Gabriel-Kommission, Schäuble-Maut: Wer will was

Carl Waßmuth, Bild: GiB
Carl Waßmuth, Bild: GiB

Von Carl Waßmuth / GiB

In die bestehende Infrastruktur in Deutschland wurde seit zehn Jahren, teilweise seit 15 Jahren zu wenig investiert. Nun wird eine große Offensive vorbereitet, die diesen Rückstau dazu verwenden möchte, eine breite Privatisierung vorzubereiten. Dabei kommen unterschiedliche Interessen zusammen. Welche?

  • Der Wirtschaftsminister und SPD-Parteivorsitzende Gabriel will Kanzler werden. Dazu muss er Wirtschaftskompetenz beweisen, verbunden mit einem großen Projekt für mehr Wachstum und Beschäftigung („eine Million neue Arbeitsplätze!“).
  • Finanzminister Schäuble will in die Geschichte eingehen – als der Finanzminister, der die schwarze Null erreicht hat.
  • Die Versicherungen und Banken wollen sicher Geld anlegen und dennoch hohe Renditen erzielen.
  • Mittelstand, Industrie und Handel sind insbesondere auf eine intakte Infrastruktur für Verkehr, Wasserver- und Entsorgung, Müllentsorgung und auf eine hochwertige digitale Infrastruktur angewiesen. Von einem hochwertigen Bildungssystem und einem attraktiven Kulturangebot profitieren sie über die Möglichkeit, hochqualifiziertes Personal an sich binden zu können.
  • Die Bürgerinnen und Bürger sind für ein Leben in Würde auf eine funktionierende Daseinsvorsorge angewiesen, das bedeutet auf eine intakte Infrastruktur für Verkehr, Wasserver- und Entsorgung, Müllentsorgung, Schulen, Krankenhäuser, öffentliche Gebäude, Theater und auch auf eine digitale Infrastruktur.

Auch wenn der Investitionsstau von interessierter Seite sicherlich überzeichnet wird: Welche Möglichkeiten gibt es, um einem Verfall der Infrastrukturen entgegenzuwirken, und welche Auswirkungen hätte das im Einzelnen?

  1. Weiterhin nicht investieren

Die Straßen, Brücken, Schienenwege und Bahnhöfe werden verfallen, es gibt weiterhin kein flächendeckendes Breitbandnetz, die deutsche Wirtschaft fällt mittelfristig im internationalen Wettbewerb zurück, die Arbeitslosigkeit steigt. Wer wenig Geld hat, dem wird immer öfter ein ausreichender Zugang zu Leistungen der Daseinsvorsorge verwehrt.

  1. Investieren, und dabei privates Kapital von Versicherungen aktivieren, z.B. über Fonds, Rückzahlung der Investitionen durch die Steuerzahlenden

Die Schulden werden in einem großen Schattenhaushalt geparkt, die Auswahl der Projekte wird von den Privatinvestoren wesentlich mitbestimmt. Die Gesamtkosten betragen durch hohe Zinsen das zwei-bis vierfache der Investitionskosten, die öffentliche Infrastruktur gerät unter private Kontrolle.

  1. Investieren, und dabei privates Kapital von Versicherungen aktivieren, z.B. über Fonds, Rückzahlung der Investitionen über die Nutzerinnen und Nutzer (Gebühren)

Statt Schulden zu machen werden die Einnahmen der Zukunft verpfändet, womöglich kommt es auch zu sozial ungerechten Gebührenerhöhungen – Verbrauchergebühren haben einen ähnlichen Effekt wie Mehrwertsteuererhöhungen. Die Auswahl der Projekte wird von den Privatinvestoren wesentlich mitbestimmt, die öffentliche Infrastruktur gerät unter private Kontrolle.

  1. Investieren, und dabei neue Schulden machen, Rückzahlung später

Das wäre die Erfüllung einer Kernaufgabe staatlicher Tätigkeit, bei historisch einmalig niedrigem Zinsniveau, aber weiter steigende Verschuldung, d.h. bei langlaufenden Krediten einstünden etwa anderthalbfache Investitionskosten – wie bei allen Investitionen in den 100 Jahren zuvor.

  1. Investieren und zur Refinanzierung die Einnahmen erhöhen, z.B. durch Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, durch eine Börsenumsatzsteuer oder eine Reform der Erbschaftssteuer

Hier würde ebenfalls die Kernaufgabe staatlicher Tätigkeit erfüllt. Gleichzeitig könnte eine Steigerung des gesellschaftlichen Wohlstands durch größere soziale Gerechtigkeit erreicht werden.

1 comments

  1. Die Option in der die Investitionen Auswirkungen entfalten, dass an anderer Stelle Einnahmen erhöht werden, ohne eine neue Einnahmequelle zu erfinden wäre der Königsweg. Also in gewisser Weise Weg 4, wobei diese Schulden durch eine Erhöhung der Einnahmen getilgt werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert