Bemerkungen zu demArtikel „Vergleichen statt Meckern“ in der Februar-Nummer des Behördenspiegels.
Von Jürgen Schutte
Erst ignorieren sie dich
Dann lachen sie über dich
Dann bekämpfen sie dich
Dann gewinnst du
(Mahatma Ghandi)
Wir hatten schon vor einem Jahr den Eindruck, dass manche PPP-Befürworter sich durch kritische Stimmen auf undefinierte Weise bedroht fühlen. Bei führenden Vertretern der Public Private Partnership ließen sich Anzeichen von Furcht ausmachen, ob das Versprechen, die öffentliche Infrastruktur durch Privatisierung besser, billiger und schneller zu machen, nicht geradewegs in unkalkulierbare Risiken geführt habe.
Fortschritte im Zweifel
In diesem Zweifel scheint es seither deutliche Fortschritte gegeben zu haben. Anders als durch eine phantasierte Umzingelung durch die Kritik lässt sich der aus Triumpf und Beschimpfung zusammengesetzte Tonfall nicht erklären, in dem Franz Drey, Mitglied im Aufsichtsrat der „Partnerschaften Deutschland AG“, in der Februar-Nummer des Behördenspiegels auf seine vermeintlichen Gegner einschlägt. Das klingt dann wie folgt:
Glaubenskriegsähnliche Grundsatzdebatten – satter Fundamentalismus – trickreiche, aber letztlich denkfaule Herangehensweise – glaubensstärkstes Kreuzrittertum gegen ÖPP – negatives Rosinenpicken – falsche Verallgemeinerungen – faktenfreie Fallbeispiele – zusammenhanglose Einzelfakten – das Schüren von Ressentiments – Scheinargumente – das Verkümmern klärender Erkenntnis zu einer Haltungs- und Einstellungsfrage …
Jetzt hat er es uns aber gegeben! Irritiert ziehen sich die Kritikaster von attac, Ver.di, Gemeingut in BürgerInnenhand und andere Privatisierungsgegner in ihre Glaubensburgen zurück. Dort sitzen sie nun und prüfen nachdenklich ihre Scheinargumente, gegen eine Sache, die so lauter, so erfolgversprechend, methodisch so sauber und so siegesgewiss daherkommt wie die Public Private Partnership (PPP), alias Öffentlich-private Partnerschaft.
Was ist geschehen?
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat eine Neufassung der Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) erlassen. Darin „ist erstmals zwingend vorgeschrieben, dass die Variante ÖPP in jedem Beschaffungsverfahren untersucht werden muss“.
Ein entschiedener Fortschritt für PPP! Und ein schwerer Schlag gegen die Anti-ÖPP-Fundamentalisten. Endlich ist einheitlich „festgeklopft“, was die PPP-Befürworter aus freien Stücken schon immer gemacht haben wollen.
Wenn Herr Drey diese Einsichten als einen „methodischen Quantensprung“ verkaufen will, dann würde man wünschen, er hätte einen besseren Physikunterricht gehabt. Seine Ausführungen hinterlassen bei uns jedenfalls nicht den Eindruck methodischer Schärfe, sondern er vermittelt eher das Bild eines Menschen, der mit dem Rücken an der Wand steht. Vielleicht dürfen wir ihn uns auch als den Herrn einer von Kreuzrittern belagerten Festung vorstellen, der nun, da die Argumente … nein: die Lebensmittel knapp werden, einen kühnen Ausfall unternimmt – in der Hoffnung, damit den Belagerungsring zu sprengen.
Ohne diese gefühlte Umzingelung würde er nicht versuchen, aus einem Sachverhalt vier Scheinargumente zu machen – eher denkfaul und wenig trickreich. Er würde seine Polemik auch nicht zu einer Ansammlung von diskriminierenden Stereotypen verkommen lassen.
Dass wir Mängel, Unfähigkeit, Korruption und Täuschung an PPP-Projekten ans Licht der Öffentlichkeit bringen, dass wir darüber hinaus auch prinzipiell gegen Privatisierungen und ihre aktuelle Form PPP sind, macht uns ebenso wenig zu glaubensstarken Kreuzrittern wie die Tatsache, dass Herr Drey offensichtlich unsere Veröffentlichungen nicht liest, uns dazu verleitet, ihn als Faulpelz zu beschimpfen.
Was wir von Ihnen erwarten, Herr Drey:
- Ersparen Sie sich und Ihresgleichen die Unverfrorenheit, uns faktenfreie Fallbeispiele, zusammenhanglose Einzelfakten vorzuwerfen, solange Sie uns und der Öffentlichkeit überhaupt die Kenntnis der Fakten vorenthalten.
- Qualifizieren Sie sich und Ihresgleichen für eine klärende Erkenntnis durch die Forderung, alle PPP-Verträge und Nebenabsprachen offenzulegen – bevor Sie uns falsche Verallgemeinerungen nachsagen.
- Ermöglichen Sie eine ergebnisoffene Debatte, indem Sie die massive staatliche Unterstützung für ÖPP beenden, bevor Sie uns als Fundamentalisten denunzieren.
- Bekennen Sie sich unmissverständlich zur sozialen Verantwortung des Eigentums im Sinne unseres Grundgesetzes, bevor Sie sich herausnehmen, unsere Kritik der Kommerzialisierung von Gemeingütern und die damit verbundene Gewinnmaximierung als das Schüren von Ressentiments zu beschimpfen.
- Entkräften Sie erst einmal das Argument, dass ein Staat, der sich aller seiner ökonomischen Hebel beraubt, den Primat der Politik an die großen Konzerne abgibt und auf die Dauer selbst die Daseinsvorsorge nicht mehr leisten kann, bevor sie uns als Kreuzritter gegen PPP beschimpfen.
- Mobilisieren Sie einmal Ihr historisches Wissen, bevor Sie das Grundvertrauen der Bevölkerung in das gute Handeln des Staates zur Disposition stellen – mit der erkennbaren Absicht, den Markt noch weiter zu entfesseln als er es sowieso schon ist.
- Lesen Sie – mindestens – drei Basisbücher und genau so viele themenbezogene Rundbriefe von attac, bevor Sie sich öffentlich zu dem Satz versteigen, attac erhalte seinen Sinn vor allem durch die Verneinung vorhandener Verhältnisse.