Das Buch des Schreckens
Von Carl Waßmuth
Diesen Dienstag, am 24. April 2018, stellten Bausenatorin Katrin Lompscher, Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen sowie Bildungssenatorin Sandra Scheeres ein dickes Buch vor: Es soll alle Maßnahmen zur Berliner Schulbauoffensive enthalten. Schon der Titel ist scheußlich: „Berliner Schulbauoffensive – Bericht zum Maßnahmen- und Finanzcontrolling“. Dann ist das Buch auch noch fett: 754 Seiten hat es. Allerdings sind die meisten Seiten kaum zur Hälfte gefüllt, netto sind es also eher 350 Seiten, quasi ein aufgeschwemmtes Buch. Am gräßlichsten ist aber doch der Inhalt. Man kann daraus entnehmen, wie lange man sich nun nach Auffassung des Senats mindestens gedulden soll. Um es kurz zusammen zufassen: lange. Was nicht erwähnt wird, ist, dass diese Geduld aus zwei sehr speziellen Gründen eingefordert wird. Erstens, weil frühere Bausenatoren, darunter auch Michael Müller, die Bauverwaltung sehenden Auges kaputtgespart haben. Und zweitens weil dem Senat auch heute zügiges Bauen lange nicht so wichtig ist wie die Schaffung eines komplexen Vertragskonstrukts zur Umgehung der Schuldenbremse.
Geht man ins Detail, wird der schulbaupolitische Offenbarungseid deutlich: Die HOWOGE fängt mit dem Bauen spät an und wird noch später damit fertig. Wertvolle Jahre gehen verloren, in denen die bestehenden Schulen immer voller und maroder werden:
- Beispiel Leibniz-Gymnasium: Die Gesamtsanierung durch die HOWOGE soll erst 2026 beginnen. Warum?
- Beispiel Andreas-Gymnasium: Das traditionsreiche Gymnasium in Friedrichhain hat wegen einer Quelle unter dem Keller Feuchtigkeitsprobleme, der Schulhof ist seit Jahren ein regelrechter Schlammspielplatz, Räume im Obergeschoss sind wegen Planungsfehlern früherer Maßnahmen nicht nutzbar. Eine Sanierung würde nach derzeitiger Schätzung nur 3,5 Millionen Euro kosten, soll aber „nach 2026“ starten. In diesem Fall nicht durch die Howoge, sondern durch das Land Berlin. Die jetzige Schülergeneration wird faktisch komplett abgeschrieben. Ein engagierter junger Schulleiter hat schon das Weite gesucht und ist nach Brandenburg gegangen.
- Beispiel Neubau einer integrierten Sekundarschule in der Heinersdorfer Str. durch die HOWOGE. Dort steht unter Bemerkungen nur knapp „Neue Schulen Programm, 2. Tranche; Fertigstellung nach 2026“. Warum?
- Beispiel Martin-Buber-Oberschule: Die Integrierte Sekundarschule in Spandau wartet noch sechs Jahre auf den Baubeginn durch die HOWOGE, 2027 soll die Sanierung dann fertig sein. Alle heutigen SchülerInnen und Schüler haben die Schule dann längst verlassen.
Aber es gibt auch Grundschulen, deren Fertigstellung durch die HOWOGE nach 2026 liegen soll, z.B. in Spandau. Der früheste Termin einer Fertigstellung unter „Amtshilfe“ durch die HOWOGE ist 2023. Die Sanierung und Erweiterung der Ernst-Reuter-Schule durch die HOWOGE soll zum Beispiel voraussichtlich 2020 beginnen, Fertigstellung soll frühestens 2023 sein. Das wäre dann im Jahre sieben nach Amtsbeginn von Rot-Rot-Grün. Diese Regierung ist dann womöglich schon seit zwei Jahren wieder abgewählt. Verstehen könnte man es …
Quelle: Google Maps / MAP_Schulbau_Doppler_gelöscht_eineSpalte.xlsx
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