von Carl Waßmuth
Public-Private-Partnerships (PPPs) bedeuten nicht nur eine versteckte Verschuldung, höhere Kosten, Verlust der demokratischen Kontrolle, Beförderung von Lohndumping, Minderung von Steuereinnahmen und die Erhöhung von Ausgaben für Sozialtransferleistungen. Sie liefern die Infrastruktur unserer Daseinsvorsorge den internationalen Finanzmärkten für Infrastruktur aus. Wie konkret das ist, zeigt, dass PPPs unmittelbar in diesem Zusammenhang in Verkaufsprospekten für Geldanlage beworben werden:
„Die OECD beziffert den weltweiten Bedarf an Infrastrukturinvestitionen bis zum Jahr 2030 auf mindestens 41 Billionen USD. Pro Jahr entspricht dies rund zwei Billionen USD – dem gegenüber werden jährlich nur rund 1 Billion USD investiert, vorwiegend durch die öffentliche Hand. Angesichts hoch verschuldeter Staatshaushalte zeichnet sich schon heute eine gigantische Finanzierungslücke ab.
Vor diesem Hintergrund gewinnen private Investitionen in Infrastruktur zunehmend an Bedeutung. Public-Private-Partnerships bis hin zu vollständigen Privatisierungen sollen zusätzliches Kapital aktivieren. Infrastruktur entwickelt sich in diesem Umfeld immer mehr zu einer eigenen Anlageklasse für langfristig orientierte Investoren. Ein attraktives Risiko-Rendite-Profil, geringe bis keine Korrelation zu herkömmlichen Anlageklassen, jährliche Ausschüttungen und sogar Schutz gegen Inflation gelten als Vorteile.“
Aus: Anlageklasse Infrastruktur: Potenziale und Perspektiven
Eine andere Quelle von 2007 gibt noch eine höhere Summe an:
„Bis 2030 werden laut OECD (Organization for Economic Co-operation and Development) weltweit $71 Billionen für die Modernisierung der Basis-Infrastruktur benötigt. “
Weiter heisst es da (vor der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise!):
„Infrastrukturprojekte sind ziemlich langweilig. Aber sie sind langlebig und normalerweise so strukturiert, dass sie Cash produzieren“, erklärt Roland Pfeuti, bei Clariden Leu Investment Products als Vermögensverwalter auf den Bereich Infrastruktur spezialisiert. „Infrastrukturinvestitionen dürfen auch als eine Alternative zum traditionellen Teil eines Portfolios betrachtet werden. […] Der Sektor lockt auch neue Investoren an, so etwa Private Equity-Firmen. Die Investitionen von Private Equity-Gesellschaften sind im vergangenen Jahr kräftig gestiegen und machen laut Standard & Poor’s die Hälfte aller Transaktionen aus. […] Im Februar [2007] kündigten die private-equity Häuser Kohlberg Kravis Roberts und Texas Pacific Group eine Offerte von $45 Milliarden für TXU Corp. an. TXU ist das grösste Energie-konzern in Texas. Dies wäre bis heute das grösste Leveraged der Buy-Out (LBO) der Welt. Ein LBO ist einer mit hochverzinslichen Anleihen finanzierter Unternehmenskauf.“
Aus: Bauen für die Zukunft: Infrastruktur als Investition
Was für uns Daseinsvorsorge ist, ist für sogenannte Investoren also schlicht: Markt. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Begehrlichkeiten auf krisensichere und dennoch hochverzinsliche Anlagen noch enorm vergrößert. Der Begriff Investor ist dabei völlig irreführend: Wie oben sehr aufschlussreich dargestellt, erfolgen die sogenannten Investments fast vollständig per Kredit, teilweise sogar über so hochriskante Finanzierungsinstrumente wie eben LBOs. Abbezahlt werden diese nicht nur riskanten sondern auch sehr teuren Kredite – von wem? Von der öffentlichen Hand, mit unseren Steuergeldern.
Das ist schlimm. Aber noch schlimmer ist dies: Die Infrastruktur für unsere Daseinsvorsorge stellt uns Elementares , teilweise Lebensnotwendiges zur Verfügung: Wasser, Bildung, Mobilität, Energie und Gesundheitsversorgung. Wird diese Infrastruktur aus der Hand gegeben und Renditeinteressen unterworfen, kann sie in der Folge schwer geschädigt werden, und wir können es kaum verhindern, nicht einmal mehr kontrollieren: die von uns bezahlten, für uns errichteten und für uns betriebenen Infrastrukturen sind dann nicht mehr in unserer Hand. Und irgendwann fehlen noch mehr Menschen – und auch in der sogenannten 1. Welt: Wasser, Bildung, Mobilität, Energie und Gesundheitsversorgung.