Berliner Kinderkliniken richten sich mit Brandbrief an die Politik

Unterstützt vom Bündnis Klinikrettung, dem Marburger Bund und der Berliner Ärzt:inneninitiative veröffentlicht die Initiative der Berliner Kinderkliniken ihren dritten Brandbrief. Darin machen die Assistenz- und Fachärzt*innen eindringlich auf die katastrophale Situation in der Pädiatrie aufmerksam und warnt vor den Folgen der Krankenhausreform:

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wird auch in der Pädiatrie zu Klinikschließungen führen. Damit wird sich die Versorgung außerhalb von Großstädten weiter verschlechtern, da die Anfahrtswege und somit die Zeit bis zum möglichen Behandlungsbeginn verzögert werden und die bereits seit Jahren sinkende Kapazität der Betten in der Kinderheilkunde erreicht einen weiteren Tiefpunkt.

Der Brief steht hier zum Download bereit und ist untenstehend im vollen Wortlaut zu finden: https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2024/10/3.-Brandbrief_Berliner-Kinderkliniken.pdf

Es berichtete der Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-wirtschaft/behandlung-nicht-ausreichend-gewahrleistet-berliner-kinderkliniken-warnen-vor-uberlastung-12535451.html

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3. Brandbrief der Initiative der Berliner Kinderkliniken

Herbst 2024

Berlin, 15.10.2024

„Alle Jahre wieder…“ ist Infektsaison in der Kinder- und Jugendmedizin und der Versorgungsengpass ist vorprogrammiert. Weiterhin fühlen wir uns in der Verantwortung darauf hinzuweisen, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen die Behandlung von Kindern und Jugendlichen nicht ausreichend gewährleistet werden kann. Die anhaltenden strukturellen Missstände gefährden die medizinische Versorgung in der
Kinderheilkunde, wie schon in unserem ersten Brandbrief von Februar 2022 aufgezeigt.

Die Wirtschaftlichkeit, unter der die Kliniken geführt werden (müssen), stürzt vor allem wenig lukrative Bereiche wie die Kinder- und Jugendmedizin in den Abgrund, da diese besonders personal- und kostenintensiv sind. Selbst die Zusatzfinanzierung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach konnte im vergangenen und laufenden Jahr dem sich weiter zuspitzenden Personalmangel kaum etwas entgegensetzen.

Ein Grundpfeiler einer adäquaten Versorgung ist ausreichendes und qualifiziertes Personal. Aus wirtschaftlichen Zwängen und aufgrund des finanziellen Drucks wird in der Konsequenz u.a. eine Einsparung von ärztlichem Personal getätigt. In der Folge werden regelhaft Dienstpläne wegen Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz von klinikinternen Betriebs- und Personalräten abgelehnt werden. Die Wirtschaftlichkeit, unter der die Kliniken geführt werden (müssen), stürzt vor allem wenig lukrative Bereiche wie die Kinder- und Jugendmedizin in den Abgrund, da diese besonders personal- und kostenintensiv sind. Selbst die Zusatzfinanzierung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach konnte im vergangenen und laufenden Jahr dem sich weiter zuspitzenden Personalmangel kaum etwas entgegensetzen. Aufgrund der Intransparenz bei der Verteilung und Ausgaben war es uns nicht möglich den „Weg des Geldes“ hinreichend nachzuvollziehen. Wissentlich wurde lediglich in einer Berliner Kinderklinik die Finanzspritze genutzt, um eine neue ärztliche Stelle zu schaffen. In den weiteren Kliniken scheint das Geld eher zum Ausgleich der durch die Kindermedizin verursachten finanziellen Verluste genutzt geworden sein.

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wird auch in der Pädiatrie zu Klinikschließungen führen. Damit wird sich die Versorgung außerhalb von Großstädten
weiter verschlechtern, da die Anfahrtswege und somit die Zeit bis zum möglichen Behandlungsbeginn verzögert werden und die bereits seit Jahren sinkende Kapazität der Betten in der Kinderheilkunde erreicht einen weiteren Tiefpunkt.

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wird auch in der Pädiatrie zu Klinikschließungen führen. Damit wird sich die Versorgung außerhalb von Großstädten
weiter verschlechtern, da die Anfahrtswege und somit die Zeit bis zum möglichen Behandlungsbeginn verzögert werden und die bereits seit Jahren sinkende Kapazität der Betten in der Kinderheilkunde erreicht einen weiteren Tiefpunkt.

Die Infektwellen überrollen jedes Jahr die Kinderkliniken und Kinderarztpraxen, in wechselnder Intensität, aber es bestehen regelhaft Engpässe an Behandlungsmöglichkeiten, Einmal-Materialien und auch Medikamenten. Das Zeitbudget in den Praxen wie auch das Bettenkontingent in den Kliniken sind in der Infektsaison durchgehend ausgeschöpft. Die Kompensation der Versorgung nicht-stationär zu behandelnder Kinder fällt in den Aufgabenbereich der ambulant tätigen Kolleg:innen, die dadurch einen erheblichen Mehraufwand zu leisten haben, bis über die Belastungsgrenze hinaus.

Die Infektwellen überrollen jedes Jahr die Kinderkliniken und Kinderarztpraxen, in wechselnder Intensität, aber es bestehen regelhaft Engpässe an Behandlungsmöglichkeiten, Einmal-Materialien und auch Medikamenten. Das Zeitbudget in den Praxen wie auch das Bettenkontingent in den Kliniken sind in der Infektsaison durchgehend ausgeschöpft.

Ein Faktor, der nachweislich die Hospitalisierungsrate bei Säuglingen senken kann, ist die RSV-Immunisierung, wie in anderen westeuropäischen Ländern gezeigt werden konnte. Leider konnte die Maßnahme in Deutschland nicht zeitgerecht etabliert werden, da zum RSV-Saisonbeginn das Medikament nicht lieferbar war und die Vergütung lange Zeit nicht geklärt werden konnte.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Phasen der Knappheit an wichtigen Medikamenten für Kinder, die die adäquate Therapie häufiger und teilweise schwerer Krankheitsbilder erschwert haben. Damit wir auch zukünftig die bestmöglichen Initiative der Berliner Kinderkliniken eine Initiative von Assistenz und Fachärzt:innen Behandlungen anbieten können, sollte perspektivisch eine nationale Reserve für Medikamente aufgebaut werden, die auch Kinderarzneimittel wie Fiebermittel und Antibiotikasäfte sowie Asthmasprays umfasst.

Das medizinische Personal hat aufgrund der Arbeitsverdichtung keine Zeit mehr zum Durchatmen, die kaufmännischen Leitungen und Direktionen konnten mit der Zusatzfinanzierung scheinbar auch nicht genug aufatmen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Luft für unsere kleinen und großen Patient:innen wird immer knapper, sodass sie vielleicht bald gar nicht mehr atmen können…

Das medizinische Personal hat aufgrund der Arbeitsverdichtung keine Zeit mehr zum Durchatmen, die kaufmännischen Leitungen und Direktionen konnten mit der Zusatzfinanzierung scheinbar auch nicht genug aufatmen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Luft für unsere kleinen und großen Patient:innen wird immer knapper, sodass sie vielleicht bald gar nicht mehr atmen können…

Wir sorgen uns um die Gesundheit der uns anvertrauten kleinen Patient:innen und aller in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen tätigen Personen.
Daher fordern wir:

  • mehr Personal durch einen gesicherten ärztlichen Versorgungsschlüssel
  • eine Garantie auf Weiterbildung für Assistenzärzt:innen ohne Arbeiten am Limit
  • den gezielten Einsatz von finanziellen Mitteln in Personal ohne Schlupflöcher für andere Ausgaben
  • ein Sonder-Vergütungssystem in der Kinder- und Jugendmedizin
  • die Sicherstellung einer kinderärztlichen Versorgung flächendeckend ohne weitere Schließungen von Kinderkliniken
  • die Bereitstellung von Kinderarzneimitteln mittels nationaler Reserve

Wir sind jederzeit für Gespräche bereit. Für kurz- oder mittelfristige Verbesserungen zur Kindergesundheit sind „Runde Tische“ alle 6 Monate nicht ausreichend, da auf aktuelle Ereignisse, Probleme und Besonderheiten weder Rücksicht genommen, noch flexibel reagiert werden kann. Hört auf die Stimmen derjenigen, die tagtäglich in den Kinderrettungsstellen, auf den Kinderstationen und in den Kinderarztpraxen arbeiten. Wir wissen, wovon wir sprechen!

Im Namen der Initiative der Berliner Kinderkliniken

Mit Unterstützung von
Berliner Ärzt:innen Initiative e.V.
Marburger Bund Berlin Brandenburg
Bündnis Klinikrettung

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