Die Zeitungen sind voll von Beiträgen zur Autobahnprivatisierung. Dabei verfehlt der Diskurs das Thema leider völlig. Im Zentrum steht, ob die vorgeschlagene Autobahngesellschaft selbst teilpivatisierbar werden soll oder nicht. Diese Auseinandersetzung ist jedoch zweitrangig. Entscheidend ist, dass in beiden Varianten der ganze Autobahnbau privatisiert werden könnte: mit Hilfe des teuren Modells der öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP).
Ein Kommentar von Carl Waßmuth
Nachdem am 14.10 die Ministerpräsidenten blanko der Autobahnprivatisierung zugestimmt hatten (ohne sich je dazu zu erklären!), erleben wir nur einen weiteren Akt des Dramas, überschrieben mit „Die SPD und besonders Gabriel retten die Autobahnen vor der Privatisierung“. Die Medien spielen dabei voll mit, ob „Zeit“, „Welt“, oder „Tagesschau“.
Nach Einschätzung von GiB handelt es sich allerdings um ein Scheingefecht, das ablenken soll von dem eigentlich skandalösen Umstand: Die Bundesregierung wird schon in drei Wochen (am 8.12.2016) im Kabinett beschließen, eine privatrechtliche Gesellschaft zu gründen, die abgekoppelt von Bundesrat, Bundestag und den Länderparlamenten ÖPP machen kann und wird. Die Möglichkeit zum Teilverkauf dieser Gesellschaft spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Das ganze Geld, das diese Gesellschaft von uns aus Steuern und Mautgebühren erhält, kann auch ohne Teilverkauf privaten Investoren zugeführt werden. Das sagen die Investoren sogar selbst. Versicherungswirtschaft und Bauindustrie gaben vor etwas über einem Jahr eine gemeinsame Pressemitteilung heraus, in der steht:
„Eine Beteiligung privater Partner an der Gesellschaft lehnen GDV und HDB ab. Eine solche Gesellschaft böte jedoch auf Projektebene viele Möglichkeiten, privates Kapital zu beteiligen. Öffentlich-private Partnerschaften haben sich bewährt. Alle bisherigen Projekte waren im Kosten- und Zeitrahmen, Mehrkosten gab es nicht“[1]
Es sieht also sehr nach dem bad-guy (Schäuble) good-guy (Gabriel) -Spiel aus: Gabriel hätte zum Beispiel schon im Juni sein Veto gegen einen möglichen Teilverkauf der neu zu gründenden Gesellschaft einlegen können. Da war ein solcher Entwurf nämlich auch schon bekannt. GiB hatte den Entwurf zugespielt bekommen, die Grünen im Bundestag hatten sogar ein verfassungsrechtliches Gutachten zu diesem Entwurf abfassen lassen. Aber Gabriel hat da kein Veto eingelegt, vermutlich wohlweislich, denn das wäre im Zeitplan des bad-guy-good-guy-theaters zu früh gewesen. Da hatten die Ministerpräsidenten nämlich noch nicht zugestimmt. Und auch vor vier Wochen war es Gabriel noch zu früh. Da war er nur gegen die Privatisierung der Autobahnen selbst. Zur Gesellschaft sagte er nichts, obwohl sein Ministerium seit einem halben Jahr in die Abstimmung zu dieser Frage befasst war.
Aber jetzt, drei Wochen vor dem Kabinettsbeschluss, da ist die Zeit reif für einen spektakulären Zaubertrick: Schaut her, mit mir gibt es keine Privatisierung. Und mit diesen Worten wird dann privatisiert, und zwar so viel und so weitreichend wie seit 20 Jahren nicht mehr. Dass Gabriel die Fratzscher-Kommission überhaupt erst einberufen hatte mit den Worten „Es geht nicht um eine Neuauflage von ÖPP-Projekten“ – daran erinnert sich im Jubel niemand – siehe die Presse von gestern und heute. Motto: „Keiner hat die Absicht, eine Mauer zu bauen.“ Und natürlich auch nicht, den Autobahnbau per ÖPP zu privatisieren. Und wenn doch nochmal jemand damit käme, dann ist der Kabinettsbeschluss schon verabschiedet.
[1] Gemeinsame Pressemitteilung – Versicherungswirtschaft und Bauindustrie zu den Beratungen des Bundes zur Umsetzung der Vorschläge der Fratzscher-Kommission, 06.10.2015, http://www.presseportal.de/pm/24058/3140131
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