Am 30. September und 1. Oktober 2020 fand die GesundheitsministerInnen-Konferenz in Berlin statt. Die Konferenz war coronabedingt vom Mai auf den genannten Termin verlegt worden. Im September häuften sich dann die Ereignisse: Im Vorfeld der Konferenz beschloss der Bundestag noch schnell das sogenannte Krankenhauszukunftsgesetz. Am 10. September erfolgte die erste Lesung und am 18. September die Abstimmung. Die Bundesratssitzung zum Gesetz findet am 9. Oktober statt. Obwohl das Gesetz auch Finanzentscheidungen der Länder betrifft, wird es lediglich als Einspruchsgesetz geführt, ist also nicht zustimmungsbedürftig.
Zur öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages hat GiB Briefe mit unseren Forderungen und unsere schriftliche Stellungnahme an die Mitglieder des Ausschusses gesandt. Außerdem haben wir einen Sachverständigen vorgeschlagen, der zu Fragen der Klinikschließungen und zum Bettenabbau, der mit dem Gesetz gefördert wird, hätte sprechen können. Unser Vorschlag wurde leider nicht berücksichtigt. Allerdings wurde unsere schriftliche Stellungnahme auf der Website des Ausschusses veröffentlicht. Am 17. September, einen Tag vor der abschließenden Lesung und Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag, haben wir zusammen mit dem Personal des von der Schließung bedrohten Berliner Wenckebach-Klinikums protestiert. Vor der Sitzung des Bundesrats am 9. Oktober haben wir einen Brief an die MinisterpräsidentInnen geschickt, in dem wir darauf hingewiesen haben, dass mit dem Gesetz der Bettenabbau weiterhin gefördert wird und sie auffordern das Moratorium für die Klinikschließungen zu verabschieden.
Im Vorfeld dieser Ereignisse hatten zahlreiche Akteure, darunter die Gewerkschaft ver.di, die Bündnisse „Krankenhaus statt Fabrik“ und „Gesundheit statt Profite“, attac und eben auch Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) zu Aktionen in Berlin mobilisiert. Auch bundesweit gab es Kundgebungen und Protestaktionen, besonders vor den örtlichen Krankenhäusern. Einige Gruppen und Personen beteiligten sich an der von GiB initiierten Solidaritätswelle. Im Vorfeld der Konferenz stellte außerdem das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik die Resolution „Die Corona-Krise muss Konsequenzen haben“ in einer Pressekonferenz vor.
Übersicht zu den Aktivitäten (eine Auswahl)
Im Vorfeld der Konferenz, am Montag, dem 28. September, wurde die Resolution „Die Corona-Krise muss Konsequenzen haben“ der Presse vorgestellt. Darin wird gefordert, Gesundheitsversorgung als Daseinsvorsorge aufzufassen und den Gewinninteressen zu entziehen. So soll der Verlagerung der öffentlichen und freigemeinnützigen Krankenhäuser in private Trägerschaft Einhalt geboten werden, der Bettenabbau aufgrund der schlechten finanziellen Ausstattung soll gestoppt werden, die Fallpauschalenfinanzierung (DRG) durch eine einfache und unbürokratische Selbstkostendeckung ersetzt werden, die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung des Personals in den Krankenhäusern sollen verbessert werden.
Am Vorabend der Konferenz, am Abend des 29. September, fand in Berlin der Auftakt der Proteste mit einer Kundgebung in der Friedrichstraße statt, an die sich ein Fahrradkorso zum Hotel Bristol und eine Kundgebung vor dem Hotel, dem Konferenzort der GesundheitsministerInnen, anschloss. Es ist üblich, dass die MinisterInnen sich am Vorabend solcher Konferenzen zu einem Abendessen für informelle Gespräche treffen. Wir nutzten diesen Termin, um die oben erwähnten Forderungen an die GesundheitsministerInnen zu richten und sie darauf hinzuweisen, diese auf die Tagesordnung der Konferenz aufzunehmen.
Auch am nächsten Tag, dem 30. September, gingen wir vor dem Konferenzhotel auf die Straße. Die Beschäftigten aus zahlreichen Kliniken bundesweit waren nach Berlin gereist, um an der Kundgebung teilzunehmen und von den Problemen zu berichten. Im Rahmen von Aktionen und einer großen Kundgebung stellten wir wieder unsere Forderungen auf.
Auch bundesweit protestierten Menschen für eine bessere Gesundheitsversorgung. So zum Beispiel in Hamburg für den Erhalt von Krankenhaus und Pflegeschule Groß-Sand (Aufruf zur Demo am 30.9.2020 und Plakat). Eine Kundgebung für eine voll umfassende Gesundheits- und vor allem Notfallversorgung gab es außerdem in Emsdetten (Pressemitteilung), in Breisach Proteste gegen die Schließung der Helios-Rosmann-Klinik und in Hersbruck eine Aktion zur Erinnerung an die dortige geschlossene Klinik.
Wie die später veröffentlichten Ergebnisse der GesundheitsministerInnenkonferenz zeigen, sind unsere Forderungen leider nicht offiziell diskutiert worden. Es ist aber mittlerweile bekannt, dass die MinisterpräsidentInnen von Mecklenburg-Vorpommern und Berlin sich für die Abschaffung der DRGs aussprechen. Auch die SPD-Fraktion im Bundestag zeigte sich in der Debatte um das Krankenhauszukunftsgesetz im September offen für die Reform der DRG noch in dieser Legislaturperiode. Es wird vermutet, dass von der Reform leider nicht alle, sondern nur die Kinder- und Jugendkliniken profitieren werden. Es ist dennoch ein Schritt in die richtige Richtung, der zeigt, dass der Druck von der Straße weiterhin nötig ist.