Von Laura Valentukeviciute / GiB
Am Freitag, dem 5.12., wurde im Bundestag in einer Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses das Thema Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP, auch Public Private Partnership, PPP) behandelt. Den Anlass dazu bot ein Gutachten des Bundesrechnungshofs vom Juni 2014. In diesem wurde nachgewiesen, dass die ÖPP-Variante für fünf von sechs damals untersuchten Autobahnen 1,9 Milliarden Euro Mehrkosten für SteuerzahlerInnen verursachen. Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass die Kredite, die private Partner für diese Projekte aufgenommen haben, viel teurer sind als wenn die öffentliche Hand, also im Fall der Autobahnen der Bund, die Kredite selbst aufgenommen hätte. Diese Berechnungen wurden ein paar Wochen später vom Verband der Deutschen Bauindustrie kritisiert. Das verwundert aber nicht, denn Hochtief, Strabag oder Bilfinger Berger, die zu den größten Verbandsmitgliedern gehören, sind auch die wichtigsten Auftragnehmer bei ÖPP. Im Oktober erstellte dann auch das Bundesverkehrsministerium ein Gegengutachten, in dem es ÖPP, genauso wie der BDI, gegen die Kritik des Bundesrechnungshofes verteidigt. Zum Beispiel heißt es darin:
„Die … vom Bundesrechnungshofs abgeleiteten Mehrkosten … werden weder durch die Realität gestützt … noch überzeugen sie methodisch.“
Rätselhafte Änderung der Beschlussvorlage
Den Termin der Ausschusssitzung haben die Aktiven von Gemeingut in BürgerInnenhand und die Gewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten VdStra genutzt, um mit einer Aktion auf die Missstände durch ÖPP aufmerksam zu machen, wie z.B. Mehrkosten, mindere Qualität, höhere Unfallgefahr oder schlechtere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Vor der Sitzung wurde der Ausschussvorsitzenden Bettina Hagedorn (SPD) ein Fragenkatalog mit der Forderung überreicht, sich im Ausschuss mit diesen Fragen zu befassen, bevor dieser eine Entscheidung zu ÖPP fällt. In einem kurzen Gespräch und einem Interview mit dem Sender RBB bestätigte Frau Hagedorn, dass die ÖPP-Variante sich finanziell nicht lohne und der Ausschuss sich wie auch schon in Vergangenheit damit gewissenhaft beschäftigen werde. Mit den Forderungen unterm Arm eilte sie zur Sitzung. Kurz darauf kam es heraus: Der Ausschuss hat das BRH-Gutachten ebenso wie das Gegengutachten von dem Verkehrsministerium „zur Kenntnis genommen“ und veranlasst, dass beide Institutionen die Differenzen unter sich klären (Beschluss zu TOP 6 auf S. 3). Im Klartext heißt es: die Kritik wurde links liegen gelassen und die ÖPP-Projekte dürfen weiter ungestört stattfinden.
Es hätte aber auch anders kommen können. Noch frühzeitig vor der Sitzung wurde eine Beschlussvorlage vereinbart, in der der Ausschuss das Gutachten des Bundesrechnungshofs „zustimmend zur Kenntnis zu nehmen“, also bestätigen sollte. Auch sollte er empfehlen, die Erkenntnisse aus der Evaluation von ÖPP-Projekten zu berücksichtigen. Wenige Tage vor der Sitzung hat der zuständige Berichterstatter Brackmann (CDU) diese Vorlage zusammengestrichen und geändert: Von der Evaluation war keine Rede mehr und der Ausschuss sollte das Gutachten des BRH nicht mehr „zustimmend“, sondern nur „zur Kenntnis nehmen“. Eine solche Unterscheidung kann minimal erscheinen, ist aber von großer Bedeutung, denn das hieße, dass die Abgeordneten die Berechnungen des Rechnungshofs für richtig halten. Eine ÖPP-kritische Entscheidung wurde also um ein Haar verfehlt. Wieso die Vorlage geändert worden ist, wurde im Ausschuss nicht geklärt.
Besuch beim Verkehrsministerium
Diese Abstimmung ist aber für diejenigen, die Vorgeschichte der ÖPP-Autobahnprojekte kennen, ein Déjà-vu-Erlebnis. Denn schon im Vorfeld gab es Gutachten des Bundesrechnungshofs, wie z.B. 2013, als der Bundesrechnungshof Mehrkosten durch PPP bei der A7 nachwies. Damals gelang es dem damaligen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, dass die schwarz-gelbe Mehrheit der MdBs im Rechnungsprüfungsausschuss für einen Antrag stimmte, der besagte, der Bundesrechnungshof habe unrecht. Mehrkosten durch PPP auf der A7 gab es demnach nicht, vielmehr komme PPP billiger. Seither läuft das Ausschreibungsverfahren.
Den amtierenden Verkehrsminister Dobrindt hatten wir ebenso zu einem Gespräch am Morgen des 5. Dezember eingeladen. Dabei war es vorgesehen, ihm den offenen Brief „Autobahnprivatisierung stoppen!“ und die Forderungen sowie die dazu gesammelten Unterschriften zu überreichen. Das Verkehrsministerium reagierte auf die Einladung mit keinem Wort, der Minister erschien nicht und so zogen wir spontan zu seinem Ministerium in der Invalidenstraße. Dort überreichten wir das Schreiben und die Unterschriften an eine Vertreterin des Ministers, die kein öffentliches Statement abgeben wollte und in einem hastigen Gespräch nochmal bestätigte, dass das Verkehrsministerium ÖPP positiv sieht.
Unser Fazit: Das „Wegstimmen“ am Freitag führte wieder dazu, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Public Private Partnership verschleppt wurde. Allerdings nur ganz knapp und der öffentliche Druck wird langsam aber sicher stärker – das zeigt auch die sich häufende kritische Berichterstattungen in den Medien. Die Fragen und Forderungen haben die beiden – Frau Hagedorn und Herr Dobrindt – bekommen. Auf die Antworten werden wir bestehen und darüber hier auf dem Blog informieren.
Der Artikel ist zuerst erschienen unter www.wemgehoertdiewelt.de
Ich bin heilfroh, das es eure Website gibt, wie auch so manche andere.
Die Arbeit, die Ihr leistet, ist für die Demokratische Weiterentwicklung unserer Gesellschaft von größter Wichtigkeit.
Zum Artikel ist lediglich zu sagen, dass hier der übliche Nestbau für die beteiligten Politiker für die Zeit nach der Amtsperiode stattfindet. Das Monatseinkommen steigt dann durchaus um das 10 fache.
Schließlich will man entsprechend belohnt werden, wenn man für die – in diesem Falle – Straßenbaukonzerne die Bürger belogen und betrogen hat. Ich wüsste gerne, von welchem Konzern Ramsauer z.Zt. belohnt wird-
Toll-Collect, Bilfinger, Strabag oder-oder …
Ich bin überzeugt, das ein Taschenbuch mit einer kompletten Auflistung aller Politiker der letzten 15 Jahre und deren jetzigen Posten und Geldgeber/Konzerne reißenden Absatz finden würde.
Vielleicht findet sich ja mal ein professioneller Jornalist, der diese Mammutaufgabe in Angriff nimmt.
Wolfram