stadt zehn Millionen erhalten, Arvato rech­nete nach Abzug der Kosten mit einem Ge­winn von sieben Millionen.

Das Projekt wurde von den Befürwortern als „ein deutschlandweit einzigartiges und sehr ehrgeiziges Projekt“ angepriesen. „Unsere Verwaltung wird schneller, besser und bürgernäher“, versprach
Oberbürger­meisterin Pia Beckmann auf einer Presse­konferenz im Rathaus anlässlich der Ver­tragsunterzeichnung. „Gleichzeitig können die Verwaltungskosten gesenkt werden“. Rainer Thome,
Professor für Wirtschaftsin­formatik der Universität Würzburg, tönte in gleicher Weise: „Endlich wird der Bürger von der unsinnigen Teilung von Behör­denabläufen befreit. Alle Daten werden nur mehr einmal erfasst, gespeichert und be­arbeitet. Das ist eine Revolution“.11

Die BürgerInnen würden in Zukunft bei An­trägen u.ä. über ein Bürgerportal via Inter­net mit der Stadtverwaltung kommunizie­ren. Das heißt, sie übernehmen teilweise die Arbeitb der MitarbeiterInnen, indem sie ihr Anliegen selbst eingeben. An einen Wegfall von Gebühren war allerdings nicht gedacht. Fragen des Datenschutzes wur­den nicht ernsthaft erörtert; so konnte zum
Beispiel nicht geklärt werden, wie sich die Bürger fälschungssicher einloggen können. Der Landesdatenschutzbeauftragte stellte fest: Die Datensicherheit ist nicht gewähr­leistet. Unklar blieb auch, wer von den Partnern Zugriff auf die Daten hat. Arvato ist auch im Adressenhandel aktiv.

Das Projekt erhielt im Jahr 2008 den Inno­vationspreis des Bundesverbands. Gleich­zeitig integrierte der Bund der Steuerzah­ler „Würzburg integriert!“ in sein Schwarz­buch fragwürdiger Projekte: „Wie viel Steu­ergelder für das mit viel Vorschusslorbee­ren versehene Projekt schließlich ausgege­ben wurden, wird wohl ein Geheimnis blei­ben.“

Mithilfe des Modellprojekts wollte Bertels­mann auch in anderen Städten und bei In­stitutionen von Bund, Ländern und Kom­munen zum Zug kommen; „Würzburg inte­griert!“ war als Vorbild für weitere PPP-Pro­jekte angepriesen. Die Beschäftigten in Würzburg setzten sich jedenfalls gegen den Abbau ihrer Arbeitsplätze zur Wehr. Überdies blieben die Einsparungen aus und nicht eingeplante Kosten machten das Pro­jekt uninteressant. Würzburgs neuer Ober­bürgermeister Georg Rosenthal (SPD) zog Bilanz: „Spürbare Einsparungen gibt es noch nicht.“ Man brauche eher mehr Per­sonal. Still und leise verabschiedete sich Arvato 2011 von seinem Modellprojekt. (Text Prof. Dr. Jürgen Schutte)

Weitere Quellen:

www.neues-deutschland.de/artikel/174089.vorbildliche-pleite-in-wuerzburg.html

www.egovernment-computing.de/projekte/articles/335808/

www.bertelsmann-kritik.de

 

Elbphilharmonie Konzertsaalensemble in Hamburg (Sonderpreis 2007)

Mit der Elbphilharmonie sollte das Prunk­stück der Hamburger HafenCity entstehen. Doch seit Beginn der Planungen sind es vor allem die massiven Verzögerungen und Kostensteigerungen mit denen der Kon­zertsaal auf sich aufmerksam gemacht hat. Ursprünglich sollte die Elbphilharmo­nie 2010 fertiggestellt werden und 77 Mil­lionen Euro kosten. Inzwischen lässt Ober­bürgermeister Olaf Scholz verlauten, dass die Steuerzahler unterm Strich mit 789 Mil­lionen Euro rechnen müssen. Die Eröffnung soll im Jahr 2016 stattfinden und damit 6 Jahre später als bei Vertragsschluss ge­plant.

Der CDU-geführte Senat hatte sich auf das Gutachten der Vergabespezialistin Dr. Jas­per aus der Kanzlei Heuking & Partner ver­lassen, wonach die Verträge wasserdicht seien. Doch das waren sie nicht, vor allem wurde mit einer unvollständigen Planung zu bauen begonnen. Der Senat hatte die Stararchitekten Herzog & de Meuron her­angezogen; neben drei Konzertsälen haben sie ein Fünfsterne-Hotel und 47 Luxusei­gentumswohnungen geplant, woraus auf dem Kaispeicher 1 am Hafen eine Attrakti­on von Weltformat entstehen sollte. Der Renditeanteil für Hochtief war zu Beginn vertraglich festgeschrieben. Im eigens ge­bildeten parlamentarischen Untersu­chungsausschuss wird der Konzern als „An­waltskanzlei mit angeschlossener Bauab­teilung“ bezeichnet.

2007 wurde das Vorhaben bei der Preisver­leihung für die PPP-Innovationspreise mit dem Sonderpreis bedacht. Angesichts des geradezu augenscheinlichen Scheiterns der Zusammenarbeit ist es aber
nicht ver­wunderlich, dass der PPP-Charakter des Projekts von den Partnern nunmehr herun­tergespielt und totgeschwiegen wird. Da­bei zeigen die massiven Mehrkosten für den Steuerzahler exemplarisch, wer in ei­ner solchen Partnerschaft das Risiko trägt: die öffentliche Hand. Hinzu kommen zu­dem die zahlreichen Interessenskonflikte, die in einem Bündnis zwischen öffentlichen und privaten Partnern naturgemäß vorhan­den sind. In diesem Fall führten sie zu zahl­reichen teuren Nachverhandlungen und vielen Folgeverträgen. Im Oktober 2011 legte Hochtief sogar die Bauarbeiten auf Eis, um die Stadt dazu zu zwingen, auf die weiteren Nachforderungen der Hochtief-Anwälte einzugehen.

Quellen:

FB-08-Erfahrungen
mit PPP: www.gemeingut.org/material/

www.ndr.de/regional/hamburg/elbphilharmonie821.html

 

Westdeutsches Protonentherapiezen­trum Essen (Sonderpreis 2007)

Projektpartner: Universitätsklinikum Essen, STRABAG Projektentwicklung GmbH Köln und Ion Beam Applications S.A. Die Finan­zierung sicherte ein Konsortium, das von Fortis und der Deutschen Bank angeführt wurde.“12

Nach rund vierjähriger Bauzeit (11/2006 bis 07/2010) sollen ab 2009 stufenweise jährlich bis zu 2.200 Patienten an vier Plätzen behandelt werden. Im Anschluss an die 15-jährige Betriebszeit übernimmt die Universitätsklinik Essen die Anlage voll­ständig. Der Effizienzvorteil liegt bei über 20 Prozent. – So weit die Reklame!

Das Westdeutsche Protonenzentrum Essen (WPE) sollte nach Aussagen von Reinhold Keil, dem Kaufmännischen Direktor des Universitätsklinikum Essen, nicht nur aus medizinischer, sondern auch aus ökono­misch Sicht ein Vorzeigeprojekt sein: „Das Protonentherapiezentrum ist das erste Public-Private-Partnership-Vorhaben an ei­nem Universitätsklinikum und das größte deutschlandweit. Das Projekt führen wir nach strengen marktwirtschaftlichen Krite­rien“.13

Das Ergebnis sieht aber anders aus: der Bau wurde 2006 begonnen und anstatt wie geplant, im Jahr 2009, wurde er erst im Mai 2013 abgeschlossen. Das heißt, der Bau hat insgesamt fast sieben Jahre ge­dauert bzw. doppelt so lang wie geplant. Für das Projekt wurden am Anfang 82 Mil­lionen Euro veranschlagt, aber letztendlich flossen 135 Millionen, d.h. 70% mehr als geplant in das Projekt.14,15

Die hohen Kosten des WPE bedrohen offen­bar andere Gesundheitseinrichtungen am Standort. So haben 21 Klinik- und Instituts-Chefs der Uniklinik einen Offenen Brief an den Aufsichtsrat
unterzeichnet: „man fürchte die im Planungs- und Bauprozess stark gestiegenen Kosten für das WPE könnten nötige Investitionen für die ande­ren 50 Kliniken und Institute gefährden.“16  Auch die Kaufmännische Direktorin Barba­ra Schulte hat die Investition von weiteren zehn Millionen Euro in das Protonenzen­trum
abgelehnt, daraufhin wurde sie ge­kündigt.

Nach neuesten Erkenntnissen waren auch die Patientenprognosen völlig überhöht und müssen um 50% gesenkt werden: Die von Investoren geplanten bis zu 2500 Fäl­len jährlich schrumpfen auf nicht mehr als 1000 bis 1200 Krebspatienten. Das bedeu­tet auch mindestens 50 Prozent weniger Einnahmen.17 Die letzte, vierte Anlage soll erst in vier Jahren in Betrieb gehen. Trotzdem hat die Uniklinik mit den Investoren folgendes ausgehandelt: statt wie vertraglich verein­bart pro erfolgter Behandlung zu bezahlen, hat sie das Zentrum am 28.05.2013 mit Unterstützung des Landes gekauft und somit das volle Kostenrisiko des Betriebs übernommen. Die Ärzte des Klinikums kritisieren die Ent­scheidung, denn es wird erst in der Zu­kunft klar, ob die neu berechneten Patien­tenzahlen stimmen. Es heißt „Jetzt kaufen – in vier Jahren rechnen“, so kann mit dem Zentrum das Finanzloch noch größer wer­den.18  Auch ein internes Gutachten hat der Kalkulationsgrundlage widersprochen: die Zahl sei zu hoch gegriffen und man emp­fiehlt einen Probebetrieb. Ein Verlust von 139 Millionen Euro wäre nicht auszuschlie­ßen.19

Dass die Zahl unrealistisch ist, zeigen auch bisherigen Erfahrungen: „Weltweit werden in keiner Protonentherapie-Anlage so viele Patienten behandelt. In den USA kommen Betreiber auf durchschnittlich 1.000 Fälle, das UK Heidelberg schafft knapp 750.“20

Nach offiziellen Erklärungen sind die Verzö­gerungen entstanden, weil die Einrichtung der Technik sehr kompliziert sei und die Justierung der Bestrahlungsgeräte etwa doppelt so viel Zeit in Anspruch nehme wie ursprünglich geplant. Dass den Partnern solche Pannen passieren, überrascht, denn IBA beteuert, bereits 11 ähnliche Anlagen gebaut zu haben: „Die Erfahrung von IBA bei der erfolgreichen Fertigstellung von elf Protonentherapiezentren kam dem Projekt WPE zugute. IBA hat damit an der Erstel­lung von rund der Hälfte aller Protonenthe­rapiezentren weltweit mitgewirkt. Alle die­se Anlagen sind erfolgreich in Betrieb und haben bislang mehr als 12.000 Patienten behandelt.“21

Fazit

Mit den Anlagen ergaben sich erhebliche Nachteile für die öffentliche Hand:

  • Doppelt so lange Bauzeit als geplant und infolge dessen Verzögerungen bei der Inbetriebnahme von vier Jahren.
  • Die Kostensteigerung um fast 70% (von 80 Mio. auf 135 Mio.)
  • Fehlerhafte Berechnungen der Patien­tenzahlen: von 2500 Fällen mussten die Zahlen auf 1000 bis 1200 Fälle gesenkt werden. Auch diese Zahl ist völlig un­gewiss, sie wurde ermittelt, als noch kein einziger Patient behandelt worden war und entspricht nicht den Berechnun­gen im internen Gutachten.
  • Anders als ursprünglich vereinbart, wird die Klinik nicht pro behandeltem Patien­ten zahlen, sondern hat die Anlage ge­kauft und das trotz der schon jetzt sich abzeichnenden und im internen Gut­achten prognostizierten Nachteile.

(Text Laura Valentukeviciute)

Weitere Quellen:

www.derwesten.de/staedte/essen/nicht-nur-positiv-geladen-id4851070.html

www.derwesten.de/staedte/essen/gut-im-zeitplan-id244997.html

www.derwesten.de/staedte/essen/uniklinik-essen-behandelt-krebs-mit-protonentherapie-id6658705.html#plx2031606169

www.wtz-essen.de/willkommen/aktuelles/news-detail/artikel/erster-patient-in-behandlung-am-westdeutschen-protonentherapiezentrum-essen.html

www.kma-online.de/nachrichten/klinik-news/uk-essen-barbara-schulte-offenbar-am-protonentherapie-zentrum-gescheitert___id__30848___view.html

 

Bundeswehr-IT-Projekt HERKULES (Innovationspreis 2011)

Aus der Laudatio:

„Die Öffentlich Private Partnerschaft ist günstiger als eine Modernisierung in Eigenregie der Bundeswehr. Eine Anschubfinanzierung des Projekts wäre ohne die Unterstützung der privaten Partner nicht möglich gewesen. Die Bundeswehr kann sich durch Herkules von Aufgaben trennen, die sie nicht unbedingt selbst machen muss und sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren. Ein neuerlicher Forschungsbericht zur Nutzerzufriedenheit von Herkules hat deutlich bessere Ergebnisse erbracht als dies noch 2009 der Fall war.“22

Aus der Realität:

Die Kostensprünge bei Herkules, rund 700 Millionen Euro, sind inakzeptabel. Ich habe angewiesen, Konsequenzen zu ziehen. Eine Kostendeckelung ist unvermeidbar, und es muss geklärt werden, welche Einheiten das System wirklich braucht. Jede einzelne Projektmaßnahme steht auf dem Prüfstand.“ [aus: Welt, 2010, Interview mit Verteidigungsminister Guttenberg]

Tatsächlich ist von kaum einem PPP-Projekt so wenig offiziell bekannt wie vom Bundeswehr IT-Projekt HERKULES. Dabei ist es nach eigenen Angaben das größte PPP-Projekt Europas. Die  untenstehenden Angaben beruhen daher auf Presseberichten. Dass das Projekt gigantische finanzielle Ausmaße hat, ist jedoch aus den Finanzplänen des Bundes ersichtlich23.

Finanzplan des Bundes 2011-2016
Finanzplan des Bundes 2011-2016

 

 

 

 

 

 

 

Allerdings ist „Herkules“ dort nicht einzeln ausgewiesen. Man sieht nur den stattlichen PPP-Etat des Verteidigungsministeriums; 12,582 Milliarden Euro wandern dort bereits in Privatisierungen. Professor Tim Engartner weist auf Probleme hin, die entstehen, wenn derart sicherheitsrelevante Bereiche durch PPPs und Privatisierungen angreifbar gemacht werden24. Nach „Prism“ und dem NSA-Skandal sollte auch neu bewertet werden, ob die Vergabe der Bundeswehr-IT an Privatkonzerne wirklich eine innovative, preiswürdige Idee war – zumindest aus Sicht der
Bevölkerung.

Ebenfalls aus dem Finanzplan des Bundes 2011 – 2016:

Wichtigstes ÖPP-Vorhaben der Bundeswehr ist das IT-Projekt HERKULES […] Weitere große ÖPP-Projekte betreffen den Betrieb des Fuhrparks (handelsübliche und teilmilitarisierte Fahrzeuge der Bundeswehr), das Bekleidungswesen und die Heeresinstandsetzungslogistik sowie im Hochbaubereich die Sanierung und den Betrieb der Fürst-Wrede-Kaserne in München.“

Herkules soll angeblich 7 Milliarden Euro kosten, Fürst-Wrede-Kasernein München 224 Millionen Euro. Insgesamt sind 12,792 Mrd. Euro veranschlagt. Sollten etwa Fuhrparkbetrieb, Bekleidungs­wesen und Heeresinstandsetzungslogistik zusammen 5,568 Milliarden Euro kosten? Kaum zu glauben. Aber neben den immensen Kosten steht auch die Qualität in der Kritik: Nutzer und Projektleiter, die das neue System bedienen, fällen in einem internen Bericht des Verteidigungsministeriums, der dem Handelsblatt vorliegt, ein verheerendes Urteil: „Keiner der Befragten ist der Meinung, dass sich die strategische Partnerschaft der Bundeswehr mit der (Kooperationsgesellschaft) BWI IT bewährt habe.“ Angesichts der zahlreichen Pannen und Fehlfunktionen sowie der „sehr häufigen“ Ausfälle des gesamten IT-Netzes räumt das Verteidigungsministerium in seinem nicht-öffentlichen Resümee ein:

Niemand hält die BWI IT für einen guten industriellen Partner, der der Aufgabe gewachsen ist und flexibel genug ist, um auf die Besonderheiten seines Organisationsbereichs einzugehen.“ […]

In dem internen Bericht mit dem Titel „Evaluierung der Zielerreichung und der Wirtschaftlichkeit des Kooperationsprojektes Herkules“ listet das Verteidigungsministerium auch herbe Detail-Kritik der Nutzer auf: Jede vierte befragte Dienststelle beanstandet demnach „häufige“ oder „sehr häufige“ Störungen, Ausfälle diverser Geräte wie Laptops oder Drucker sowie ein Versagen des gesamten IT-Systems. Jede dritte Dienststelle beschwert sich über eine geringe Geschwindigkeit und die schlechte Performance des Internets. Ebenso viele Dienststellen bezeichneten den Zugang zur SASPF-Software als „schlecht“ bis „sehr schlecht“. Ein Großteil der Nutzer konnte keinen Fortschritt zum veralteten, maroden Bundeswehrsystem erkennen. „Mehr als die Hälfte stellt eine Verschlechterung beziehungsweise starke Verschlechterung fest.“ Kein Wunder, dass auch das Verteidigungsministerium um ein negatives Resümee von „Herkules“ nicht herumkommt: „Die deutliche Skepsis gegenüber dem Projekt ‚Herkules’, insbesondere gegenüber der Entscheidung, die flächendeckende Modernisierung der IT der Bundeswehr im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft zu realisieren, manifestiert sich in einem geringen Vertrauen in die Managementkompetenz der BWI IT.“ […] „94 Prozent der Dienststellenleitungen sind jetzt der Ansicht, dass die Bundeswehr die Leistungen genauso gut oder besser hätte erbringen können.“ […] „Herkules“ hat wegen starker Verzögerungen und erheblichen finanziellen Mehrbedarfs wiederholt negative Schlagzeilen produziert. Schon vor der herben Kritik des Rechnungshofes drohte der Haushaltsausschuss des Parlaments mit der Auflösung der Verträge, weil die BWI IT trotz zweifelhafter oder nicht erbrachter Leistungen hohe Mitarbeiterboni zahlte. [Handelsblatt]. (Text Carl Waßmuth)

 

Vital Resort Oversum in Winterberg (Preisträger 2011)

Nur ein Jahr nach der Eröffnung ist das prämierte Projekt seit dem 1. Mai 2013 vorläufig nicht in Betrieb. Dies erfolgte, nachdem die Stadt sich entschieden hatte, die Beitreibergesellschaft aquasphere Winterberg GmbH nicht mit der Übernahme „zusätzlicher weitreichender Verpflichtungen zu unterstützen, da diese für die Stadt zu nicht abschätzbaren Risiken geführt hätten“.25 Der Investor des Projekts, s.a.b., ist an mehreren Bäderprojekten beteiligt und die Folgen für die Kommunen sind überall ähnlich. Eine Liste mit einigen s.a.b.-Projekten:

1. Bad Leimen

  • im Jahr 2005 PPP-Vertrag geschlossen
  • im Jahr 2007 Forderung nach zusätzlichen öffentlichen Mitteln, Drohung mit Badschließung
  • im Jahr 2009 wird das Bad durch die Stadt übernommen
  • im Jahr 2012 weitere Folgekosten für die Stadt.

2. Oktopus Siegburg

  • PPP-Innovationspreis 2010 erhalten
  • 2012 Nachforderungen von s.a.b. an die Stadt
  • Ende 2012 fordern Gemeinderäte, dass s.a.b. den Innovationspreis zurückgibt
  • 21.1.2013 FDP-Gemeinderäte fordern die Überprüfung der Vergabe des Innovationspreises 2010

3. Bad Stadt Winterberg – Oversum

  • PPP Innovationspreis 2011
  • am 2.3.2013 beschließt der Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung „keine weiteren Zugeständnisse an die Betreibergesellschaft“
  • 12.3.2013 Geschäftsführer ist nicht mehr Herr W. Wäscher sondern Herr Wolf (wohnhaft in Singapur), Quelle: Handelsregister Amtsgericht Arnsberg
  • 26.03.2013 Eröffnung des Insolvenzverfahrens

4. Misburger Bad Hannover

  • seit 2009 Mehrkosten für die Stadt

5. Bad Stadt Hechingen

  • 2010
    untersagt Kommunalaufsicht PPP-Vorhaben
  • Scheitern des Projektes in der Planungsphase vor Gericht, Streitwert 1,5 Mio. Euro

Inzwischen ist die s.a.b.– Webseite gelöscht.
(Text Renate Sternatz)

Quelle:
www.gall-leimen.de

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4 Für hohe Preischancen stehen auch die zahlreichen Kategorien, in denen Preise möglich sind: insgesamt 18 Kategorien (Dienstleistung, Freizeit und Sport, Gesundheit, Informationstechnologie, Infrastruktur, Logistik, Öffentlicher Hochbau, Schulen und Kitas, Sicherheit, Sport und Freizeit, Stadtentwicklung, Verkehr, Verwaltungsgebäude, Verwaltungsmodernisierung, Wirtschaftsförderung, Sonderpreise in den drei weiteren Kategorien Bürgerengagement, Energie/Entwicklungshilfe, Finanzquellen).

5 Laudatio, Quelle: www.bppp.de

9Ebd.

11 Ebd.

24 Anna Eberhardt/Tim Engartner, 2013, Wissenswelten: „„War sells“ oder: Die Privatisierung der Bundeswehr“

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