Das Bündnis Klinikrettung sieht in der Beschlussfassung zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz ein verfassungswidriges Verfahren. In einem Brief an den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier schildert das Bündnis seine Bedenken und fordert den Bundespräsidenten dazu auf, das Gesetzt nach verfassungskonformität zu prüfen und gegebenenfalls nicht zu unterzeichnen. Der Brief als PDF-Datei: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2024/12/2024-12-05_Brief_Bundespraesident_KHVVG.pdf
Betreff: Verfassungswidriges Verfahren zum KHVVG – schreiten Sie ein, schützen Sie unsere Demokratie!
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
am 22. November hat der Bundesrat über das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) beraten. Auf der Tagesordnung stand auch der Antrag mehrerer Länder, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das Gesetzgebungsverfahren und die Abstimmung darüber insbesondere im Bundesrat waren intransparent, undemokratisch und standen nicht im Einklang mit unserer Verfassung. Aus diesem Grund fordern wir Sie als Bundespräsidenten dazu auf, das KHVVG nicht zu unterzeichnen.
Warum wir diesen Vorwurf erheben.
Die Krankenhäuser sind zum größten Teil Ländersache: Sowohl die Krankenhausplanung als auch die Investitionsfinanzierung sind – seitdem der Bund im Jahr 1984 aus der dualen Finanzierung ausgestiegen ist – die Aufgabe der Länder. Trotzdem hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Krankenhausreformgesetze so konzipiert, dass sie im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sind, obwohl er die Zustimmungspflichtigkeit mehrfach öffentlich versprochen hatte. Das ist völlig undemokratisch und mit keinen Argumenten zu rechtfertigen. Intransparent ist das KHVVG unter anderem, weil bis heute eine echte Auswirkungsanalyse fehlt. Die schwerwiegenden Folgen der Reform gab Karl Lauterbach einen Tag nach der Abstimmung im Bundestag zu: Es werden ein paar Hundert Krankenhäuser schließen – sagte er bezeichnenderweise in einem Bild-Interview und nicht in einer Parlamentsdebatte. Bis dahin hatte er immer wieder behauptet, dass die Reform gerade die kleinen Kliniken schützen wird.
Nach dieser Ankündigung waren die Erwartungen, dass der Bundesrat die Reform noch nachbessert, groß. Weil das Gesetz nicht zustimmungspflichtig war, ging es lediglich darum, ob die Länder sich entscheiden, im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zumindest noch Änderungswünsche zu äußern und gegebenenfalls zu verhandeln. Das Abstimmungsergebnis war eindeutig: es gab 30 Stimmen für den Vermittlungsausschuss und nur 22 Stimmen dagegen. Auch wenn die 35 Stimmen für die absolute Mehrheit nicht erreicht wurden, kann diese Stimmenaufteilung nicht einfach beiseitegeschoben werden und das Gesetz als angenommen gelten. Wäre das KHVVG zustimmungspflichtig, hätte es keine Mehrheit im Bundesrat bekommen.
Wir geben außerdem zu bedenken, dass das KHVVG nach einem Gutachten im Auftrag von Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern nicht verfassungsgemäß ist.
Diese Tatsachen zu ignorieren, schadet unserer Demokratie. Wir sehen es als Ihre Aufgabe als Bundespräsident an, das Verfahren auf Verfassungskonformität zu prüfen und das Gesetz gegebenenfalls nicht zu unterzeichnen.
Mit freundlichen Grüßen
Laura Valentukeviciute
für das Bündnis Klinikrettung