Liebe Freundinnen und Freunde der Gemeingüter,
in wenigen Tagen wird sich zeigen, ob es eine weitere Große Koalition gibt oder nicht. Viele sagen, die Zeichen stünden auf „weiter GroKo“. Für unsere Gemeingüter wäre das voraussichtlich ziemlich schlimm: Der Entwurf für den Koalitionsvertrag enthält – teils verklausuliert, teils offen – zahlreiche Absichtserklärungen, künftig umfassend Privatisierungen voranzutreiben. Dabei kommt Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPPs) eine Schlüsselrolle zu. ÖPPs sind die moderne Form von Privatisierung, und CDU/CSU und SPD wollen sie offensichtlich weiter fördern. So hat man sich im Entwurf für den Koalitionsvertrag bereits darauf festgelegt, die von den Ministern Dobrindt und Schäuble 2015 vorgeschlagene „3. Staffel Autobahn-ÖPP“ umzusetzen. Allein dieses Vorhaben umfasst 15 Milliarden Euro. Bei den ÖPP-üblichen Kostensteigerungen könnten es auch 20 oder 25 Milliarden Euro werden.
Um zu argwöhnen, dass die nächste Große Koalition wieder auf ÖPP setzt, hätte man den Koalitionsvertrag aber gar nicht benötigt. In der letzten Legislaturperiode wurden schon viele große Vorhaben umgesetzt, die gar nicht im Koalitionsvertrag standen – nicht zuletzt die Grundgesetzänderungen zur Ermöglichung der Autobahnprivatisierung. Zu diesen „Eben-mal-so-Vorhaben“ gehörte auch der massive Einsatz von ÖPP: Allein von 2016 auf 2017 wurde das ÖPP-Volumen in Deutschland um 70 Prozent gesteigert! Es ist kein Wunder, dass diese Zahlen von der ÖPP-Lobby ganz offiziell bejubelt werden.
Also immer weiter und immer mehr ÖPPs? Auf unserem Bundestreffen in Leipzig vor einem Monat kamen wir gemeinsam zu dem Schluss, dass wir uns nicht damit zufriedengeben wollen. Wenn es keine Regierungswechsel gibt, die eine Änderung dieser Politik mit sich bringen, müssen wir eben den Druck auf die Dauer-Regierungsparteien so lange erhöhen, bis sie von ÖPP ablassen. Dazu haben wir gestern die neue Kampagne „Gemeingüter unter demokratische Kontrolle!“ gestartet. Wir beginnen mit einem Unterschriftenaufruf, in dem wir die künftige Regierung auffordern, keine neuen ÖPPs mehr einzugehen und bestehende Verträge offenzulegen. Zeichnen Sie doch den Aufruf mit!
Dass unsere Arbeit die Regierenden nervös macht, erleben wir gerade in Berlin. Dort informieren wir kontinuierlich über die geplante Schulprivatisierung von Rot-Rot-Grün und sammeln Unterschriften. Ein Schulstadtrat der SPD verlor nun die Fassung und schrieb unter offiziellem Briefkopf seines Amtes an alle Schulleiterinnen und Schulleiter im Bezirk, unsere Argumente seien „unsäglich“. Hoffen wir, dass wir damit auf Stufe drei der folgenden Entwicklung angelangt sind: „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.“
Mit herzlichen Grüßen
Katrin Kusche und Carl Waßmuth
für das Gemeingut-Team
PS: Das obige Zitat stammt von Mahatma Gandhi und ist auch Wahlspruch der Bewegungsstiftung, die uns zweimal je drei Jahre gefördert hat. Ein Dankeschön heute dorthin! Dieses Jahr läuft die zweite Förderung aus, künftig sind wir ganz auf Spenden angewiesen. Wenn Sie unsere Arbeit schätzen: Unterstützen Sie uns finanziell – beziehungsweise erhöhen Sie Ihren Spendenbeitrag, wenn Sie uns bereits fördern!
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PRESSESCHAU (Auswahl!)
In Kooperation mit Lunapark21 hat Gemeingut in BürgerInnenhand Anfang Februar ein Extraheft zum Thema ÖPP herausgegeben. Das Heft enthält Artikel von: Daniela Dahn, Kai Eicker-Wolf, Tim Engartner, Thomas Fritz, Katrin Kusche, Jana Mattert, Elisabeth Meyer-Renschhausen, Mike Nagler, Angelika Paul, Gerlinde Schermer, Robert Schmitt Scheubel, Patrick Schreiner, Anne Schulze-Allen, Jürgen Schutte, Herbert Storn, Carl Waßmuth, Ulrike von Wiesenau, Winfried Wolf. Das Heft kann kostenlos bei GiB bestellt werden unter info@gemeingut.org.
Zum Thema Schulbauprivatisierung in Berlin erschienen in den letzten vier Wochen u.a. folgende Beiträge:
21. Februar. Susanne Vieth-Entus berichtet im Tagesspiegel zu den aktuellen Entwicklungen unter der Überschrift „Berlins Bezirke sollen künftig Schulen mieten“. Die Journalistin beleuchtet die Rolle der Berliner Wohnungsbaugesellschaft Howoge beim Schulbau. Die CDU krtisiert das Vorhaben wegen „Knebelverträgen“, die eine „bedingungslose Privatisierung von Schulbauten“ bedeuten würden.
21. Februar. In der Berliner Zeitung fasst Martin Klesmann die aktuellen Entwicklungen zusammen. Der Beitrag ist überschrieben mit: „Riskante Entscheidung: Howoge übernimmt den Bau von Schulen nun doch selbst“.
17. Februar. WDR 5 bringt einen Mitschnitt vom 14. Politischen Aschermittwoch (Berliner Tempodrom, 14. Februar). Am Ende seines Auftritts war Max Uthoff für die Volksinitiative „Unsere Schulen“ (ab 01:44 min, Achtung, nur sieben Tage online nachhörbar.)
13. Februar. Interview von Radio Dreyeckland mit Carl Waßmuth von Gemeingut in BürgerInnenhand zur drohenden Schulprivatisierung in Berlin. Link zum Interview (Länge: 20:47 min), Link zur Website des Radios.
5. Februar. Werner Rügemer bringt für die Ausgabe 01/2018 von ver.di-publik das Berliner Schulprivatisierungsdesaster auf den Punkt. Sein Beitrag trägt den Titel: „Und noch eine Schul-GmbH“.
3. Februar. „Privat oder staatlich? – Wie sollen die Berliner Schulen saniert werden?“, Radiodebatte am 3.2.2018 im Kulturradio rbb (17:04, Zeitpunkt, Länge: 56:49 min.). Es diskutieren: Klaus Feiler, Staatssekretär Senatsverwaltung für Finanzen, Dorothea Härlin, Gemeingut in Bürgerinnenhand/Berliner Schultisch, Prof. Dr. Robert Knappe, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin).
28. Januar. „Privat oder staatlich? – Wie sollen die Berliner Schulen saniert werden?“, Sofie Czilwik berichtet, u.a. mit O-Tönen von Dorothea Härlin (Gemeingut in BürgerInnehand), Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen und Buchautor Patrick Schreiner. Sendung vom 28.1.2018 auf Kulturradio rbb (17:04, Zeitpunkte, Länge: 6:31 Min.)
26. Februar. Stimmen zur Berliner Schulbauoffensive zitiert Robert Klages im Tagesspiegel Leute/Lichtenberg.
26. Februar. Länderreport Deutschlandfunk Kultur: „Sanierungsstau an Berliner Schulen. Es stinkt einfach aus den Rohren“ – ein Beitrag von Claudia van Laak.
Gemeingut in BürgerInnenhand veröffentlichte im Jahr 2018 bisher folgende Pressemeldungen:
19. Februar. „Konstantin Wecker und Lena Stoehrfaktor gegen Schulprivatisierungen“
8. Februar. „Frisch ausgepackt: Lunapark21-Extraheft zu ÖPP erschienen“
7. Februar. „Senatsvertreter bestätigt: Schulen sollen Miete an Howoge zahlen“
1. Februar. „Koalitionsvertrag: CDU, CSU und SPD sollen ÖPP stoppen“
31. Januar. „Berliner Schultisch gegründet: direkte Demokratie statt „Beiratitis“ der Schulsenatorin Scheeres“
7. Januar. „Finanzsenator Kollatz-Ahnen brilliert mit Unwissen und Fehlschlüssen“
3. Januar. „Volksinitiative gegen Schulprivatisierung in Berlin gestartet“