Bündnis Klinikrettung startet Petition gegen Lauterbachs Reformvorschläge
Trotz breiter Kritik an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs Krankenhausleveln ergab die Bund-Länder-Beratung vom 23. Mai keine substantiellen Veränderungen an seinen Reformvorschlägen. Die Level bleiben, nur wird die Zuordnung zu ihnen leicht gelockert. 689 von insgesamt 1.719 somatischen Krankenhäusern, also ganze 40 Prozent, werden entweder zu bloßen ambulanten Einrichtungen degradiert (Level 1i) oder es sind Fachkliniken (Level F), die nicht zur klinischen Allgemeinversorgung beitragen. Um diesen besorgniserregenden Auswirkungen der Reform entgegenzutreten, hat das Bündnis Klinikrettung eine Petition an die Mitglieder des Gesundheitsausschuss im Bundestag und die MinisterpräsidentInnen der Länder gestartet.
Link zur Petition: https://www.openpetition.de/petition/online/stoppen-sie-lauterbachs-katastrophale-reformplaene-fuer-eine-echte-krankenhausrevolution
Laura Valentukeviciute, Geschäftsführerin Gemeingut in BürgerInnenhand:
„Nach wie vor bedeutet die Krankenhausreform massenweise Krankenhausschließungen. Zudem bleibt unklar, wie viel die Länder bei der Krankenhausplanung mitentscheiden werden. Lauterbachs scheinbares Entgegenkommen bei den Leveln ist ein Täuschungsmanöver und die Länder machen es bereitwillig mit. Denn sowohl Laumann, Holetschek als auch ihren KollegInnen kommt es sehr gelegen, durch Schließungen Investitionsfördermittel für Krankenhäuser zu sparen. Nur will niemand dafür verantwortlich sein. Deswegen gibt es einerseits den Scheinwiderstand der Länder gegen die Reform und andererseits das Scheinentgegenkommen von Lauterbach. Am Ende wollen sie alle das gleiche – Krankenhausschließungen.“
Laut der Reform wird die zukünftige Krankenhausplanung von der Ausgestaltung der Leistungsgruppen und der Zuordnung von Kliniken zu Leveln abhängen. Mit dieser Aufgabe hat Lauterbach die Unternehmsberatungen Oberender AG und BinDoc beauftragt, die außerdem für das Bundesgesundheitsministerium eine Auswirkungsanalyse der Krankenhausreform erstellen sollen. Ein Vorstandsmitglied und eine Beirätin der Oberender AG sind bzw. waren beruflich mit der Rhön-Klinikum AG verbunden. Auch Lauterbach selbst war dort Aufsichtsratsmitglied. Für die Stiftung des Rhön-Kliniken-Gründers Eugen Münch fertigte die Oberender AG inmitten der Pandemie zusammen mit Prof. Dr. Boris Augurzky eine Studie an, die Klinikschließungen empfahl.(1) Derselbe Boris Augurzky sitzt nicht nur im Vorstand der Münch-Stiftung, sondern auch als Experte in Lauterbachs Regierungskommission zur Krankenhausreform.
Dazu Jorinde Schulz, Sprecherin Bündnis Klinikrettung:
„Die Entscheidung über Krankenhauslevel und Leistungsgruppen ist Bestandteil der Krankenhausplanung und damit eine ureigene Aufgabe der öffentlichen Hand. Sie sollte Gegenstand breiter, öffentlicher Debatte sein. Stattdessen beauftragt Herr Lauterbach zwei Beraterfirmen mit Verbindungen zu einem der größten Krankenhauskonzerne Deutschlands und Kunden aus der Pharmaindustrie. Dass er gleichzeitig davon spricht, eine „Entökonomisierung“ im Krankenhauswesen anzustreben, ist blanker Hohn.“
Das Bündnis Klinikrettung hat eine Petition gestartet, um den aktuellen Reformplänen entgegenzutreten und Alternativen zu präsentieren.
Die Petition „Stoppen Sie Lauterbachs katastrophale Reformpläne – für eine echte Krankenhausrevolution“ kann auf der online Plattform openpetition.de unterzeichnet werden: https://www.openpetition.de/petition/online/stoppen-sie-lauterbachs-katastrophale-reformplaene-fuer-eine-echte-krankenhausrevolution
Klaus Emmerich, Klinikvorstand i.R., Mitbegründer der Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern kritisiert:
„Kliniken sind nicht isoliert zu betrachten, sondern als Teil eines Netzes der Gesundheitsversorgung. Die aktuelle Reform ist von GesundheitsökonomInnen vorbereitet worden, die Kliniken als Einzelunternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht betrachten. Sie haben keine Ahnung, wie die Gesamtstrukturen auf dem Land funktionieren. Deswegen wird in dieser Reform bundeseinheitlich diktiert, basierend auf Statistiken, ohne Rücksicht auf die Spezifika vor Ort.“
Klaus Emmerich weiter:
„Sowohl Lauterbach als auch seine MinisterkollegInnen gehen die Ursachen der Misere nicht an. Viele Probleme wären gelöst, wenn wir die Fallpauschalenfinanzierung abschaffen und mit der Selbstkostendeckung ersetzen sowie die Renditen in Krankenhäusern begrenzen würden. Es ist ein Skandal, dass es verschwiegen wird: Für die Abrechnung komplexer DRG-Fallpauschalen sitzen jährlich 145 Tausend klinische MitarbeiterInnen am Computer, statt sich um die Behandlung der PatientInnen zu kümmern. In Zeiten akuten Personalmangels ist dies schlicht und einfach inakzeptabel.“